Hexenjagd
Gegenüber runzelte die Stirn, was deutlich machte, dass er ihr bereits ablehnend gegenüberstand und nur schwer umzustimmen sein würde.
„Sie sind gar nicht verheiratet, nicht wahr?“ Er hätte sich’s eigentlich gleich denken können, schalt er sich in Gedanken. Jetzt, im Nachhinein, war ihm schlagartig klar geworden, dass sie außer ihrem Nachnamen gar nichts über sich preisgegeben hatte – und so was tat man nur dann, wenn man etwas zu verbergen oder eine Täuschung vorhatte! Aber nicht mit mir, dachte er.
Der alte Herr wollte der Wohnungssuchenden schon die Tür weisen, da besann er sich plötzlich eines Besseren. Mal sehen, nahm er sich vor, wie sie es weiter angehen würde. Er war in der Tat neugierig, was sie ihm erzählen und ob sie lügen würde. Und wenn sie dies tat – was er sofort merken würde, weil er so was nämlich riechen konnte! – konnte er sie immer noch vor die Tür setzen.
„Nein, Herr Rosenbaum“, ging sie nun auf seine Frage ein. „Ich bin tatsächlich nicht verheiratet. Trotzdem hege ich die Hoffnung, dass ich Ihren Entschluss vielleicht doch noch ändern kann. Bitte. Hören sie mich erst an, bevor Sie mich abweisen.“ Er schien interessiert, stellte sie im Stillen fest. Also durfte sie jetzt keinen Fehler machen. Wenn sie es schaffte, ihn zu überzeugen, kam sie vielleicht doch noch zu ihrer „Traumwohnung“ – klein, gemütlich, nicht in einem unpersönlich kalten Wohnblock gelegen, und vor allem bezahlbar! Selbstverständlich gab es auch noch andere, ebenso günstige Wohnungen – aber es musste unbedingt diese sein. Warum? Das wusste Celiska selbst nicht so genau. Dennoch war sie bereit, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um sie zu bekommen.
„Zu Ihrer Beruhigung kann ich sagen, dass ich ein sehr zurückgezogenes Leben führe“, erklärte sie nun. „Daher suche ich auch eine Wohnung, die mir genügend Ruhe und Abgeschiedenheit bietet. Ich feiere weder wilde Partys noch mag ich überhaupt lauten Trubel. Um ehrlich zu sein“, setzte sie nach, als sie den skeptischen Blick ihres Wunsch-Vermieters bemerkte, „ich bin in meiner Freizeit eigentlich lieber allein und ungestört. Ich habe den ganzen Tag mit Menschen zu tun und bin froh, wenn ich nach Feierabend auf niemanden mehr Rücksicht nehmen muss.“
„Sie erscheinen mir noch sehr jung“, tat er nachdenklich. Sie sah tatsächlich aus wie ein Teenager, dachte er für sich. Der beige Hosenanzug ließ ihre Figur schmal erscheinen. Und das aparte Gesicht wirkte äußerst verletzlich, obwohl sie eine beherrschte, ja fast arrogant wirkende Miene aufgesetzt hatte. Auch das selbstbewusste Lächeln konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie im Grunde ein sehr sensibler Mensch war.
Celiska erwiderte den prüfenden Blick offen und völlig arglos.
„Ich bin zwanzig“, erklärte sie ruhig. „Und ich gehe einer geregelten Arbeit nach, so dass ich mich selbst ernähren kann. Nun – mehr müssen Sie im Moment nicht wissen“, stellte sie gewollt forsch fest. Das war ein bisschen unverschämt, schimpfte sie sich selbst aus, aber nicht mehr zurückzunehmen. Also setzte sie ein entschuldigendes Lächeln auf, um ihren Ton ein wenig abzumildern. „Verzeihen Sie. Das war ungezogen, ich weiß. Aber ich breite mein Leben nicht gerne vor Fremden aus.“
Herr Rosenbaum verkniff sich ein Grinsen. Sie legte augenscheinlich sehr großen Wert darauf, als erwachsen und unabhängig angesehen zu werden. Dabei war sie alles andere als eine von diesen – wie nannten sie sich noch? Emanzen? – ja, genau! Sie war zwar offen und redegewandt, aber im Grunde ihres Herzens immer noch ein kleines, verunsichertes Mädchen, das nach Sicherheit und Geborgenheit strebte. Und so wie es aussah, sollte sie nun tatsächlich das bekommen, was sie suchte. Die Unterlippe zwischen die Zähne ziehend, schüttelte der alte Mann unmerklich den Kopf über sich selbst. Er hatte sich schon immer gern als Beschützer holder Schönheiten gesehen, dachte er voller Selbstironie, doch war er eigentlich aus dem Alter heraus, in dem dieses Bedürfnis sein Denken beeinflussen durfte. Andererseits … Sie hätte genauso gut die Tochter, nein, die Enkelin sein können, die er sich immer gewünscht hatte und der er – vor allem in solch einer Situation – weder seine Hilfe noch seinen Schutz vorenthalten hätte. Jetzt gab es nur noch ein Problem. Wie sollte er seine Meinungsänderung seiner Frau begreiflich machen? Er hatte es versprochen. Nein, er hatte
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