Hexenkessel
ihres Pullis und traf auf den feinmaschigen Metallkragen, den Alvarez ihr auf Tweeds Bitte hin besorgt hatte. Trotzdem schnürte der Druck ihr allmählich die Luft ab. Sie riß den Browning aus der Tasche, die ihr immer noch von der Schulter baumelte, und feuerte blindlings über ihre rechte Schulter nach hinten. Die Kugel verfehlte die maskierte Gestalt zwar, aber der Druck auf ihre Kehle ließ nach, und die Garotte fiel zu Boden.
Der Attentäter sprang zurück, packte ihren Stuhl und kippte ihn mit Wucht zur Seite. Paula fing den Aufprall mit der Schulter ab. Sie hielt ihre Waffe noch immer in der Hand, doch schon hörte sie hastige Schritte, die sich in Richtung der Wohnungstür entfernten.
Sie zwang sich, aufzustehen und mehrfach tief durchzuatmen, um den Schock zu überwinden, dann rannte sie mit vorgehaltener Waffe zur Tür und die Treppe hinunter. Ihr Angreifer war verschwunden. Sie lief weiter bis zum Ausgang des Hofs, verbarg dann aber die Waffe rasch hinter dem Rücken, als sie sich einer ganzen Busladung von Touristen gegenübersah, die allem Anschein nach gerade erst ausgestiegen waren und nun über den Bürgersteig strömten. Energisch bahnte sie sich einen Weg durch die Menge und suchte mit den Blicken die Straße ab. Nichts zu sehen außer den üblichen Pärchen, die im Sonnenschein spazierengingen.
Während sie den Browning wieder in ihre Umhängetasche schob, rannte sie zur nächsten Ecke und blieb dort stehen, sich erneut nach allen Seiten umschauend. Noch mehr Pärchen, von denen viele stehenblieben, um die Schaufensterauslagen zu bewundern. Schweratmend wartete sie ab. Niemand schien den häßlichen Riß im Kragen ihres Pullovers zu bemerken. Dann entdeckte sie einen ihr wohlbekannten Mercedes, der sich ihr näherte. Sie trat an den Straßenrand und winkte ihn heran.
Tweed war bereits aus dem Wagen gesprungen, noch ehe dieser zum Stillstand kam. Ihm fiel der Riß sofort auf.
»Was ist passiert? Sind Sie in Ordnung?«
»Mir geht es gut. Kann ich einen Moment lang einsteigen?«
Ebenso wie Newman war auch Marler aus dem Wagen gestiegen. Tweed half Paula auf den Rücksitz und setzte sich neben sie. Er zog den zerrissenen Kragen herunter und öffnete vorsichtig den Seitenverschluß des Metallkragens, konnte jedoch nur schwache Quetschspuren erkennen, wo sich das Metall in ihre Haut gedrückt hatte. Wieder fragte er sie, wie sie sich fühle.
»Mir geht’s gut«, wiederholte sie, dann berichtete sie ihm, was vorgefallen war. »Der Hals tut mir etwas weh, aber abgesehen davon ist alles in Ordnung.«
Newman hatte inzwischen wieder seinen Platz hinter dem Steuer eingenommen. Marler setzte sich neben ihn. Tweeds Reaktion versetzte sie beide in Erstaunen.
»Fahren Sie mich zur nächstbesten Telefonzelle.«
»Begleiten Sie Paula bitte in das Restaurant dort drüben - Sie beide«, befahl er, als der Wagen vor der Telefonzelle gehalten hatte. »Sorgen Sie dafür, daß sie viel trinkt - aber keinen Alkohol.«
Er sprang aus dem Wagen und verschwand in der Zelle, wo er eine Nummer wählte, die er auf einer Liste neben dem Telefon auf Molochs Schreibtisch gesehen hatte. Die rauhe Stimme eines Wachmannes drang an sein Ohr.
»Ich muß umgehend mit Luis Martinez sprechen«, fauchte Tweed in den Hörer.
»Er ist nach Carmel gefahren, um sich mit jemanden zu treffen.«
»Dann geben Sie mir Byron Landis.«
»Der ist auch in Carmel, zum Lunch. Wer spricht denn dort?«
»Ein enger Freund von VB. Tun Sie, was ich Ihnen sage, sonst fliegen Sie. Verbinden Sie mich mit Joel Brand.«
»Joel ist heute morgen zur AMBECO geflogen.«
»Himmel, dann geben Sie mir eben Mr. Moloch persönlich!«
»Er ist nicht im Hause. Hören Sie mal, Freundchen …«
Der Wachmann sprach ins Leere. Tweed hatte eingehängt und sich auf den Weg zu den anderen im Restaurant gemacht. Jeder der vier Männer, nach denen er sich erkundigt hatte, kam für den Anschlag auf Paulas Leben als Täter in Frage. Als er sich ihr gegenübersetzte, staunte er, wie gelassen sie wirkte. Sie verspeiste genüßlich ein Omelett und trank dazu den starken amerikanischen Kaffee. Er wartete ab, bis sie sich mit ihrer Serviette den Mund abwischte.
»Wie fühlen Sie sich jetzt?«
»Ganz ausgezeichnet. Mir ist übrigens etwas aufgefallen. Als sich der Buchhalter - ich bin sicher, daß er es war, der mich zu töten versuchte - von hinten über mich beugte, da stieg mir ein schwacher Duft in die Nase. Es könnte sich um ein Parfüm gehandelt haben. Sie
Weitere Kostenlose Bücher