Hexenheide
Malika zum Mittagessen nach Hause gegangen sind. »Ich hab ein neues Computerspiel.«
»Was für eins?«
»Eins über Atlantis. Du musst alles tun und einsammeln, um Atlantis zu retten – völlig unbeschädigt. Das sieht echt richtig gut aus.«
»Ich hab es eher mit Schießen«, brummt Karim.
»Na, das machst du dann besser zu Hause.«
»Nein, nein, ich komm schon mit.«
Als sie bei Lennes Haus ankommen, bleibt Karim einen Augenblick stehen, um es genau zu betrachten.
»Was ist?«
»Ich musste an das Foto denken, das in der Bücherei.«
»Ich hab meinen Eltern davon erzählt, die gehen diese Woche mal gucken. Sie haben selbst nur ein Foto von kurz vor dem Umbau, aber das ist natürlich nicht so alt wie das in der Ausstellung.«
»Die Vorderseite ist gar nicht so sehr verändert.«
»Ja, das kann schon stimmen.« Lenne verzieht das Gesicht. »Aber sag das nicht meinem Vater. Der hätte am liebsten noch mehr renoviert, aber meine Mutter hält nichts davon.«
Karim lässt seinen Blick über die Fensterrahmen gleiten, die wohl wirklich einen Klecks Farbe gebrauchen könnten, auch wenn nicht alle Fenster vollständig zu sehen sind, denn ein großer Teil der Giebelwand ist unter dunkelgrünem Efeu verborgen. Im Vorgarten liegen lauter Steine, die irgendwann einmal grau waren, nun aber grün bemoost sind, und auf einem alten Holzstuhl, der neben der Haustür steht, hat Lennes Mutter eine verrückte Sammlung von orangen und grüngelben Kürbissen drapiert. »Ich finde, dass es so richtig gemütlich aussieht«, sagt er. »Ein tolles Haus, in das du Lust hast reinzugehen, wenn du es siehst.«
»Na, dann komm auch.« Lenne zieht ihn mit sich. Sie gehen hintenrum, was bei Lenne normal ist. Die Haustür vorne ist nur für den Briefträger und vornehmen Besuch.
An der Rückseite des alten ehemaligen Bauernhofs ist heute die Küche. Und dort befindet sich auch die Tür, die alle benutzen.
»Was riecht denn hier so lecker?«, fragt Karim sofort, noch bevor er einen Fuß über die Schwelle gesetzt hat.
»Maaart!«, ruft Lenne nach ihrer Mutter, die eigentlich richtig Marit heißt, aber das lässt sich nicht so gut schreien. »Wonach riecht es hier?«
Jemand kommt hastig die Treppe heruntergepoltert. »Mist! Ich hab mein Brot ganz vergessen!«
»Und guten Morgen.« Karim grinst.
»Oh, hallo, Karim«, sagte Lennes Mutter, während sie zwei Topfhandschuhe von einem Haken nimmt, die Tür eines großen schwarzen Herds aufzieht, ein Backblech herausholt und es auf die Anrichte donnern lässt. »Setzt euch hin.« Sie wedelt mit den Handschuhen. »Das muss eben noch etwas abkühlen. Ihr wollt bestimmt schon mal einen Becher Milch. Lenne, machst du das?«
Karim setzt sich an den hölzernen Küchentisch und fährt mit dem Finger das Karomuster der Tischdecke nach, während er abwartet, was auf ihn zukommt. Das ist das Schöne daran, bei Lenne zu essen: Man kann nie wissen, was es gibt und auch nicht, wann.
»Was ist das für ein Brot?«, will Lenne wissen. Sie schnuppert.
»Nussbrot.«
»Blöd«, meint Lenne, während Karim »lecker!« sagt.
Lenne bekommt immer das Körnerbrot, das ihre Mutter selbst backt, und findet das Brot bei Karim zu Hause viel besser, aber Karim, der immer abgepacktes Brot aus dem Supermarkt bekommt, geht es genau andersrum. Und so tauschen sie in der Schule regelmäßig ihre Butterbrote.
»Haben wir denn noch Erdnussbutter?«, fragt Lenne mit gerümpfter Nase. »Kann ich die dann ganz dick draufschmieren?«
Lennes Mutter wirft einen Blick auf den Parkettboden und runzelt die Stirn. »Wo seid ihr gewesen?«
»Im Park«, antwortet Lenne und hebt einen Fuß, um unter die Sohlen zu blicken. Dann sieht sie sich um und sieht die Spur von braunen Dreckklumpen. »Ich fege das gleich weg.«
Karim zieht seine Schuhe aus und wirft sie gezielt auf die Küchenfußmatte. Und dabei fällt ihm plötzlich ein tolles Bild auf, das neben der Küchentür hängt und das er früher nicht beachtet hat. Er steht auf und schlurft auf seinen Socken zu dem Bild.
»Schön, was?«, sagt Lennes Mutter. »Hab ich selbst gemalt.«
»Was ist das?«
»Die Wassermühle.«
»Welche Mühle?«
»Die Wassermühle. Karim, du willst mir doch nicht erzählen, dass du noch nie an der Wassermühle warst!«
»Nicht, dass ich wüsste.«
»Na hör mal, die ist hier ganz in der Nähe.« Lennes Mutter sieht ihn mit offenem Mund an. »Oh, aber dann weiß ich, was wir heute Nachmittag machen! Wir machen einen kleinen
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