Hexenkessel
werden wir alle nach Moss Landing aufbrechen. Wenn ich nur wüßte, was uns dort erwartet …«
Nachdem sie sich durch ein komplettes englisches Frühstück im Little Swiss Café hindurchgearbeitet und sich dann von Maurice verabschiedet hatte, fuhr Vanity über die Küstenstraße zurück nach Black Ridge. Einmal klopfte sie sich vorsichtig auf den Bauch. Sie hatte zwei Spiegeleier, den würzigen amerikanischen Frühstücksspeck und eine Portion Bratkartoffeln verspeist und alles mit starkem schwarzen Kaffee hinuntergespült.
Nun, dachte sie, vielleicht nehme ich ein paar Pfund zu, aber im Moment muß ich sehen, daß ich bei Kräften bleibe.
Am Eingang mußte sie die Sprechanlage nicht betätigen, um ihre Ankunft anzumelden, denn Brand hatte sie kommen sehen und die Tore bereits geöffnet. Er wartete auf der Terrasse auf sie, während sie ihren Wagen abstellte.
»VB will Sie sehen. Jetzt, auf der Stelle.«
»Sie meinen sofort?« erkundigte sie sich honigsüß und rauschte an ihm vorbei.
Er bedachte sie mit einem giftigen Blick, aber da war sie schon im Inneren des Gebäudes verschwunden. Moloch erwartete sie in seinem Büro. Er bot ihr einen Stuhl an und fragte, ob er Kaffee kommen lassen solle.
»Lieber nicht, er kommt mir schon zu den Ohren wieder raus. Ich dachte, Sie wollten mich dringend sprechen. Brand hat mir das auf seine übliche höfliche Art klargemacht.«
»Brand kennt die Bedeutung des Wortes Manieren nur vom Hörensagen. Vanity, es handelt sich um eine höchst vertrauliche Angelegenheit.«
Er hatte schon viele derartige Angelegenheiten mit ihr besprochen. Schon vor Jahren war er zu der Erkenntnis gelangt, daß die richtige Frau weitaus vertrauenswürdiger war als jeder Mann. Ein Mann in gehobener Position schielte immer mit einem Auge nach seinem, Molochs Job und war zu raffinierten Intrigen fähig, um ihn an sich zu reißen. Schon viele seiner engsten Mitarbeiter waren von heute auf morgen gefeuert worden, weil sie eine bestimmte Grenze überschritten hatten.
»Verstehe«, war alles, was Vanity erwiderte.
»Amerika ist kein Land, sondern ein Misthaufen. Wie ich Ihnen schon einmal erklärt habe, verfällt die Gesellschaft zusehends, Anstand und Moral gelten nichts mehr. Sowohl im Privatleben als auch in der Öffentlichkeit ist alles erlaubt. Ich habe genug von alledem. Deswegen habe ich auch alle meine Vermögenswerte in den Osten transferieren lassen.«
»Nicht nach Rußland, hoffe ich.«
»Natürlich nicht. Nein, nach Asien, in den Mittleren Osten, um genau zu sein. In der islamischen Welt gibt es immer noch einfache, bescheidene Menschen, die die Familie ehren und sich an einen einmal geschlossenen Vertrag auch halten. Ich möchte, daß Sie mich begleiten - in derselben Funktion, die Sie jetzt ausüben, aber mit einer ansehnlichen Gehaltserhöhung.«
»Das ist sehr großzügig von Ihnen.« Vanity zögerte. »Wann gedenken Sie denn, nach dem Mittleren Osten aufzubrechen?«
»Sie kennen mich doch.« Er lächelte. »Wenn ich einmal einen Entschluß gefaßt habe, dann setze ich ihn so rasch wie möglich in die Tat um. Ich kann von heute auf morgen meine Zelte hier abbrechen. Erster Zwischenstop ist England.«
»Darf ich die Sache überschlafen?« bat sie. »Auf mich wartet immerhin der neue Job in New York, und ich habe einen vorläufigen Vertrag unterschrieben.«
»Vorläufig?« Wieder lächelte Moloch. »Sie meinen, Sie haben sich noch gar nicht endgültig festgelegt?«
»So sieht die Lage aus.«
»Wenn die Leute Ärger machen, kaufe ich die Firma auf. Jeder ist käuflich.«
»Ich nicht.«
»Ich sprach nicht von Ihnen«, versicherte er ihr hastig. »Gemeint war Ihr potentieller neuer Arbeitgeber in New York. Wenn er eine Entschädigung verlangt, weil Sie Ihre Meinung geändert haben, dann werde ich ihn auszahlen.«
Vanity lächelte in sich hinein. Nichts und niemand konnte VB aufhalten, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Man kam sich dann vor, als stünde man mitten im Weg eines Tornados.
»Ich möchte trotzdem darüber schlafen«, beharrte sie.
»Tun Sie das. Ich verdreifache Ihr momentanes Gehalt.«
»Danke.« Sie erhob sich. »Und jetzt wartet noch ein ganzer Berg Arbeit auf mich …«
Während dieses Gespräch stattfand, marschierte Ethan in Joel Brands Büro. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, vorher anzuklopfen, was Brand in Rage brachte. Er stand auf dem Standpunkt, daß jeder, der sein Büro betreten wollte - mit Ausnahme von VB - vorher
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