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Hexengift

Titel: Hexengift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.A. Pratt
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Moment fühlte er sich sogar wohler dabei, auf Marlas Seite zu stehen, anstatt gegen sie zu kämpfen wie zuvor. Er machte sich noch ein Sandwich. »Soll ich mich dann also wieder auf mein Zimmer zurückziehen?«

    »Und zwar blitzartig. Und kommen Sie nicht wieder heraus, bevor ich es Ihnen sage.« Sie begleitete ihn nach oben.
    Als er wieder alleine in seinem Zimmer war, setzte Zealand sich hin, um abzuwarten. Marla hatte einen Plan, und er kannte die Rolle, die er darin zu spielen hatte. Er wollte gerade nach seinem Buch greifen, als ihm einfiel, dass er es in der Bibliothek in Genevieves Palast gelassen hatte. Zealand seufzte, aber es gab wohl nichts, was er im Moment dagegen tun konnte. Nicht, dass er ›Die Kunst des Krieges‹ nicht schon einmal gelesen hätte, aber er genoss die Lektüre der wohlvertrauten Seiten.
     
    Marla fuhr mit Rondeau, Joshua und Ted im Aufzug nach oben. Sie tippte gereizt mit dem Fuß, starrte an die Decke und gab sich gewalttätigen Phantasien hin. Sie hasste diese Magiertreffen - sie arteten immer zu einem Weitpinkel-Wettbewerb aus.
    »Du siehst nervös aus«, meinte Rondeau.
    »Diplomatie ist nicht gerade meine Stärke. Aber dafür haben wir ja Joshua dabei.«
    Die Aufzugtüren öffneten sich, und Marla ging hinaus in die Vorhalle. Mit ihrem weißen Umhang um die Schultern - die violette, tödliche Seite sorgsam nach innen gekehrt, zumindest jetzt noch -, am Hals zusammengehalten von einer silbernen Nadel in der Form eines Hirschkäfers, war sie weit förmlicher gekleidet als sonst. Das weiße Hemd und die Baumwollhose, die sie unter dem Umhang trug, saßen schön locker, damit sie möglichst große Bewegungsfreiheit darin hatte. Ihre Stahlkappenstiefel waren auf Hochglanz poliert, und sie trug insgesamt sechs Ringe an den Fingern, von denen
aber nur drei Zauberkräfte hatten. Ihr Amtsdolch mit dem schwarz und violett umwickelten Griff hing in seiner Scheide an ihrem Gürtel. Die anderen Magier würden ungefähr gleich stark bewaffnet erscheinen - mit dem Prinzip der gegenseitigen Abschreckung fühlten sie sich weit wohler als mit einer fadenscheinigen Absprache, keine Waffen mitzubringen, an die sich ohnehin niemand halten würde. Ihr Haar war frisch gewaschen, Make-up hatte Marla jedoch keines aufgetragen - alles hatte schließlich seine Grenzen. Aber im Moment war sie die Anführerin der Magier Felports, die Erste unter Gleichen, Beschützerin der Stadt, und es machte sich bezahlt, wenn sie als solche gut aussah.
    In dem Versammlungsraum standen Sofas, Clubstühle und Barhocker, und während Marla und ihre Begleiter eintraten, stellte Nicolette noch ein paar zusätzliche Sitzgelegenheiten auf. Die wichtigsten Magier Felports drängten sich hier, um sie herum ihre Bediensteten, und sie alle drehten sich um und starrten Marla an, als sie hereinkam.
    Viscarro saß in einer der hinteren Ecken und inspizierte sie durch sein in Gold gefasstes Monokel. Seine Haut war weißer als der Schnee, der draußen lag, und er trug einen Hausrock aus einem augenscheinlich sehr weit zurückliegenden Zeitalter, wobei durchaus die Möglichkeit bestand, dass dieses Kleidungsstück noch modern gewesen war, als er zum letzten Mal seine Grabkammern verlassen hatte.
    Ernesto, ein stattlicher Mann in einem Smoking mit speckigem Kragenaufschlag - aus magischen Gründen, nicht nur, weil er sich nicht um Sauberkeit scherte -, saß auf einem Barhocker, warf sich eine Olive nach der anderen in den Mund, grinste und winkte Marla zu. Er war zufrieden
mit ihr, weil sie ihm vertraglich zugesichert hatte, dass er das Wasser und die Strände der Bucht reinigen und den entstehenden Klärschlamm für einen Golem benutzen durfte, der auf seine Müllhalde aufpasste.
    Die Schatzmeisterin stand in einem langen, schwarzen Abendkleid mit tiefem Rückenausschnitt, der ihre dunkel schimmernde Haut zur Geltung brachte, neben dem Fenster. Sie drehte sich um und bedachte Marla mit einem Blick, in dem eine Mischung aus unendlicher Verachtung und Mitleid lag. In der Gegenwart der Schatzmeisterin kam Marla sich immer wie ein kleines, ungewaschenes Kind vor, das nur so tat, als wäre es erwachsen. Trotzdem war die Schatzmeisterin nicht ihre Feindin. Sie hatte auch keine Bodyguards mitgebracht, schließlich tanzten die Geister der Gründerfamilien Felports nach ihrer Pfeife, weshalb sie keinerlei sichtbaren Schutz nötig hatte.
    Die Buchthexe trug ihren dunkelblauen Neoprenanzug wie immer, ihr blondes Haar war völlig durcheinander,

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