Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
Antwortschreiben, dass der Bischof den weit über die Grenzen Tirols hinaus bekannten Humanisten Johann Fuxmagen benachrichtigt und gebeten hatte, sich um die Angelegenheit zu kümmern. Umso größer war seine Enttäuschung, als dieser knapp mitteilte, er sei verhindert und könne leider der Bitte nicht nachkommen – aber der Pfarrer von Axams, Sigmund Samer, sei bestimmt auch ein geeigneter Mann.
Institoris fühlte sich derweil als Sieger auf der ganzen Linie und war fest davon überzeugt, das lange Schweigen seitens des Bischofs und des Grafen sei einfach dadurch erklärbar, dass es keiner von beiden wagte, sich mit ihm anzulegen und damit seine Autorität in Zweifel zu ziehen. Letztendlich hätte dies einen Streit mit dem Papst selbst bedeutet und das würden sie sich wohl wegen einer solchen Lappalie nicht getrauen. Dahin gehend legte er auch den Brief von Golser aus, der ihm schrieb, ihm würde zwar die Art und Weise der Hexenverfolgung missfallen, da es so etwas bisher in Tirol in dieser Form noch nicht gegeben habe, aber er denke, er, Institoris, sei ein gelehrter Mann und wisse sicher, was er täte.
Was Heinrich zunehmend Sorgen machte, war, dass auch keine der angeklagten Frauen eingestand, mit dem Teufel im Bunde zu stehen. Sicher, sie alle hatten wenn auch erst nach Androhung peinlicher Befragung zugegeben, zaubern zu können, aber vehement bestritten, dafür die Hilfe Satans zu benötigen. Auch hatten alle strikt abgeleugnet, mit Dämonen fleischlich zu verkehren.
Erschrocken zuckte er zusammen, als jemand kurz und hart an das Fenster der Gaststube neben seinem Tisch pochte. Schemenhaft nahm er eine dunkle Gestalt wahr, die ihm mit einem energischen Wink bedeutete, ins Freie zu kommen und dann sofort wieder verschwand. Als er die Türe öffnete und in die Schwärze spähte, war niemand auszumachen. Gerade wollte er wieder zurück, als eine Stimme leise zischte.
»Pst, hier!«
Sich vorsichtig umsehend trat der Inquisitor auf die Straße. Herab von den Karwendelbergen wehte ein frischer Nachtwind und ließ den sich in den Pfützen spiegelnden bleichen Mond erzittern. Besonders in der Dunkelheit war er immer äußerst wachsam – er wäre nicht der erste Inquisitor gewesen, den sie erschlagen oder abgestochen hätten.
»Wer seid Ihr?«, flüsterte er.
»Das tut nichts zur Sache!«, sagte die Gestalt und trat einen Schritt nach vorne.
Der Mann trug einen langen, einfachen Mantel, eine – soweit es in der Dunkelheit erkennbar war– ebenso einfache Kappe und sein Gesicht war bis unter die Augen mit einem schwarzen Schal verhüllt.
Institoris stellte sich misstrauisch mit dem Rücken zur Hauswand, während der Unbekannte hastig auf ihn einsprach.
»Und das ist alles wahr?«, fragte Institoris fassungslos.
»So wahr ich hier stehe!«, antwortete die Gestalt und entschwand in der Dunkelheit.
19. KAPITEL
E s war einer jener Männerabende, die Fürst Sigmund einerseits liebte, aber andererseits auch manchmal verabscheute. Sein Hof war im ganzen Abendland für seine Offenheit berühmt, hier trafen sich Philosophen, Astrologen, Astronomen, Theologen, Dichter und Musiker. Das hatte sich auch nach dem Tode seiner zweiten Frau nicht geändert, obwohl seine jetzige Gemahlin mit dem Treiben nicht viel anfangen konnte und meist einen Vorwand suchte, sich möglichst früh in ihre Gemächer zurückzuziehen.
»In diesem Alter hatten wir auch andere Interessen«, verteidigte sie dann Sigmund nachsichtig.
Katharina von Sachsen war in der Hofburg nicht sonderlich beliebt und wusste das auch. Sie gab sich auch keine sonderliche Mühe, ihre Abneigung gegenüber den unterwürfigen und schleimenden Hofschranzen zu verbergen. Gerade achtzehn Jahre alt war sie nun geworden, lebte in einem goldenen Käfig und war mit einem Mann verheiratet, der beinahe schon ihr Großvater hätte sein können. Ihren ehelichen Pflichten versuchte sie sich zu entziehen, so gut es ging und die zahllosen Bettgeschichten ihres Gemahls, die ihr zugetragen wurden, waren ihr gleichgültig. Nein, wenn sie ehrlich war, war sie sogar froh darüber. Sigmund ließ es ihr an nichts fehlen und auf ihre Art hatte sie ihn auch gern, aber eben eher so, wie eine Tochter ihren Vater mochte. In seinen Gesellschaften fühlte sie sich unwohl, da es fast immer um Dinge ging, die sie keinen Deut interessierten, und widerlich empfand sie es, obwohl sie es von Kindesbeinen an schon gewöhnt war, wie manche seiner Höflinge und Berater schmeichlerische Reden
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