Hexenjagd
aussahen.
„Eigentlich wollte ich heute Abend meine Verlobung mit dir und meinem zukünftigen Ehemann feiern“, brachte sie endlich hervor. „Wenn du allerdings nicht bleiben willst, kann ich dich nicht aufhalten. Es täte mir aber sehr Leid, wenn du jetzt gingest.“
„Du willst heiraten?“, fragte die alte Frau überrascht. „Das ging aber schnell! Ist das nicht noch ein bisschen früh? Du bist doch noch so jung. Oder musst du?“
Celiska hätte am liebsten geweint, beherrschte sich jedoch eisern.
„Nein, Mutter“, erklärte sie mit belegter Stimme. „Ich muss nicht heiraten, ich will. Außerdem ist es weder zu schnell gegangen, noch bin ich zu jung dazu. Ich bin jetzt fast einundzwanzig Jahre alt. Und Nils kenne ich lange genug, um mir sicher zu sein, dass ich seine Frau werden will.“
„Ach?“, tat die alte Frau überrascht, „dann kanntet ihr euch also schon, als du noch zu Hause gewohnt hast? Warum hast du denn nicht gleich gesagt, dass du mit ihm zusammenleben willst, statt mir ein Märchen zu erzählen? Deine Begründung, warum du unbedingt ausziehen wolltest, habe ich sowieso nicht geglaubt.“
„Mutter! Ich wohne allein hier!“ Celiska rang um Fassung. „Als ich noch zu Hause gewohnt hab, war Nils nur mein Chef, mehr nicht! Willst du mich nicht verstehen? Er hat mich erst letzte Woche gefragt, ob ich seine Frau werde. Von einem Zusammenleben vor der Ehe war nie die Rede.“
„Dein Chef? Also hab ich doch Recht gehabt.“ Ein herablassendes Grinsen auf den Lippen, straffte die alte Frau ihre Schultern. „Nein“, blockte sie die Erwiderung der Tochter mit einer herrischen Handbewegung ab. „Du brauchst mir gar nichts zu erklären. Ich weiß schon Bescheid. Aber wenn du gedacht hast, dass ich dein Verhalten vergesse und verzeihe, nur weil ihr eure Affäre jetzt durch einen Trauschein legalisieren wollt, dann hast du dich geschnitten. Ich lege keinen Wert darauf, diesen unverschämten Kerl näher kennen zu lernen, der weder gute Manieren noch Anstand besitzt. Und ich will auch nicht behaupten, dass ich mich für dich freue, denn das wäre nicht ehrlich gemeint. Nur eines möchte ich doch noch loswerden: Du heiratest in ein vermögendes Haus ein, was du ja sicherlich von vornherein beabsichtigt hast. Aber nimm dich in Acht! Sie haben selten mehr als Geld und Ansehen zu geben. Herzenswärme oder gar einen guten Charakter wirst du unter diesen Leuten nicht finden. Wenn du damit zufrieden bist, wünsche ich dir Glück.“ Dann ging sie.
Celiska blieb tief betroffen zurück und kämpfte mit aller Macht gegen die Tränen an, die ihren Blick immer mehr trübten. Es gelang ihr tatsächlich, ihre Beherrschung so lange zu wahren, bis das Menü fertig war. Als jedoch Nils ein paar Minuten später eintraf, sie zur Begrüßung an sich zog und ausgiebig küsste, verlor sie endgültig die Fassung.
„Aber … was ist denn nur los?“, wollte er wissen.
„Meine Mutter“, schluchzte sie. „Sie wollte nicht mit uns feiern.“ Mehr wollte, nein, mehr durfte sie nicht sagen, wenn sie nicht anschließend in Erklärungsnot geraten wollte. Außerdem war die Bloßstellung der eigenen Mutter genauso inakzeptabel wie der Wunsch, ihr Wort zurückzufordern und damit alle gemeinsamen Zukunftspläne zunichte zu machen. Schließlich liebte Nils sie! Und wenn sie ihn von sich stieß, würde sie ganz und gar auf sich allein gestellt sein. Sicher, da war immer noch Verena. Aber Freundschaft ersetzte nun einmal keine Partnerschaft oder vertrauensvolle Beziehung – geschweige denn Liebe.
Erschreckt durch den letzten Gedanken, schob Celiska gewaltsam all ihre Zweifel von sich und schmiegte sich noch enger an ihren Verlobten. Sich auf die Zehenspitzen erhebend, bot sie ihm ihren Mund zum Kuss und zwang sich gleichzeitig, nicht vor ihm und seinem erregten Körper zurückzuschrecken. Sie schlang die Arme um seinen Nacken, ließ sich halten und empfand in diesem Augenblick sein Begehren als tröstlich. Allein aus diesem Grund entschied sie, dass sie nun lange genug gezögert und ihn hingehalten habe.
Als Nils sie hochhob, um sie in ihr Schlafzimmer zu tragen, wusste Celiska genau, was nun folgen würde. Dennoch meinte sie, einen unwirklichen Traum zu erleben, während er zunächst sie und dann sich selbst entkleidete. Ihr Körper reagierte zwar auf den Mann, wenn auch sehr verhalten. Aber in der Tiefe ihres Herzens spürte sie eine stetig anwachsende Unsicherheit. Als stünde sie neben sich, sah sie sich plötzlich
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