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Hexenheide

Hexenheide

Titel: Hexenheide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: aerts
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hat eine Stinklaune«, lügt er ein bisschen. Dann zuckt er die Achseln und geht aus der Küche.
    Im Vorgarten bleibt er stehen. Unschlüssig blickt er zurück Richtung Küchenfenster. Ob Marit ihn sehen kann? Nein, wahrscheinlich nicht.
    Er schleicht dicht an der Mauer nach hinten in den Garten. Unter Lennes Fenster bleibt er stehen. Das Fenster steht immer noch auf, doch Lenne sitzt ohne Zweifel mit ihrer eifersüchtig bewachten Kugel auf dem Bett. Karim bückt sich und betrachtet den Boden unter dem Fenster. Ist hier jemand langgegangen? Es wäre möglich, doch in den Laubhaufen ist nichts davon zu erkennen.
    An Lennes Fenster vorbei verläuft ein Regenrohr vom Dach bis auf den Boden. Ist die Glaskugel vielleicht auf die Fensterbank gekommen, indem jemand an dem Regenrohr hochgeklettert ist? Die einzige andere Möglichkeit wäre die, dass es jemand war, der … fliegen kann.
    Karim geht zu der alten Holzleiter hinten im Garten. Nein, die ist seit Jahren nicht von der Stelle bewegt worden. Er geht weiter bis zu der niedrigen Mauer und setzt sich mit dem Rücken zum Haus darauf. Die Aussicht von hier ist ganz anders als von dem Zaun, auf dem sie am Nachmittag noch gesessen haben, auf der anderen Straßenseite. Hier gibt es nicht die endlosen Heideflächen, die Sicht auf dieser Seite wird von einem dunklen Tannenwald begrenzt. Das ist nicht die Hexenheide. Nicht dass das etwas ausmachen würde, denkt Karim. Hexen können auch laufen, das hat er selbst gesehen. Und wenn sie nicht laufen, dann fliegen sie wahrscheinlich. »Sie können von allen Seiten kommen«, flüstert er ganz leise.

13
     
     

     
     
     
     
     
    Nervös und bedrückt klingelt Karim am nächsten Morgen bei Lenne. Er holt sie fast jeden Morgen ab. Sie sind die Einzigen aus der Klasse, die aus dieser Richtung kommen, und sie selbst finden es ganz selbstverständlich, dass sie zusammen zur Schule gehen, doch in der Klasse werden sie meistens gehänselt. »He, Lenne geht mit Karim«, rufen ihre Klassenkameraden dann, oder Karims Freunde rufen: »Wann küsst ihr euch endlich?« Lenne und Karim kümmern sich gewöhnlich nicht darum. Ihre Eltern haben sich im Lauf der Zeit ebenfalls angefreundet, und die beiden sehen sich dadurch häufig auch auf Festen und Geburtstagen, und einmal waren sogar beide Familien gemeinsam im Urlaub.
    Natürlich hatten sie auch ab und zu einen Streit, Lenne und er, aber das war dann nie so ernst und hat auch nie lange gedauert. Das Gefühl, das er jetzt hat, kennt Karim daher noch nicht.
    Aber das hier ist kein Streit, das ist etwas anderes. Und Karim hat Angst, er hat eine böse Vorahnung. Nicht so sehr deshalb, weil ihre Freundschaft vielleicht auf dem Spiel steht, sondern weil er befürchtet, dass Lenne in Gefahr ist. Er will sie beschützen, hält sich dafür aber für nicht stark genug. Außerdem vermutet er nach dem gestrigen Nachmittag, dass sie ihn abweisen wird.
    Wenn es nicht um solche seltsamen Dinge ginge, würde er einen Erwachsenen um Hilfe bitten. Aber an wen soll er sich denn wenden? An seinen Vater? »Hör mal, Papa, ich glaub, dass Lenne von ein paar Hexen verfolgt wird.« Innerhalb kürzester Zeit bekäme er ein Thermometer verpasst, um zu sehen, ob er vielleicht Fieber hätte. Dann vielleicht an den Lehrer? Nein, der würde lachen und sagen: »Ach, Junge, haben dir meine schönen Geschichten solche Angst eingejagt?«
    Marit macht ihm die Tür auf. »Lenne ist schon weg«, teilt sie Karim entschuldigend mit. »Puh, habt ihr jetzt einen richtigen Streit? Langweilt sich Lenne mit dir? Oh, das Kind kann manchmal so schlechter Laune sein. Ich werde heute Nachmittag mal mit ihr reden, Karim.«
    »Oh, das muss nicht sein«, murmelt Karim und sieht zu, dass er wegkommt, denn Marit würde ihn sonst fragen, worüber sie gestritten haben.
    Lenne wird doch nicht etwa über die Heide zur Schule gegangen sein, keimt ein Gedanke in ihm auf, besonders nach dem komischen Getue mit der Murmel? Oder was es sonst für ein Ding sein mag. Ja, was ist es eigentlich? Ob das so eine Glaskugel ist, wie sie die Wahrsagerinnen haben? Aber die sind doch immer viel größer. Karim hat eigentlich nie an die Frauen auf den Jahrmärkten geglaubt, die behaupten, die Zukunft voraussagen zu können. Na ja, er hat auch nicht an Hexen geglaubt. Oder ist sie einfach nur ein schönes Spielzeug, das die Frau mit den weißen Haaren Lenne geschenkt hat, um sie für sich zu gewinnen? »V ielleicht will sie sich einfach bei Lenne einschleimen?«,

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