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Hexengift

Titel: Hexengift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.A. Pratt
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schrecklichsten Schmerzen, die Ursache ihrer Albträume. Der tatsächliche Vergewaltiger - ein verwahrloster, amoralischer Mann - verschmolz mit ihrem inneren Bild von ihm - einem weltenfressenden Ungeheuer, gnadenlos und unersättlich, bösartig und frauenhassend. Er wurde zu einem Bösewicht von epischen Ausmaßen, und nachdem er einige Jahre in ihrem Geist gelebt hatte, erklärte er seine Unabhängigkeit. Er nannte sich fortan Reave, König der Albträume, und verwendete von da an einen Teil von Genevieves Kraft für seine eigenen Zwecke. Er erschuf einen Turm und Albträume, die ihm zu Diensten waren. Und jetzt greift er dieses wunderschöne Schloss regelmäßig an, die Heimat von Genevieves Herz, und sie schafft es gerade so, ihn in Schach zu halten. Sie ist natürlich nicht die ganze Zeit über hier, manchmal wacht sie auf und befindet sich dann in der realen Welt, wo sie auf andere Arten verwundbar ist.«
    »Wie kann er über eigene Macht verfügen, wenn er nur ein Produkt ihrer Phantasie ist?«, fragte Marla.
    »Er verfügt nur über die Macht, die Genevieve ihm zugesteht«, erwiderte St. John. »Aber wurden Sie noch nie so tief verletzt, dass jemand Macht über Sie bekam, Raum in Ihrer inneren Welt beanspruchte, Ihr Wohlbefinden nachhaltig untergrub? Hat niemand jemals so tiefe Wurzeln in
Ihnen geschlagen, dass Sie ihn nicht mehr herausreißen konnten?«
    »Oh doch«, sagte Ted leise, und selbst Marla nickte. »Aber welches Ziel verfolgt er damit? Warum versucht er, an sie heranzukommen?«
    »Ich vermute, er möchte sie einsperren, ihren wirklichen, physischen Körper, damit er sie am Leben erhalten und quälen kann, um in ihrem Geist noch mächtiger zu werden, und damit auch in der Realität. Er will aus ihrem Geist ausbrechen und in die wirkliche Welt eintreten. Normalerweise konnte Genevieve ihn immer wieder zurückschlagen, aber irgendetwas ist mit ihr geschehen, etwas hat sie aufgeweckt, und sie hat darüber ihre Orientierung verloren. Seitdem wandert sie ziellos umher. Es gab Schnee, und Schnee ist etwas Fürchterliches für Genevieve, weil er sie an die Nacht erinnert, in der sie vergewaltigt wurde. Jetzt verschwimmen die Grenzen zwischen ihren Träumen und der Realität zusehends. Reave macht sich diesen Umstand zunutze und läuft frei in der Welt umher, um nach Genevieve zu suchen. Falls der Damm zwischen Traum und Realität vollkommen brechen sollte, besteht zumindest eine geringe Hoffnung für mich, dass ich diesen Ort verlassen und zurück in die wirkliche Welt kann, mein Leben wiedererlangen. Aber ich fürchte, dazu verfüge ich nicht über genug Autonomie.« Er seufzte. »Selbst jetzt frage ich mich, ob das wirklich ich bin, oder ob ich lediglich als Genevieves Sprachrohr fungiere, um Ihnen die Sachlage zu erklären, in deutlicheren und klareren Worten, als sie selbst das könnte.«
    »Ich werde Ihnen helfen, wo ich kann«, sagte Marla, die jedoch bezweifelte, dass sie besonders viel ausrichten konnte.
»Aber, sagen Sie mir, wie kann ich Reave aufhalten? Wie kann ich Genevieve helfen?«
    St. John schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht die geringste Ahnung. Wenn ich es wüsste - wenn wir es wüssten, oder Genevieve -, glauben Sie nicht, dass wir es dann schon selbst versucht hätten? Wie lässt sich ein immer wiederkehrender Albtraum auslöschen, ohne den Träumenden selbst auszulöschen, Marla?«
    Sie verzog keine Miene, als er das sagte, aber vielleicht war ihr Schweigen bereits zu viel, denn St. Johns Augen weiteten sich plötzlich. »Nein!«, rief er. »Nein, nein, nein, Sie können sie nicht töten, sie ist vollkommen unschuldig, man darf sie nicht einfach hinrichten …«
    »Sie bedroht meine Stadt«, entgegnete Marla trocken, in der festen Überzeugung, dass Aufrichtigkeit in dieser Situation die einzig angebrachte Vorgehensweise war. Genevieve hörte ohnehin bestimmt zu, außerdem konnte sie Gedanken lesen. »Sie rückt unserer Realität mit einer Abrissbirne zu Leibe. Wenn ich sie nicht irgendwie unter Quarantäne stellen kann … muss ich mir etwas anderes überlegen. Andernfalls wird sie alles zur Auflösung bringen. Sie ist ein wandelnder Infektionsherd, verbreitet ungehindert ihre Traumkrankheit, saugt immer mehr Menschen in ihre Welt hinein und überflutet unsere Welt mit ihren Albträumen. Ich würde ihr gerne helfen und werde alles tun, was immer in meiner Macht steht, aber … ich werde auch alle Maßnahmen ergreifen, die nötig sind, um die Infektion zu stoppen.«
    »Das

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