Hexenkessel
hineingehen. Wenn ich Roy entdecke, möchte ich sofort mit ihm reden.«
Buchanan war immer noch bei der Befragung Bob Newmans. Sie saßen jetzt auf der Couch in einem der Salons, den Buchanan zuvor hatte räumen lassen. Die anderen Gäste drängten sich in dem anderen Salon und schienen sich samt und sonders über ihre mißliche Lage zu ärgern. Man hatte zusätzliche Stühle in den kleinen Raum geschafft, und Buchanans Assistent, Sergeant Warden, stand an der Tür Wache. Buchanan blickte auf, als Tweed und Paula auf ihn zukamen.
»Lange nicht gesehen«, begrüßte Tweed ihn fröhlich. »Wollen Sie hier die gute Landluft genießen?«
»Wohl kaum.« Ein düsterer Ausdruck trat auf Buchanans langes, schmales Gesicht. Er wandte sich wieder an Newman. »Das ist vorerst alles. Vermutlich muß ich später noch einmal mit Ihnen sprechen. Sie können jetzt gehen.«
»Ich bleibe hier«, erklärte Newman fest.
»Die Angelegenheit ist ernst, Mr. Newman. Ich möchte mich jetzt mit Tweed und Miss Grey unterhalten.«
»Liegt irgend etwas gegen mich vor?« erkundigte sich Newman.
»Natürlich nicht.«
»Dann bin ich ein freier Mensch und kann mich aufhalten, wo ich will. Zum Beispiel hier.«
Buchanan seufzte gottergeben. Tweed brachte zwei Stühle, einen für Paula, einen für sich selbst, und stellte sie neben die Couch, auf der die beiden Männer saßen. Sie nahmen Platz, und Buchanan ergriff das Wort. Er sprach betont leise, um zu vermeiden, daß die Leute im anderen Salon das Gespräch mit anhören konnten.
»Kennen Sie einen Mann namens Adrian Penkastle?«
»Wer soll das sein?« fragte Tweed zurück.
»Ein alleinstehender Mann, der in einem kleinen Haus in Porth Navas lebte, direkt am Fluß.«
»Was hat er denn ausgefressen?« wollte Tweed wissen.
»Er hat sich heute früh am Abend in seinem eigenen Haus ermorden lassen. Das ist zumindest laut Ansicht des Arztes, der den Leichnam untersucht hat, die ungefähre Todeszeit. Ein Pathologe aus London ist schon auf dem Weg hierher. Die genaue Todeszeit erfahren wir nach der Obduktion, die in Truro durchgeführt wird.«
»Fahren Sie nur fort.«
»Tweed, Sie brauchen gar nicht zu leugnen, daß Sie den Mann kannten. Ein Zeuge hat uns eine Frau beschrieben, die sich auf der anderen Seite des Flusses mitten auf der Straße mit Penkastle … nun, sagen wir, sehr angeregt unterhalten hat. Die Beschreibung paßt genau auf Miss Grey …«
»Ich habe in Porth Navas einen kleinen, korpulenten Mann getroffen, der allem Anschein nach schwer betrunken war«, unterbrach Paula. »Ich wollte ihn zur Vernunft bringen, weil ich Angst hatte, er könnte in seinem Zustand in den Fluß fallen. Tweed hat ihn allerdings nicht zu Gesicht bekommen«, fügte sie hastig hinzu, »und ich habe ihn auch zum erstenmal gesehen.«
»Wie betrunken war er?«
»Er war ziemlich hinüber.«
»Da haben Sie ja nach alter Pfadfinderregel Ihre gute Tat des Tages vollbracht«, bemerkte Buchanan ironisch.
»Das reicht jetzt, Roy«, schaltete sich Tweed ein. »Sarkasmus ist hier nicht angebracht. Wenn Sie sich weiter mit Paula unterhalten wollen, dann achten Sie bitte auf Ihre Manieren.«
Der Rüffel bewirkte, daß Buchanan das Blut ins Gesicht schoß. Tweed hatte ihn mit voller Absicht provoziert und beobachtete nun genüßlich, wie der Chefinspektor um Beherrschung rang, dann beschloß er, das Gespräch in andere Bahnen zu lenken.
»Können Sie uns verraten, auf welche Weise Adrian Penkastle ermordet wurde?«
»Da waren Profis am Werk«, erwiderte Buchanan nach einer kurzen Pause. »Er wurde direkt ins Herz gestochen, vermutlich mit einem stilettähnlichen Gegenstand, einem langen Messer vielleicht. Zum Zeitpunkt seines Todes stand er unter starkem Alkoholeinfluß. Der Raum stank wie eine Whiskybrennerei.«
Newman, der immer noch neben Buchanan saß, verschränkte die Arme - seine einzige Reaktion auf eine Erinnerung, die ihn durchzuckte; die Erinnerung an den Messerstecher bei Mullion Towers, dessen Hand er mit seiner Zigarette versengt hatte. Auch er war mit einem Stilett bewaffnet gewesen.
»Kommen Sie, gehen wir in den Speisesaal, da spricht es sich leichter. Er ist jetzt leer«, schlug Buchanan vor.
Er stand auf, wechselte ein paar Worte mit Sergeant Warden und ging dann in den Speisesaal zu einem Tisch, der nicht zu nahe am Fenster stand. Die kleine Gruppe setzte sich. Buchanan wirkte ein wenig aufgeschlossener, als er seine langen Beine unter dem Tisch ausstreckte und übereinanderlegte.
Weitere Kostenlose Bücher