Hexenkessel
gemietet. Schön, daß Sie bereits an Ort und Stelle sind. Ich erwarte Sie dann Punkt acht Uhr abends! Ist Maurice eigentlich heil nach Hause gekommen?« erkundigte er sich dann scheinbar ohne großes Interesse.
»Ich denke schon«, versicherte Tweed ihm.
»Tun Sie nichts, was ich nicht auch tun würde«, sagte Grenville ziemlich unvermittelt mit einem breiten Lächeln in Paulas Richtung. »Womit Sie sozusagen Narrenfreiheit hätten …«
Tweed saß in seiner eigenen Suite, die Brauen nachdenklich zusammengezogen, während Paula rasch seine Sachen auspackte und dann darauf bestand, ihm zu zeigen, wo sie alles untergebracht hatte. Er wollte sich gerade bei ihr bedanken, als das Telefon klingelte. Paula hob rein gewohnheitsmäßig den Hörer ab.
»Könnten Sie das bitte noch einmal wiederholen?« bat sie. »Gut, ich werde sehen, ob Mr. Tweed zu erreichen ist. Danke.«
Sie drehte sich zu Tweed um und legte eine Hand über den Hörer, während sie sprach.
»Es ist diese Reibeisenstimme. Monica hat mir davon erzählt.«
»Ich nehme den Anruf entgegen.«
Tweed, der mit einemmal wieder frisch und lebhaft wirkte, nahm ihr den Hörer aus der Hand, nannte seinen Namen und hörte mehrere Minuten schweigend zu. Als er zum erstenmal das Wort ergriff, geschah das nur, um das Gespräch zu beenden.
»Danke. Ich bin Ihnen für diese Informationen wirklich sehr dankbar.«
»Das war also dieser mysteriöse Waltz«, bemerkte Paula. »Monica hat mich zum Schweigen verpflichtet, als ich einmal alleine im Büro am Park Crescent war und einen Anruf von ihm entgegennahm. Er weigerte sich, mit mir zu sprechen, und ich sagte ihm, dann müsse er sich wohl verwählt haben. Später klärte mich Monica über ihn auf. Sie hat ihn ›Reibeisenstimme‹ getauft, weil er sich anhört wie ein Kettenraucher.«
»Schon möglich.« Tweed zögerte. »Man hat mich soeben gewarnt, daß mir die Zeit davonläuft. An welchem Projekt VB auch immer arbeiten mag, es ist bald abgeschlossen. Wir könnten eventuell zu spät gekommen sein.«
Paula rief den Zimmerservice an und bestellte Kaffee. Sie merkte, daß Tweed zutiefst besorgt war, was ihm gar nicht ähnlich sah. Als der Kaffee gebracht wurde, schenkte sie zwei Tassen voll und setzte sich neben ihn.
»Woher wissen Sie, daß Maurice so sicher nach Hause gekommen ist, wie Sie es Grenville gegenüber behauptet haben?« fragte sie dann.
»Butler und Nield kamen kurz nach uns hier an. Sie wohnen über uns, in zwei kleineren Zimmern. Ich sah, wie Harry mir mit hochgerecktem Daumen ein Zeichen gab. Das bedeutete, daß er seinen betrunkenen Fahrgast heil abgeliefert hat.«
»Falls Maurice wirklich betrunken war.«
»Wie kommen Sie denn darauf?«
»Mir kam es so vor, als würde er lediglich Theater spielen. Vielleicht wegen Grenville.«
»Ein interessanter Gedanke.«
»Ach, kommen Sie schon. Was halten Sie von Grenville - und von Maurice?«
»Ich glaube, daß Grenville sich ganz bewußt als Karikatur eines steifen, konservativen ehemaligen Soldaten präsentiert. Vielleicht will er auf diese Weise im Anglo-Pacific-Club Eindruck schinden.«
»Also sind sie beide nicht das, was sie zu sein scheinen? Weder Grenville noch Maurice?«
»Niemand hier ist das, was er zu sein vorgibt. Dasselbe gilt auch für Cornwall.«
»Und was ist mit Vanity Richmond?«
»Oberflächlich betrachtet scheint sie hart für ihr Geld zu arbeiten. Sie gibt viel für teure Kleider aus, und sie scheint eine Schwäche für Newman zu haben. Mehr kann ich auch nicht über sie sagen.«
»Oberflächlich betrachtet«, wiederholte Paula gedankenvoll. »Sie scheint … sie scheint. Es klingt immer ziemlich zweifelnd, wenn Sie über sie sprechen. Woher wollen Sie wissen, daß sie hart für ihr Geld arbeitet?«
»Weil ich von der Terrasse aus Ihr Gespräch mitbekommen habe. Es gehört zu meinem Beruf, Daten über alle möglichen Verdächtigen zusammenzutragen.«
»Und Ihnen erscheint jeder verdächtig?« bohrte Paula weiter.
»Jeder ist so lange schuldig, bis seine Unschuld bewiesen wird. Denken Sie doch an diese Liste mit Verdächtigen, die Sie oben auf dem Aktenschrank in Linda Standishs Apartment gefunden haben. Moloch stand darauf, Joel Brand, Luis Martinez, Byron Landis und Vanity Richmond. Von Alvarez erfuhr ich, daß Martinez der Leiter der Wachmannschaft von Black Ridge ist.«
»Aber Grenville und Maurice tauchen auf dieser Liste überhaupt nicht auf.«
»Das hat mich auch schon stutzig gemacht.«
»Was soll das
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