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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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angrenzende Friedhof zeigte neben schlichten Holzkreuzen und Gräbern bereits steinerne Epitaphe betuchter Bürger. Das ließ auf zunehmenden Wohlstand in der Siedlung schließen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite reihten sich die kleinen Häuser einfacher Landarbeiter und Handwerker aneinander. Auch hier wichen einige der bescheidenen Fachwerkbauten schon ersten steinernen Gebäuden. Der Aufschwung machte sich bis in die niedrigeren Gewerke bemerkbar.
    Wenige Ecken weiter wurde die Bebauung dichter und wandelte sich von Wohnhäusern zu weitläufigen Wirtschaftsgebäuden. Speicher und Scheunen wiesen auf den nahen Hafen mit seinen Handelsplätzen. In der Ferne schälten sich eine Flussbrücke sowie ein weiteres stattliches Tor mit einem hoch aufragenden Turm heraus. Segelschiffe, Lastkähne und kleinere Fischerboote fuhren auf dem Pregel. An der Lastadie ankerten mehrmastige Schiffe und entluden ihre Schätze aus aller Herren Länder.
    Versonnen betrachtete Magdalena das Treiben. Wieder wartete sie auf Carlotta. Auch in dieser Ecke der Stadt wehte ein buntes Gemisch der Sprachen an ihr Ohr. Es erinnerte an den Trubel im Heerestross, der gerade in den letzten Kriegsjahren von einem quirligen Nebeneinander der verschiedensten Zungen und einem lebendigen Gemisch bestimmt gewesen war. Der Zufall hatte Menschen unterschiedlichster Herkunft und Nation zusammengeführt, die einander beistanden, den gemeinsamen Feind zu vertreiben. Magdalena schien, als lebten auch in Königsberg die Menschen aus den verschiedensten Ecken der Welt friedlich miteinander, geeint in einem Ziel. Diesmal ging es nicht darum, einen Feind zu bekämpfen, sondern gemeinsam den Wohlstand aller zu mehren. Magdalena schmunzelte. Noch war sie keine Stunde in der Stadt ihrer Vorfahren, schon ahnte sie, wie wohl sie sich hier fühlen würde.
    »Schau, das ist wohl das Grüne Tor, von dem Lindströms Leute gesprochen haben. Dahinter wird sich die eigentliche Stadt auftun. Dort werden wir bald eine Herberge für die Nacht finden, in der du dich ausruhen kannst«, versprach sie Carlotta, sobald sie zu ihr aufgeschlossen hatte.
    »Warum bleiben wir nicht hier und gehen morgen früh erst über den Fluss?« Carlotta wirkte sehr erschöpft. Mit dem Kinn wies sie sehnsüchtig auf eines der Gasthäuser, die sich auf dem kleinen Platz vor der Brücke aneinander duckten. Unter dem Kopftuch des Mädchens blitzten einzelne rotblonde Locken heraus. Die Zöpfe hatten sich im Lauf des Tages gelöst, das halboffen fallende Haar unterstrich die Erschöpfung, die in all ihren Bewegungen lag.
    »Das sind keine geeigneten Herbergen für Fremde wie uns«, stellte Magdalena nach einem prüfenden Blick fest, »sondern einfache Gasthäuser, in denen Bauern und Händler einkehren, die die Märkte besuchen. Vergiss nicht, wir sind ohne männlichen Schutz. Umso wichtiger ist es für uns, am rechten Ort zu nächtigen.«
    Sie nahm Carlottas Hand, die sich trotz der frühsommerlichen Hitze kalt anfühlte. Vorsichtig hauchte sie einen Kuss darauf und drückte sie gegen die eigene Wange. »Keine Angst, mein Kind. Es wird alles gut«, sagte sie leise und ging mit ihr zur Brücke.
    »Schau nur, hier bauen sie die Häuser auf Pfählen ins Wasser.« Aufmunternd wies sie Carlotta auf ein prächtiges Anwesen rechts neben der Brücke hin, das einen pfahlgestützten Bau krönte.
    »Das ist die Börse«, erklärte einer der Wachmänner mit stolzgeschwellter Brust und trat aus seinem Häuschen unterhalb des Torbogens zu ihnen. »Das ist nicht das einzige Haus dieser Art über dem Wasser.«
    »Oh«, entfuhr es Magdalena beeindruckt. »Ich dachte mir schon, dass Königsberg eine besondere Stadt ist.« Sie nutzte die Gelegenheit, dem Soldaten den Anlass ihres Besuchs zu erläutern und die Empfehlungen Helmbrechts vorzuweisen.
    Der Mann nickte freundlich. »In der Langgasse sind die Häuser der vornehmsten Kaufmannsfamilien. Dazwischen findet Ihr einige sehr gute Herbergen. Hier vorn zum Beispiel seht Ihr den Grünen Baum, fragt am besten gleich dort nach einer Unterkunft. Zwei Frauen wie Ihr können dort unbeschadet nächtigen. Der Kneiphof ist übrigens nur eine der drei Städte, die unser schönes Königsberg bilden. Geht Ihr geradeaus weiter, gelangt Ihr bald zur Krämerbrücke. Dahinter liegt die Altstadt mit dem kurfürstlichen Schloss. Von dort aus kommt Ihr schließlich am einfachsten in den Löbenicht, der dritten Stadt am Pregel. Im Kneiphof selbst ist das berühmte Collegium, an dem

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