Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
schon einem Drucker in Mainz eine Abschrift übergeben, der ihnen ein Preisangebot machen sollte, aber dann nichts mehr von sich hören ließ. Der damit beauftragte Mönch starb kurz darauf und das Ganze geriet bald in Vergessenheit. Nach Jahren erinnerte sich einer der Brüder daran und man schickte ihn nach Mainz, um wenigstens das wertvolle Buch zurückzuholen. Zwar wusste auch niemand mehr, wie die Druckerei hieß, aber so viele dürfte es auch in Mainz nicht geben. Tatsächlich aber gab es nur die Druckerei Fust und Schöffer, wo man ihm aber sagte, dass das Buch nur beim Gutenberg sein könne und er soll das getrost vergessen, weil dessen Vermögen bis zum letzten Nagel konfisziert worden sei. Er sei aus der Stadt geflüchtet und niemand wisse, wo er sich aufhalte.
»Wahrscheinlich ist er wieder zurück nach Straßburg oder sonst wohin. Hoffentlich möglichst weit weg, wir haben mit ihm genug Ärger gehabt!«
Niklas aber hatte nun wieder einen Trumpf in der Hand. »Wieso sollen das andere machen? Wieso sollen wir uns das Geschäft entgehen lassen? Das hintere Klosterdach gehört schon lange neu eingedeckt und wir könnten das Geld gut gebrauchen!«
Die Einwände des Priors und seiner Mitbrüder wurden immer schwächer. »Was ist, wenn dieses Buch auch noch verschwindet? Schließlich ist es das Original!«
»Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder schreiben wir es Buchstaben für Buchstaben ab und geben es dann einer Druckerei oder wir nehmen das Original als Vorlage und lassen es aber dabei nicht aus den Augen!«
»Zuerst müssten wir eine Druckerei haben und so viel ich weiß, gibt es davon nicht so viele!«
»Ich kenne jemanden, der sogar den Erfinder des Buchdruckes kennt und der bei ihm Ablasszettel drucken ließ!«, gab Niklas nicht ohne Stolz zur Antwort.
»Wer soll das sein?«
»Nikolaus von Kues!«
»Nikolaus Cusanus?«
»Ja, genau der! Er ist uns bestimmt behilflich schon allein im Andenken an seine gemeinsame Zeit mit Pater Nider hier in Basel!«
Nun stand er also hier in Eltville und nestelte das Vermächtnis seines Lehrers und Gönners aus seiner Reisetasche und legte es beinahe ehrfürchtig auf den Tisch.
Gutenberg zog es zu sich heran und blätterte es mit geschäftsmäßigem Blick durch. »Auflage?«
»Auflage? Was ist das?«
»Wie viel Stück meint er«, gab Cusanus die Antwort.
»Dreihundert, hat man mir gesagt.«
»Dreihundert«, sagte Gutenberg, »ich muss das durchrechnen!«
»Ich will es nicht genau wissen, sondern nur ungefähr«, drängte Niklas, der Angst hatte, dass Gutenberg das Buch dazu da behalten wollte und es ebenfalls verschwinden könnte.
Der Drucker trommelte ein paar Mal mit den Fingern auf die Tischplatte, legte seinen Kopf auf die Seite und begann überschlagsmäßig zu rechnen.
Als er Niklas den Betrag nannte, fuhr dieser merklich zusammen. »Was, so viel?«
Die Summe war so groß, dass er sich so viel Geld auf einen Haufen gar nicht vorstellen konnte. In seinem Kopf arbeitete es. »Wenn wir nur fünfzig machen?«, fragte er dann zaghaft.
Gutenberg lachte. »Dann kommen wir zwar im Endbetrag herunter, aber das einzelne Buch wird so teuer, dass es kaum jemand kaufen wird!«
Er sah in das verzweifelte Gesicht des Mönches, der ihm plötzlich Leid tat.
»Ich dachte … ich habe geglaubt …«
»Ja, das tun alle. Alle glauben, dass das fast nichts mehr kosten dürfe und es gleichgültig sei, ob es nun zehn, hundert oder tausend Stück seien.« Gutenberg erhob sich. »Wisst Ihr was? Der Buchdruck wird noch erheblich billiger, es gibt noch vieles, was man einfacher machen könnte und auch das Papier ist noch verhältnismäßig teuer. Wartet noch ein paar Jahre und dann kostet es wahrscheinlich nur noch die Hälfte. Mich wird es bis dahin vermutlich nicht mehr geben und wie es dann hier weitergeht, weiß ich auch nicht. Einer meiner Gesellen ist nach Augsburg gezogen und zwei andere sind nach Köln. Sie waren meine verlässlichsten Leute.«
Niklas stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben.
Cusanus zuckte die Schultern. »Meister Gutenberg hat Recht, auch wenn es schmerzt. Ich kann es nachfühlen, wie Ihr an Eurem Lehrer gehangen seid!«
»Wenn ich schon hier bin, darf ich mir wenigstens die Druckerei ansehen?«
»Ausnahmsweise. Normalerweise lasse ich keine Fremden hinein. Es kommen viele, die nur spionieren wollen!«, antwortete Gutenberg und tastete nach seinem Gehstock.
2. KAPITEL
M it weit ausholendem Schritt kam der Dominikaner näher.
Weitere Kostenlose Bücher