Hexenkessel
mehr wert als jeder Blaublütler, der mir einfällt«, entgegnete Newman mit einem schelmischen Grinsen.
»Dank Euch, edler Herr«, bedankte Paula sich scherzhaft.
»War mir ein Vergnügen, Prinzessin.«
»Spaß beiseite, Bob - glauben Sie, daß dieser Ausflug problemlos verlaufen wird?«
»Ich bezweifle es. Aus dem, was Sie mir von Ihren Erlebnissen in Monterey - und von dieser Frau, Vanity Richmond, die sich unbedingt mit Ihnen anfreunden wollte - erzählt haben, schließe ich, daß Moloch mehr über uns weiß, als mir lieb ist. Butler und Marler werden gut daran tun, die Augen offenzuhalten.«
»Ich habe mir die Karte, die Sie uns gezeigt haben, noch einmal angesehen, und dabei ist mir aufgefallen, daß Molochs Besitz in einem ziemlich abgelegenen Landstrich liegt. Ich bin sicher, dort herrscht so geringer Verkehr, daß jedes Auto sofort auffällt. Und unser Konvoi ist kaum zu übersehen.«
»Dann wollen wir mal sehen, wie der Schloßherr auf Besucher reagiert. Möglich, daß Moloch persönlich anwesend ist.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Während ich am Park Crescent meinen Koffer abholte, warnte mich Monica, daß VB in seinem Learjet von San Francisco nach Heathrow geflogen ist, dort aufgetankt hat und nach Newquay weitergeflogen ist. Von da aus ist es mit dem Auto nur noch ein Katzensprung bis zu diesem Örtchen Stithians.«
»Sieht aus, als könnte die Sache spannend werden. Zum Glück habe ich meinen Browning in meiner Umhängetasche.«
»Gut. Mein Rat lautet: Bereiten Sie sich auf ein Feuerwerk vor …«
Die Fahrt führte sie durch eine karge Landschaft über eine Kreuzung und dann eine Nebenstraße entlang, die mit einem Wegweiser mit der Aufschrift Stithians gekennzeichnet war. Diese schmalen, von hohen Farnstauden und Stechginsterhecken gesäumten Sträßchen waren typisch für Cornwall. Vom Kamm eines kleinen Berges aus bot sich ihnen ein herrlicher Panoramablick über das weitflächige, hügelige Land mit seinem spärlichen Baumbewuchs. Weit in der Ferne hoben sich hohe Bergketten schroff von dem azurblauen Himmel ab. Die Sonne schickte gleißende Strahlen zur Erde hinab, so daß die Temperatur im Wageninneren trotz der heruntergekurbelten Fenster der eines Backofens glich.
»Langsam wird es ein bißchen warm und stickig«, bemerkt Paula.
»Ein bißchen!« stöhnte Newman entnervt. »Es ist glühendheiß wie in den Tropen. Mein Hemd klebt mir ja schon am Rücken.«
Die schmale Straße wand und schlängelte sich durch das Land, während Paula sich dazu zwang, sich auf die aufgeschlagene Karte auf ihrem Schoß zu konzentrieren. Sie gelangten auf eine der Hauptstraßen, folgten ihr kurze Zeit und bogen dann auf eine noch schmalere Nebenstraße ab, die wiederum mit einem Wegweiser nach Stithians ausgeschildert war. Paula holte tief Luft, als Newman den Wagen zwischen den sich immer enger um sie schließenden Büschen hindurchmanövrierte. Eine Weile später bogen sie erneut in eine ähnlich schmale Straße ab, wo ihnen ein Schild den Weg zum Stithians Dam wies.
»Ein Staudamm hier draußen?« wunderte sich Paula. »Das ist ungewöhnlich.«
»Dort, wo ich Mullion Towers vermute, gibt es ein Wasserreservoir«, erklärte Newman. »Also ist dort vermutlich auch ein Damm …«
Sie durchquerten das Dorf Stithians, das eigentlich nicht viel mehr als ein Weiler mit ein paar aus Granitstein erbauten schiefergedeckten Häusern war. Keine Menschenseele ließ sich blicken, und noch nicht einmal die wenigen weißgetünchten Häuschen zwischen den anderen heiterten die düstere Atmosphäre dieses Ortes auf. Als sie an einem ungepflegten Kinderspielplatz mit ein paar rostigen Schaukeln vorbeikamen, riß Paula ungläubig die Augen auf. »Welche Zukunft erwartet denn ein Kind, das hier aufwachsen muß?«
»Überhaupt keine. Hier gibt es keine Zukunft …«
Er verstummte, nahm Gas weg und fuhr langsam um die Ecke, wo sich unter ihnen ein langer, hoher Damm erstreckte. Dahinter glitzerte die stille Oberfläche des Wasserreservoirs. Newman stellte den Motor ab, stieg aus und zog sich widerwillig sein Jackett über, da er das Hüftholster mit seiner Smith & Wesson verdecken mußte. Er langte nach dem Fernglas, das auf dem Rücksitz lag, hängte es sich um den Hals und ging zum Damm hinunter.
Paula hielt sich an seiner Seite. Der Damm und die seltsame, nervenzermürbende Stille, die über diesem Ort lag, trugen nicht gerade dazu bei, ihre innere Anspannung zu mildern. Während der gesamten Fahrt war ihnen
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