Hexenjagd
geschworen…
Der Blick des alten Herrn wanderte wiederholt zur Zimmertür. Und mit einem Mal verstand Celiska: Er wollte die Entscheidung nicht allein treffen. Er war zwar nicht mehr abgeneigt, wollte jedoch eine Bestätigung für die Richtigkeit seines Entschlusses.
„Warum rufen Sie Ihre Frau nicht herein?“, fragte sie leise. „Ich würde sie gern kennen lernen.“
„Sie ist ein wenig … hm … also …“ Er räusperte sich mehrmals. „Sie leidet unter verschiedenen Ängsten, verstehen Sie“, brachte er endlich hervor. „Unser letzter Mieter hat sie fast um den Verstand gebracht. Nächtelang war nur Radau und Gebrüll von unten zu hören. Als wir die Polizei zu Hilfe riefen, hat er gedroht, das Haus abzubrennen, falls wir ihn auf die Straße setzen. Wir konnten ihn schließlich nur per Gerichtsbeschluss entfernen lassen. Sie verstehen sicher, wie es uns jetzt geht. Wir sind auf die Mieteinnahmen angewiesen. Aber wenn es nicht anders geht, bin ich auch bereit, das Haus zu verkaufen und mit meiner Frau in eine kleine Wohnung umzuziehen. Verstehen Sie“, sagte er eindringlich. „Die Gesundheit meiner Frau ist mir überaus wichtig. Ich möchte auf keinen Fall, dass sie noch einmal auf so hässliche Weise beschimpft und bedroht wird!“
So war das also, erkannte Celiska. Er wollte an ein Ehepaar vermieten, weil er davon ausging, dass ein verheiratetes Paar solider und vor allem rücksichtsvoller sei als eine allein stehende Person, die ihre Wohnung zu einem Partyraum umgestaltete, wann und wie oft es ihr gerade einfiel. Dabei schien er völlig zu vergessen, dass es im Grunde nie eine Garantie für irgendetwas gab.
„Bitte“, sagte sie leise. „Holen Sie Ihre Frau. Sie soll sich selbst ein Bild machen. Wenn sie nein sagt, gehe ich auf der Stelle.“
Der alte Herr nickte, stand auf und verließ den Wohnraum, um eine halbe Minute später mit einer kleinen, unscheinbaren Frau zurückzukommen, die sich Sicherheit suchend an seinen Arm klammerte.
„Das ist Fräulein, äh, Frau Falquardt, Liebes“, erklärte er leise, wobei seine Stimme sehr sanft und liebevoll klang. „Sie möchte bei uns einziehen. Aber nur, wenn es dir recht ist. Sie ist zwar nicht verheiratet, aber ich denke, wir sollten ihr trotzdem die Wohnung geben.“
Celiska bemerkte ein kleines vorsichtiges Lächeln in dem schmalen Gesicht der alten Dame, welches aber die grauen Augen nicht erreichte. Sie musste in jungen Jahren eine wahre Schönheit gewesen sein, stellte sie für sich fest. Auch wenn die feinen Züge mit Falten durchzogen und das Haar ergraut war, war sie immer noch sehr hübsch und wirkte überaus gepflegt.
„Ja, ist gut, Lieber“, wisperte Frau Rosenbaum, um sich dann mit einem schüchternen Lächeln an ihren Gast zu wenden. „Wenn mein Mann sagt, dass Sie nett sind, dann kann ich ja gar nichts mehr dagegen haben. Er ist nämlich ein sehr guter Menschenkenner, müssen Sie wissen. Nur einmal hat er sich täuschen lassen. Aber das ist ja gottlob ausgestanden.“
„Und jetzt gehen wir hinunter“, bestimmte ihr Mann, „damit Sie sich Ihr neues Zuhause ansehen können.“
Die kleine Wohnung befand sich im Souterrain des Hauses, wobei die Räume trotzdem große Fenster aufwiesen, weil das Gebäude direkt in einen Hang hinein gebaut war. Celiska betrachtete von der Terrasse aus den Garten und hielt unwillkürlich den Atem an, denn sie meinte, inmitten eines kleinen Paradieses zu stehen. Rund um den kleinen, mit rostroten Ziegeln gepflasterten Platz wuchsen verschiedene Büsche und ein riesiger, mit Blüten übersäter Kirschbaum, die einen dichten Sichtschutz bildeten – eine herrliche Oase des Friedens, in welche sie hinein tauchen konnte, wann immer sie wollte, ohne von Störenfrieden belästigt zu werden. Und hinter diesem natürlich wachsenden Wall wurde eine große, leicht abfallende, von einigen wenigen Bäumen bestandene Wiese sichtbar, welche wiederum von einer akribisch zurecht-geschnittenen und dicht belaubten Hecke begrenzt wurde. Einzelne, mit großer Sorgfalt angelegte Blumenrabatten würden in den nächsten Wochen zusätzliche Farbakzente setzen, denn sie waren sicher mit herrlichen Sommerblumen bepflanzt.
„Wunderschön“, sagte sie mit leuchtenden Augen. „Einen schöneren Garten habe ich noch nie gesehen.“
Die alte Dame nickte leicht, wobei nicht zu übersehen war, wie sehr sie sich über das Kompliment freute. Wer in der Lage war, sich über die Natur und deren Schönheit zu freuen, der konnte
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