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Hexenjagd

Hexenjagd

Titel: Hexenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katica Fischer
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wüsste sie genau, wovon die Freundin sprach. Aber in ihrem Innern wuchs das Unbehagen, denn sie konnte sich an nichts erinnern.
    „Ich hab bloß ein bisschen viel getrunken“, tat sie gleichmütig. „Du weißt doch, ich vertrage nicht viel.“
    „Erzähl mir doch nichts“, winkte Verena ab. „Du hast dein Weinglas kaum angerührt. Und trotzdem warst du auf einmal wie verwandelt – so als mache es dir tatsächlich einen Heidenspaß, mit den Kerlen zu flirten. Man hätte meinen können, du legst es darauf an, abgeschleppt zu werden!“
    Ach du lieber Himmel, dachte Celiska schockiert. Sie hatte sich doch nicht etwa wirklich so lächerlich gemacht? Aber wenn das wirklich so gewesen war, warum konnte sie sich dann nicht erinnern? Warum war da nur ein schwarzes Loch?
    „Ist dir nicht gut?“ Verena fiel erst jetzt auf, wie blass und krank die Freundin wirkte. „Du siehst ja aus wie ‘n ausgewrungenes Handtuch.“
    „Ist schon gut.“ Celiska hatte Mühe, ihrer Stimme genügend Festigkeit zu verleihen. „Ist nur der Kreislauf. Hab heute noch nichts gegessen. Kommt vielleicht daher.“
    „Dann solltest du das schnellstens nachholen“, empfahl Verena. „Und noch eins“, setzte sie nach, während sie aufstand und sich auf dem Weg zum Ausgang machte. „Das nächste Mal warne mich vor, damit ich entsprechend mitziehen kann.“
    „Was?“ Celiska verstand nur Bahnhof.
    „Na, wenn du wieder mal was einwirfst, um locker zu werden, dann sag’s mir. Okay? Dann guck ich vielleicht nicht so dumm aus der Wäsche wie gestern Abend!“ Ohne eine Erwiderung abzuwarten, verließ Verena lachend den Raum.
    Was war wirklich gewesen?, fragte sich Celiska erneut. Und vor allem: Warum konnte sie sich nicht erinnern? Eine Viertelstunde lang zermarterte sie sich das Hirn, ob sie sich nun schicklich verhalten hatte oder nicht, kam aber zu keinem Ergebnis. Endlich zuckte sie die schmalen Schultern und wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Sinnlos, sich über Dinge den Kopf zu zerbrechen, die ohnehin nicht mehr zu ändern waren. Was auch immer sie angestellt haben mochte, dachte sie niedergeschlagen, man würde es ihr schon früh genug unter die Nase reiben. Schließlich waren genügend Zeugen anwesend gewesen, die den Ablauf des Abends sehr genau verfolgt hatten. Zum wiederholten Male las sie den Brief, den sie gerade zu tippen versuchte, und drosch am Ende zornig auf die Löschtaste, weil das Schreiben voller Fehler war. Gleich darauf stand sie so unbeherrscht auf, dass der Stuhl hinter ihr wegschoss und gegen den Aktenschrank knallte. Es war doch wirklich zum Haare raufen, dachte sie aufgebracht. Warum machte sie sich überhaupt so viele Gedanken darüber, was ihre Kollegen sagen oder eben nicht sagen würden? War das im Endeffekt nicht egal? Es war doch allein ihre Sache, was sie tat oder eben nicht tat! Schließlich war sie ein erwachsener Mensch. Wer durfte denn über sie urteilen, nur weil sie dem Wunsch ihres Vorgesetzten nachgekommen war und vielleicht sogar ein wenig Spaß dabei hatte? Ganz so schlimm konnte es nicht gewesen sein, denn sie war ja in ihrem eigenen Bett aufgewacht – und zwar allein. Also, wozu die ganze Aufregung?
    Dennoch wollte es Celiska nicht gelingen, sich zu entspannen. Da war immer noch dieser merkwürdige Gedächtnisverlust. Und dass sie ein völlig anderes, ihr bis dato unbekanntes Gesicht besaß, war auch nicht sehr beruhigend – zumal dieses andere Ich ganz und gar anders geartet schien als das Bild, welches sie bisher von sich gehabt hatte.
    Auch wenn sie in den nächsten Tagen nach außen hin unbeeindruckt oder gar arrogant auftrat, beschäftigte sie sich innerlich immer stärker mit den Äußerungen ihrer Kolleginnen, was ihrem Selbstwertgefühl gar nicht gut bekam. Und so ertappte sie sich immer öfter dabei, dass sie am liebsten in Tränen ausgebrochen wäre, wenn man ihr wieder einmal zu verstehen gab, was man von ihr dachte.

4
    „Sie sind allein?“
    „Ja“, entgegnete Celiska mit einem gezwungenen Lächeln auf den Lippen. Er hatte sich zwar am Telefon nach ihrem Partner erkundigt, erinnerte sie sich schuldbewusst, doch war sie einer verbindlichen Aussage geschickt ausgewichen. Nein, gelogen hatte sie nicht. Aber sie hatte sofort abgelenkt, indem sie ihrerseits verschiedene Einzelheiten über die Wohnung wissen wollte, so dass er keine Gelegenheit mehr bekam, die Frage noch einmal zu stellen. Doch nun war sie sich nicht mehr so sicher, ob sie richtig gehandelt hatte, denn ihr

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