Hexenjagd
überfüllt.
„Wir werden warme Wickel machen müssen“, bestimmte Celia laut. „Und dann müsst Ihr auch sehr viel trinken. Außerdem gibt es zu Mittag nur ein wenig Sauerkraut.“ Sie bemerkte die angeekelte Miene der alten Dame und verkniff sich nur mit Mühe ein schadenfrohes Lachen. „Ihr könnt mir getrost vertrauen“, versicherte sie betont freundlich, „das fördert bestimmt einen Besuch auf dem Thron. Danach dürfte es Euch wesentlich besser gehen.“ Ohne eine Erwiderung abzuwarten, eilte sie davon, um sich im Küchentrakt heißes Wasser und saubere Tücher geben zu lassen.
Dass ihre Behandlungsmethode der Kranken gut tat, erkannte Celia nicht nur an den wohligen Seufzern, die wiederholt ausgestoßen wurden, während sie feuchtwarme Tücher auf den aufgedunsenen Bauch legte und die Decke darüber breitete. Dann wollte sie sich sogleich aus dem Raum entfernen, denn nun würden unweigerlich Geräusche entstehen, die zwar normal waren, für eine feine Lady jedoch äußerst peinlich werden konnten, falls ein anderer sie zu hören bekam.
Celia raffte gerade ihren Rock, um nicht über den Saum zu stolpern, als ihr Blick in den deckenhohen Spiegel fiel, der unmittelbar neben dem Bett ihrer Brotgeberin angebracht war. Die Schuhe! Sie hatte immer noch die einfachen Holzpantinen an den Füßen, wie sie sonst nur von den Bauern getragen wurden, erkannte sie voller Schrecken. Unverzeihlich! Wie konnte sie nur so nachlässig sein? Sie musste wahrhaftig froh sein, dass niemand auf ihre ungewöhnliche Fußbekleidung aufmerksam geworden war. Dem Himmel – sowie den Modeschöpfern des Königshauses natürlich – musste sie danken, weil der lange Rock ihres Gewandes alles, was darunter war, verbarg, da er buchstäblich den Boden fegte. Und ach, welch ein Glück, dass sie sich angewöhnt hatte, im Herrenhaus so leise wie nur möglich aufzutreten, damit ihr ja keine zusätzliche Aufmerksamkeit zuteilwurde. Mittlerweile vermochte sie sich beinahe lautlos zu bewegen, selbst wenn sie die kostbaren Lederschuhe trug, deren Sohlen mit Eisennägeln befestigt waren. Aber jetzt musste sie zusehen, dass sie die verräterischen Pantinen loswurde!
Schüssel und Tücher übergab sie Walter – der wie immer auf Befehle seiner Herrin wartend vor Lady Langleys Gemächern stand –, damit er die Utensilien wegbringe. Sodann wandte sie sich mit kontrollierter Haltung ab und steuerte die Treppe an, die zum Obergeschoss führte. Doch kaum war der Diener außer Sicht, da rannte sie wie von Furien gehetzt die Stufen hinauf, die Augen auf den Boden gerichtet, um ja nicht zu stolpern – und flog direkt in Victors Arme.
„Na, kleine Schönheit?“, grinste er frech. „Habt Ihr schon Eurem zukünftigen Gemahl gebeichtet?“
Celias Gesichtsfarbe glich der einer überreifen Tomate. Eine passende Antwort wollte ihr nicht einfallen, und sie stemmte sich mit aller Kraft gegen seinen Brustkorb, um Victor von sich zu stoßen, kam jedoch nicht gegen seine Kraft an.
„Oh“, tat er überrascht, während er sie noch ein wenig näher an sich heranzog. „Ihr habt Geheimnisse vor Nicholas! Wie ungebührlich für eine ehrbare Braut. Warum er wohl nichts erfahren soll?“ Sie zappelte nun so heftig, dass er sich gezwungen sah, sie loszulassen, jedoch nur äußerst widerwillig. Und weil sie sich daraufhin sofort in ausreichende Entfernung zu ihm brachte, verzog er die Lippen zu einem enttäuschten und zugleich geringschätzigen Lächeln. „Der arme Kerl“, tat er mitleidig. „Er hat es wohl nicht besser verdient. Wenn man so eine wilde kleine Braut hat, sollte man sie nicht unbeobachtet lassen. Könnte sein, dass sich ein anderer die Frucht pflückt, bevor er selbst dazu kommt, sie zu genießen.“
Celia hätte ihn am liebsten geschlagen, doch dazu hätte sie ihn berühren müssen.
„Ihr könnt von mir denken, was Ihr wollt“, stieß sie zornig hervor. „Es trifft mich nicht! Ich habe mir nichts vorzuwerfen!“ „Ach nein?“ Seine Miene drückte puren Unglauben aus. „Und was ist mit Eurem Diebstahl? Zählt das etwa nicht als Sünde? Aber, aber, schöne Miss Blackbird! Ihr werdet doch nicht vom Pfad der Tugend und Gottgläubigkeit abgewichen sein?“ Während er sprach, sah er die Farbe aus ihren Wangen weichen. Das tat ihm zwar Leid, weil es aufgrund seiner Unterstellung geschah. Doch es freute ihn auch, da sie damit zeigte, dass sie beileibe nicht so sorglos und unbedacht war, wie sie einen glauben machen wollte. „Vorsicht, kleine
Weitere Kostenlose Bücher