Hexengold
nur das Einverständnis Eures Ehemanns, sondern auch mindestens einen weiteren Bürgen außerhalb Eurer Familie, der uns garantiert, dass Ihr wirklich seid, wer Ihr zu sein vorgebt. Zwei Bürgen wären noch besser.«
»Aber habt Ihr nicht gerade selbst behauptet, wie eindeutig die Ähnlichkeit zu den Singeknechts ist? Auch die Wirtin aus dem Grünen Baum und der ehrwürdige Michel Ferman haben das sofort erkannt. Genügt das nicht?« Verzweiflung drohte sich ihrer zu bemächtigen. Hilflos wanderte ihr Blick zwischen Gerke und Carlotta hin und her.
»Ähnlichkeiten allein besagen rein gar nichts, Verehrteste.« Gerke zwirbelte weiter an den Enden seines weißen Bartes. »Ihr wisst, wie leicht man sich täuschen kann. Etwas Schriftliches ist unbedingt vonnöten. Gewiss habt Ihr Schreiben aus der Stadt, in der Ihr gelebt habt, Urkunden über Euer Bürgerrecht, Empfehlungsschreiben von Zunftgenossen und dergleichen. Außerdem muss Euch, wie schon gesagt, Euer Gatte vor dem Rat rechtmäßig vertreten. Da Ihr wohl kaum allein hierhergereist seid, wird er Euch also am besten zum Rathaus begleiten.« Er schnaufte kurz und musterte sie erneut. Ihr wurde flau. Seltsamerweise keimte ein schlechtes Gewissen in ihr, dabei hatte sie nicht das Geringste zu verbergen. »Sollte Euer Gemahl zwischenzeitlich allerdings verstorben sein, so brauchen wir auch darüber schriftliche Belege oder zwei Bürgen, die uns sein Ableben glaubhaft bestätigen. Wenn Ihr all das beisammen habt, freuen wir uns, Euch vor dem Rat zu begrüßen und Euch das Erbe auszuhändigen. Vergesst nicht: Euch bleibt nur noch Zeit bis zum Ende des Monats, also gut drei Wochen.«
»Mein Mann muss längst hier in Königsberg sein.« Magdalena trat beiseite, um einer Magd mit zwei schweren Eimern Platz zu machen. Der Unterbrechung wegen konnte sie nicht sicher sein, ob Gerke ihre Bemerkung zur Kenntnis genommen hatte. Er sah noch einmal prüfend auf das Singeknecht’sche Haus, dann zu Carlotta. Endlich tippte er an die Krempe seines Huts. »Dann also auf bald vor dem Rat, Verehrteste. Ich werde meine Genossen von der Kaufmannszunft vorsorglich über Eure Ankunft benachrichtigen.«
Damit wollte er sich abwenden und die Langgasse Richtung Börse hinuntergehen. Magdalena aber hielt ihn am Arm zurück. »Ihr sagtet vorhin, Ihr seid jeden Tag an der Börse. Dort trifft auch die Post ein, soweit ich weiß. Alle Kaufleute, die aus der Fremde nach Königsberg kommen, finden sich dort zuerst ein.«
»Natürlich. Andernfalls ist es ihnen nicht gestattet, in unserer Stadt Geschäften nachzugehen. Aufgrund der Ereignisse der letzten Jahre sind wir strikt darauf bedacht, bei allen Fremden auf Einhaltung dieser Regeln zu bestehen. Zu viele Bönhasen versuchen mittlerweile, am Erfolg unseres Handelns teilzuhaben. Wo kämen wir da hin, wenn wir das zulassen?« Seine Augen sprühten, die runden Wangen hatten sich dunkelrot gefärbt. Stolz schob er die rundliche Brust heraus. In den weiten Rheingrafenhosen mit den bunten Schluppen wirkte er wie ein aufgeblasener Pfau. Magdalena unterdrückte ein Schmunzeln, ahnte sie doch, dass sie diesen kleinen, rundlichen Mann nicht unterschätzen durfte. Wie es aussah, hing in den nächsten Wochen ihr Schicksal allein davon ab, ihn von der Rechtmäßigkeit ihrer Herkunft aus dem Hause Singeknecht zu überzeugen.
»Wenn mein Gemahl bereits in Königsberg wäre, wüsstet Ihr also zuerst davon«, dachte sie laut nach und beobachtete ihn genau.
»Natürlich«, erwiderte er knapp. Missmutig verzog er das Gesicht. »Sofern er so ehrlich ist, sich als Kaufmann zu melden.«
Die unerhörte Unterstellung, Eric könnte sich unter falschen Angaben Zutritt zur Stadt verschafft haben, traf Magdalena bis ins Mark. Um Gerke keine Genugtuung zu geben, tat sie, als hörte sie das nicht, sondern fragte in gelassenem Ton: »Ich suche noch drei weitere Kaufleute aus Frankfurt am Main, die ebenfalls vor wenigen Wochen hier eingetroffen sein sollen. Sie wollen sich nach neuen Geschäften umsehen und sich als Teilhaber in ihrer Heimatregion anpreisen. Ihre Namen sind Diehl, Imhof und Feuchtgruber.«
»Oh!« Gerke räusperte sich und wippte auf den kleinen Füßen. »Warum sagt Ihr das nicht gleich? Die drei Herrschaften sind in der Tat hier bei uns eingetroffen. Ihr werdet sie allerdings heute nicht mehr an der Börse antreffen. Sie weilen bei Kaufmannsgenossen in einem anderen Teil der Stadt. Leider weiß ich nichts Genaueres dazu, kann Euch also keine Namen
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