Hexenjagd in Lerchenbach
hervor.
Während er das Schlauchende lässig in
der Hand hielt, drehte er sich zu Helga um. Dabei folgte der Wasserstrahl
seiner Körperdrehung und prallte — aus kürzester Entfernung — gegen Jochers
Brust.
„Wo soll ich anfangen, Fräulein Götze?“
rief Tarzan mit abgewandten Kopf.
Jochers Gebrüll ließ ihn, scheinbar
erschrocken, herumfahren. Dabei ergab es sich — ganz zufällig natürlich — , daß
der Wasserstrahl dem zur Seite springenden Kerl folgte.
„Ach, du grüne Neune!“ rief Tarzan. „Na,
sowas!“
Damit bequemte er sich schließlich, den
Strahl zu Boden zu richten. Und den Wasserhahn zu schließen.
Jocher war nasser als Klößchen nach
dessen Ausrutscher im Teich. Alles an ihm tropfte. Er stand in einer Pfütze.
Sein Gesicht war weiß vor Wut.
„Tut mir das leiiiiid!“ rief Tarzan. „So
ein Unglück! Wie konnte mir das passieren? Tausendmal Entschuldigung, mein Herr!
Selbstverständlich erstatte ich Ihnen die Kosten für die Sonnenenergie, die zum
Trocknen Ihrer Kleidung erforderlich ist. Das macht... Lassen Sie mich kurz
überschlagen! Genau...!“
„Achtzehneinhalb Pfennig!“ rief Karl.
Tarzan drehte sich um. „Achtzehneindrittel
Pfennig, Karl! Ich bitte dich doch, genau zu sein.“
Zu Jocher gewandt, fuhr er fort: „Leider
habe ich nur 20 Pfennig. Können Sie rausgeben?“
Jochers Gesicht schien sich mehr und
mehr zu verzerren.
In diesem Moment mischte Oskar sich
ein. Offenbar merkte er, daß dieser triefnasse Mensch nicht willkommen war.
Jedenfalls sprang er zum Zaun und bellte wütend.
Jocher wischte sich über das nasse
Gesicht.
„Das werdet ihr büßen!“ brüllte er. „Daß
wird euch leid tun, Gesindel! Und besonders dir!“ schrie er Tarzan an.
„Aber natürlich tut es mir leid“,
erwiderte Tarzan. „Davon rede ich ja dauernd.“
„Hexenbrut!“ schrie Jocher.
„Wie bitte?“ fragte Tarzan. „Sie
befürchten einen Hexenschuß (Rückenschmerzen)? Weil Sie so naß sind?
Aber nein! Doch nicht bei der Hitze!“
„Das hat ein Nachspiel!“ keuchte
Jocher.
Aber zunächst mal zog er sich zurück — rückwärtsgehend.
Offenbar befürchtete er den nächsten Anschlag. Eine nasse Spur markierte seinen
Weg. Als er sich weit genug entfernt hatte, machte er kehrt und eilte zum
Jocher-Hof.
„Toll gemacht!“ rief Gaby. „Das hat
sich aber... gewaschen.“
Alle lachten.
„Wahrscheinlich sein erstes richtiges
Bad seit zwei Jahren“, meinte Karl. „Wo man doch in Gefängnissen neuerdings
auch mit Wasser spart.“
Helgas Heiterkeit wurde von Besorgnis
gedämpft. „Es ist überaus ritterlich, Tarzan, wie du dich für mich ins Zeug
legst. Aber du hast den Kerl lächerlich gemacht, und das verträgt so einer
nicht. Der haßt dich jetzt so wie mich. Darüber mußt du dir im klaren sein.
Jedenfalls bin ich vorläufig quitt mit denen. Sollen sie denken, das war die
Revanche (Vergeltung) für Max Jochers Tat.“
„Vor allem sollen sie merken“,
erwiderte Tarzan, „daß Sie nicht allein stehen, Fräulein Götze. Die TKKG-Bande
ist jederzeit für Sie da. Und was wir versprechen, darauf kann man bauen. Und
jetzt sollten wir die Reste des Bootsstegs abbauen, wie?“
Sie arbeiteten weiter.
Klößchen entfernte sich wiederholt und
befühlte seine Textilien, die auf einer Wäschespinne trockneten. Aber so
schnell ging es nun doch wieder nicht.
Helgas Grundstück reichte, wie gesagt,
bis zum Waldrand. Dort wilderte die Vegetation (Pflanzenwelt). Brennnesseln überwuchterten einen Pfad, der in den Wald führte.
Tarzan meinte, das ginge nicht an,
holte sich eine Sense und legte los.
Während Unkraut und Brennesseln
scharenweise dahinsanken, bemerkte er eine Bewegung unter den Bäumen. Ein roter
Fleck kauerte hinter einem Stamm.
Ohne in die Richtung zu sehen, näherte
er sich, die Sense schwingend und mit gesenktem Kopf.
Er schielte aus dem Augenwinkel und
entdeckte ein kleines Mädchen. Sie hockte dort in ihrem roten Kleidchen, mochte
etwa sechs Jahre alt sein und spähte angestrengt zu ihm — aber mehr noch zu
Helga, die sich mit einem langen Harken auf der Wiese betätigte.
Als er nahe genug heran war, hob er den
Blick.
„Na, kleines Fräulein! Du willst uns
wohl helfen?“
Erschrockene Kinderaugen sahen ihn an.
Offenbar hatte sie sich für unsichtbar gehalten — hinter dem Baumstamm.
„Ach, nein!“ sagte sie.
„Du willst uns nicht helfen? Schade!
Aber was machst du denn hier?“
„Ich will nur mal die Hexe sehen.“
Sie stand auf, stellte ein
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