Hexenjagd
einfach nicht böse sein, dachte sie.
„Sie haben zwar einen elend langen Flur“, erklärte Herr Rosenbaum beim Rundgang durch die Räumlichkeiten, „aber dafür haben alle Räume Tageslicht. Auf der anderen Seite befinden sich dann die Kellerräume und der Hauswirtschaftsraum. Wenn Sie möchten, können Sie auch die Garage haben. Wir haben nämlich keine Verwendung mehr dafür. In unserem Alter fährt man lieber Bus oder Bahn – das ist erstens viel bequemer und außerdem für alle Beteiligten sicherer!“
„Danke, nein“, winkte die junge Frau lächelnd ab. „Aber vielleicht komme ich später einmal auf dieses Angebot zurück.“
Zwei Wochen später war es dann endgültig so weit. Celiska hatte die notwendigen Möbel zwar bestellt, doch nur die Kücheneinrichtung und ein paar andere Einzelteile waren bisher geliefert worden. Trotzdem wollte sie jetzt keinen Tag länger zögern, denn die gehässigen Ausbrüche der Mutter wurden immer ärger, so dass Celiska mittlerweile fast nur noch in ihrem Zimmer hockte, um ihr aus dem Wege zu gehen.
Viel war es nicht, was sie aus der Wohnung ihrer Mutter mitnahm – drei Kartons und zwei Koffer reichten aus, um ihre Habseligkeiten aufzunehmen. Doch das scherte sie nicht, da sie sich ohnehin eine ansehnliche Rücklage angespart hatte, mit der sie die notwendigen Dinge kaufen wollte.
Um nicht gänzlich ohne Abschied zu gehen, nahm sie den Wohnungsschlüssel zum Anlass, um die Mutter anzusprechen.
„Leg ihn auf die Kommode im Flur und verschwinde endlich“, schnappte die ältere Frau erbost. „Kannst es ja eh nicht erwarten wegzukommen. Also tu dir nur keinen Zwang an. Ist auch ganz gut, dass du gehst, verstehst du? Ist mir nämlich peinlich, dass ich mit einem Flittchen unter ein und demselben Dach wohne. Ja, da guckst du! Denkst du wirklich, ich wüsste nicht, was diese abendlichen Geschäftsessen in Wirklichkeit sind? Und jetzt nimmst du dir auch noch eine eigene Wohnung, damit ich ja nicht mehr mitbekomme, um welche Uhrzeit du nach Hause kommst, wenn überhaupt! Das ist nämlich der einzige Grund, der mir einleuchten will, warum du die Bequemlichkeit aufgibst, die ich dir bisher geboten habe. Um nichts hast du dich kümmern müssen, alles hab ich für dich erledigt. Und das ist jetzt der Dank dafür! Ach, verschwinde schon. Los, geh endlich!“
„Wie du willst.“ Celiska wandte sich ab, um die Tränen zu verbergen die sich unweigerlich aus ihren Augenwinkeln drängten. „Solltest du etwas brauchen, kannst du mich ja anrufen“, bot sie dennoch an, während sie zur Tür ging.
„Eher friert die Hölle zu, als dass ich dich um etwas bitte“, schickte ihr die Mutter hinterher und brachte sie mit diesem Worten endgültig zum Weinen.
*
„Frau Falquardt …“
„Ich weiß schon“, lachte sie. „Wie viel Uhr? Und wie viele Personen?“
Redehof Junior stand für einen Moment unschlüssig in der Verbindungstür, um dann zögernd näher zu kommen. Sein Gegenüber nicht aus dem Augen lassend, blieb er am Ende vor dem Schreibtisch seiner Sekretärin stehen.
„Acht Uhr“, begann er vorsichtig. „Für uns beide?“
Drauf und dran, ihre übliche Ablehnung zu formulieren, zögerte sie diesmal mit der Antwort, weil sie sich nicht mehr ganz sicher war, ob sie das Richtige tat. Warum eigentlich nicht, schoss es ihr mit einem Mal durch den Kopf. Er wollte doch nur mit ihr essen gehen. Was vergab sie sich denn, wenn sie einwilligte? Sie musste wirklich aufhören, so kleinkariert zu denken, schalt sie sich.
„Haben Sie besondere Wünsche?“, fragte sie mit belegter Stimme. „Ich meine – welche Art von Restaurant …“
„Suchen Sie etwas aus“, unterbrach er lächelnd.
„Wie wär’s mit dem Italiener gleich um die Ecke?“, schlug sie vor. Ein urig-gemütliches Lokal, erinnerte sie sich, welches nicht nur eine superbe Küche zu bieten hatte, sondern auch moderate Preise.
„Na ja“, erwiderte er zögernd. „Ein bisschen schicker kann’s schon sein.“
„Also doch das Theaterrestaurant.“ Obwohl sie enttäuscht war, ließ sie sich nichts anmerken. „Okay. Ich versuche pünktlich zu sein.“
Obwohl sie sich immerfort einredete, dass dieser Abend nicht anders war als all die anderen zuvor, hatte Celiska weiche Knie, während sie aus dem Taxi stieg und zum Eingang des Restaurants eilte. Nein, sie hatte keine Angst davor, mit ihrem Chef allein zu sein. Im Büro hockten sie ja auch ständig beieinander, ohne dass eine Anstandsdame nötig gewesen
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