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Hexenjagd

Hexenjagd

Titel: Hexenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katica Fischer
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eine Ohnmacht flüchtete, was ihm nur ein abfälliges Lächeln entlockte. Dass er dennoch von der holden Weiblichkeit umschwärmt wurde, verdankte er seiner hoch gewachsenen und ausgezeichnet proportionierten Statur, die ihm eine Aura von Macht verlieh, der sich kaum jemand entziehen konnte. Sein Gesicht wirkte immer kalt und abweisend, obwohl die dunkelblauen Augen einen eher melancholischen Ausdruck hatten. Hohe, scharf konturierte Wangenknochen und eine schmale gerade Nase überschatteten einen sinnlichen Mund, der jedoch stets verkniffen war und nur selten zu einem Lächeln bereit schien. Sein glänzendes pechschwarzes schulterlanges Haar wehte ganz gegen die derzeit vorherrschende Mode, die Spangen und Schleifen vorschrieb, offen im Wind und umspielte das herbe Gesicht in unbezähmbaren Locken.
    Vom Knarren der schweren Kammertür aufgeschreckt, blickte Celia zum Ausgang ihres Gemaches. Da es aber nur Venice war, ein blutjunges Mädchen, das erst kürzlich ins Herrenhaus geholt worden war, damit Nicholas eine zusätzliche Wahl erhielt, atmete Celia erleichtert auf.
    „Alles in Ordnung?“, fragte die Eintretende.
    Die Angesprochene rappelte sich mit einem schmerzlichen Lächeln auf, winkte die Freundin herein und setzte sich schließlich auf die kostbare Truhe, die am Fußende des Bettes stand.
    „Ist schon wieder gut“, sagte sie leise. „Ich habe nur mein Abendgebet verrichtet.“
    „Aber …“ Venice schluckte sichtlich. „Es ist doch erst Nachmittag! Willst du denn nicht mehr hinunterkommen? Es wird wieder ein kleines Fest geben. Du weißt doch, die Herrin macht sich jedes Mal einen Spaß daraus, für Victor ein besonderes Abendessen richten zu lassen, und wird sehr ungehalten werden, wenn du nicht erscheinst! Außerdem …“ Sie hielt jäh inne, denn Celia war unvermittelt umgesunken und schien zu schlafen. Da das aber unmöglich war – sie hatte doch eben noch zu ihrer Besucherin aufgesehen und etwas sagen wollen –, atmete Venice erschrocken ein. Sie stürzte zum Bett und packte die leblose Gestalt an den Schultern, um sie heftig zu schütteln. Weil sie damit jedoch keinerlei Erfolg erzielte, schaute sie sich voller Panik um, entdeckte am Ende den Wasserkrug neben dem kleinen Waschtisch und hastete durch den Raum. Sie ergriff das Gefäß, stolperte aber in ihrer Eile über den Saum ihres langen Kleides und ließ den Krug fallen. In allerletzter Sekunde konnte sie sich am Bettpfosten festhalten. Und so fiel das Behältnis mit einem lauten Knall auf den Steinboden, wo es in zahlreiche Scherben zerschellte.
    Celiska öffnete erschrocken die Augen, richtete sich benommen auf und horchte angestrengt. Irgendetwas hatte sie geweckt, das wusste sie nun mit Sicherheit. Aber was?
    „So ein verdammter Mist!“
    Die Männerstimme kam eindeutig aus der Richtung ihrer Terrasse – so wie die knirschenden Schritte auch. Was hatte das zu bedeuten?
    „Verflixt und zugenäht noch mal!“
    Herr Rosenbaum schien sich über etwas zu ärgern, registrierte Celiska, während sie aufstand und zu ihrem Wohnzimmer eilte. Doch kaum hatte sie die Tür geöffnet, blieb sie wie vom Donner gerührt stehen, denn das Bild der Verwüstung versetzte ihr zunächst einen leichten Schock. Ein dicker Ast ragte wie eine riesige Hand zu ihrem Wohnzimmerfenster herein. Scherben des eingedrückten Fensterglases und verschiedener Blumenübertöpfe verteilten sich über den hellen Teppich. Blumenerde und klägliche Reste einzelner Pflanzen lagen wild verstreut zwischen heruntergerissenen Fetzen der hauchzarten Gardinen. Allein der Anblick einer seltsam schief stehenden Leiter, die an den Stamm des Kirschbaums angelehnt war, ließ jäh eine heiße Sorge in ihr aufflammen.
    „Herr Rosenbaum“, rief sie besorgt und rannte zur Terrassentür, um sie aufzureißen. „Ist Ihnen was passiert?“
    „Nein.“ Der alte Mann hatte auf dem Gartenweg nach oben gehen wollen, kam nun aber wieder zurück. „Aber …“ Er schluckte krampfhaft. „Entschuldigen Sie. Ich hab Sie nicht stören wollen. Tut mir Leid, wenn ich Sie geweckt haben sollte.“
    Celiska blickte unwillkürlich auf die Wanduhr, die neben der Wohnzimmertür hing. Zehn Uhr, stellte sie verwundert fest. War aber noch erstaunlich hell. Dabei hatte sie doch bereits vor einer Stunde – also bevor sie sich hingelegt hatte, um ein wenig zu ruhen –, gemeint, den Abendstern am sich allmählich verdunkelnden Himmel zu sehen. Und die Sonne … Wieso strahlte die jetzt wieder? Und wieso

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