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Hexenheide

Hexenheide

Titel: Hexenheide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: aerts
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Leute, ab nach Hause, ich mache uns dann ein paar Becher warme Schokoladenmilch.«
     
    Am Abend steht Karim erneut vor seinem Zimmerfenster. Er starrt in Richtung Heide, guckt und guckt. Er bildet sich immer wieder ein, eine Frau mit langen weißen Haaren auf der Heide umherschweifen zu sehen, doch das ist wirklich nur Einbildung, denn in Wirklichkeit gibt es nichts zu sehen.
    Heute Abend scheint kein Mond, der Himmel ist mit dicken Wolken verhangen, und das Licht der nächsten Straßenlaterne leuchtet nur einen runden Fleck aus, der das Ungewisse dahinter im Dunkeln verschwinden lässt.
    Lenne war den restlichen Nachmittag eigenartig still und geistesabwesend. Sogar am Computer wollte sie nicht mehr spielen.
    Karims Atem lässt die Fensterscheibe rund um seinen Mund beschlagen. Nun sieht er überhaupt nichts mehr.
    »Die Hexenheide …«, murmelt er leise vor sich hin.
    Er zeichnet zwei Augen auf die beschlagene Scheibe. Dann streicht er hastig mit der Hand über die Zeichnung, um sie zu verwischen, und zieht die Vorhänge zu.

6
     
     

     
     
     
     
     
    Am Ende des Nachmittags hat Lehrer Paul eine Viertelstunde übrig. »Was wollen wir machen?«, fragt er. »Soll ich eine Geschichte erzählen?«
    Karims Hand schießt blitzartig nach oben. Er wirft Lenne von der Seite einen leicht verlegenen Blick zu und fragt dann: »Wissen Sie was über eine Hexenheide?«
    Der Lehrer runzelt die Stirn. »Eine Hexenheide? Nein. Noch nie davon gehört.«
    Enttäuscht lässt sich Karim mit ausgestreckten Beinen wieder in seinen Stuhl sacken. »Dann stammen Sie sicher nicht hier aus der Gegend.«
    Herr Paul bemerkt Karims Enttäuschung und schaut ihn überrascht an. »Aber sicher.«
    »In der Bücherei hängen alte Fotos«, sagt Karim. »Auf einem davon sieht man die Heide, und darunter steht: die Hexenheide .«
    »Das sagt mir nichts …« Herr Paul blickt nachdenklich vor sich hin. »Aber Hexen hat es hier in der Umgebung viele gegeben, darüber gibt es auch Geschichten, die habe ich früher oft gehört. Aber bevor ich euch irgendwelchen Unsinn erzähle, werde ich noch ein bisschen herumstöbern. Na ja, Unsinn bleibt das mit den Hexen natürlich doch. Aber früher sind Frauen schon wegen irgendwelcher Kleinigkeiten in Verdacht geraten. Das ist dann meistens nicht so gut für sie ausgegangen.«
    »Wissen Sie was über eine Hexe, die Alberdine hieß?«, fragt Karim. Er hat sich wieder etwas aufrechter hingesetzt.
    »Alberdine … hm, nein. Ich erinnere mich dunkel an eine Hexe mit Namen Albina, das schon. Ich glaube, das bedeutet weiß , aber so ganz sicher bin ich da nicht, Albina – oder war es Alba? Hm, ja … irgend so was. Eine weiße Hexe? Obwohl Alb in den alten germanischen Sagen, glaube ich, auch Elfe bedeuten konnte, ein überirdisches, nicht göttliches Wesen. Alb . Ich habe irgendwann mal den Namen Albin gehört, und das bedeutet Freund der Elfen .« Er sieht Karim lächelnd an. »Bringt dich das irgendwie weiter?«
    Ob Karim damit etwas anfangen kann? Er sitzt vor Aufregung zitternd auf seinem Stuhl! Er traut sich kaum noch, Lenne anzusehen, aber dann tut er es doch. Eine weiße Hexe! Er denkt an die langen schlohweißen Haare der Frau bei der Wassermühle.
    »Warte mal, jetzt fällt mir was ein.« Der Lehrer trommelt mit den Fingern auf die Tischplatte. »Ich habe mich einmal gründlicher mit der Geschichte dieses Dorfs befasst, und da bin ich auf die Geschichte einer Frau gestoßen, die mit Schimpf und Schande aus dem Dorf vertrieben worden ist. Aber, Mensch, das muss schon drei- oder vierhundert Jahre her sein. Vielleicht noch länger.« Er blickt sich lachend in der Klasse um. »Also, Mädchen, werdet jetzt mal nicht unruhig, an einen solchen Unsinn glauben wir heutzutage nicht mehr. Die Frau ist zweifellos der Hexerei verdächtigt worden, das war die häufigste Beschuldigung, wenn sie dich wie die Pest gehasst haben, weil du – als Frau – zu schlau oder zu selbstbewusst warst. Ob sie Alberdine geheißen hat, Karim, das weiß ich nicht mehr. Nur, wenn sie aus dem Dorf verjagt worden ist, dann wird sie sicherlich irgendwo auf der Heide gelandet sein, denn viel mehr als Heide gab es damals in der Umgebung nicht. Wie bist du eigentlich an den Namen gekommen, Alberdine ?«
    »Den hat die Frau in der Bücherei genannt.«
    »Na, dann frag sie doch noch mal. Oder weißt du was, vielleicht kann ich selbst heute Nachmittag mal bei ihr vorbeigehen. Findet ihr es schön, solche Geschichten zu hören? Na ja, die bringen

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