Hexenhatz im Monsterland
beklagte sich darüber, daß niemand wahres Verständnis für Künstler hätte.
»Es war einmal«, sagte Wuntvor und blickte leicht irritiert in die Gegend. »Sieben Wünsche? Du willst mir wirklich sieben Wünsche erfüllen?« Ungläubig stierte er auf den Winzling hinunter.
»Das ist schon besser«, entgegnete der. »Ich meine nur, wir vom Kleinen Volk schätzen es, wenn man unsere Mühen mit ein wenig Enthusiasmus belohnt, weißt du? Also gut, sieben Wünsche, was immer du dir auch wünschen magst.«
Was immer er sich auch wünschen mochte? Unser Bursche war von dieser Chance wahrlich beeindruckt, obwohl er auf der anderen Seite auch ein ganz klein wenig ängstlich war. Sieben Wünsche stellten eine schwere Verantwortung dar, und Wuntvor kannte nur zu gut jene alten Geschichten von Bauers- und Fischersleuten, die ihre wertvollen Wünsche für Puddings und Ähnliches verschwendet hatten. Er würde darüber nachdenken müssen, denn schließlich war er ein junger Mann auf Abenteuersuche, der sein Glück in der Fremde machen wollte, und diese sieben Wünsche mochten just die Gelegenheit sein, auf die er immer gewartet hatte.
»Also«, sagte der Schuhbert, und seine Fußspitze trommelte womöglich noch ungeduldiger auf den Waldboden. »Ich warte.«
»Tja – äh…«, erwiderte Wuntvor unsicher. »Muß ich denn sofort damit anfangen?«
»He, jetzt mach mal halblang. Du hast sieben Wünsche, basta. Wir Schuhberts haben auch noch andere Dinge zu erledigen. Zeit ist Schuhe, du verstehst?«
Nun gut, dachte Wuntvor. Warum nicht? Irgendwann mußte er sich ja entscheiden. Sein erster Wunsch sollte ein ganz besonderer werden.
»In der Tat«, setzte er an, denn auf geheimnisvolle Weise schien diese Redewendung ihn beim Denken zu unterstützen. »Ich – ähm – ich wünsche mir eine mächtige Waffe, um mich vor Gefahren schützen zu können.«
»Gewährt!« krakeelte der Schuhbert fröhlich.
An seinem Gürtel machten sich unterdrückte Geräusche bemerkbar, so als brüllte jemand hinter einer dicken, verschlossenen Tür.
»Eh?« äußerte Wuntvor. Er sah an sich hinunter und bemerkte, daß von seinem Gürtel ein Schwert in seiner Scheide hing. Der Bursche packte den Schwertgriff und zog die Waffe.
»Wird auch Zeit, daß du mich mal wieder an die frische Luft läßt!« zeterte das Schwert. »Kannst du dir überhaupt ansatzweise vorstellen, wie langweilig es in so einer Scheide sein kann?«
»Wie bitte?« murmelte Wuntvor, durch die Nörgelei der Waffe aus der Fassung gebracht. »Wofür wird es Zeit? Kennen wir uns etwa? Du bist mein Wunschschwert, die Waffe, auf die ich den ersten meiner sieben Wünsche verwendet habe. Ich verstehe nicht, worüber du sprichst.«
»Den ersten deiner sieben Wünsche?« wunderte sich das Schwert. »Oh, das bedeutet, daß wir immer noch – wir sind ja gar nicht mehr – ich verstehe. Verzeihung. Wenn man den lieben langen Tag in so einer Scheide steckt, verliert man jegliches Zeitgefühl. Ich war mir anfangs nicht ganz klar darüber, daß wir wieder in so einer Feengeschichte stecken.«
»Es ist eine Schuhbertgeschichte!« rief der Winzling entrüstet aus.
»Warte mal«, warf Wuntvor ein. Schon von Beginn dieser ganzen Veranstaltung an war er verwirrt gewesen, und alles, was man zu ihm sagte, verschlimmerte diesen Zustand noch. Er starrte düster auf das Schwert. »Du willst doch nicht etwa behaupten, du hättest schon die ganze Zeit an meinem Gürtel gehangen?«
»He«, wagte der Schuhbert zu bemerken. »Ich hatte nicht gesagt, daß du dir das wünschen mußtest, was du noch nicht hattest!«
Unser wackerer Bursche stierte den kleinen Mann mit offenem Mund an. Sollte man ihn hinters Licht geführt haben?
»Du solltest dir deine Wünsche genauer überlegen«, kicherte das Schwert leise in sich hinein. »Ich wette, es dauert nicht mehr lange, und du wünschst dir tatsächlich Puddings!«
Also war er betrogen worden, und das Schwert hatte bereits die ganze Zeit über an seiner Seite gehangen. Aber warum nur hatte er sich nicht an seine Waffe erinnert? Ihm war es ja von Anfang an mit dieser Feen- oder Schuhbertgeschichte nicht ganz geheuer vorgekommen, so als habe er etwas Ähnliches bereits vorher erlebt, könne sich aber nicht mehr genau daran erinnern. Und so erstaunt war er wiederum auch nicht gewesen, das Schwert an seinem Gürtel zu entdecken. Also hatte er sich vielleicht doch erinnert. Oder er erinnerte sich gerade, daß er sich erinnert hatte. Rasch verbot er sich solch
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