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Hexenkessel

Hexenkessel

Titel: Hexenkessel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Wagen springt nicht an.«
    »Aber natürlich«, antwortete sie nach kurzem Zögern.
    »Er will ja bloß Benzin sparen«, dröhnte Joels Stimme durch die Halle.
    Linda blickte über ihre Schulter. Brand stand in einiger Entfernung hinter ihnen und hatte ganz offensichtlich jedes Wort mitbekommen.
    »Sie müssen nicht immer von sich auf andere schließen, Joel«, witzelte sie.
    Brand grinste und verschwand durch eine Tür. Linda verließ mit ihrem Begleiter das Haus, schloß ihren Wagen auf und bat Landis, auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen. Der Buchhalter hatte Brand seine Bemerkung offenbar übelgenommen, das konnte sie seinem maskenhaft starren Gesichtsausdruck entnehmen.
    Seine Laune besserte sich jedoch, als sie die Küstenstraße entlangfuhr und mit dem Geschick jahrelanger Fahrpraxis die Kurven schnitt; bald begann er, ein freundliches Gespräch mit ihr anzuknüpfen.
    »In dem Umschlag, den VB Ihnen gegeben hat, befinden sich zehntausend Dollar, genau zehn Prozent der Gesamtsumme, die Sie erhalten sollen, wenn Sie den Fall lösen. Muß schwierig für Sie sein, den Mörder der eigenen Schwestern zu suchen. Ich bin der Meinung, VB hätte Ihnen diesen Job nicht zumuten dürfen.«
    »Warum denn nicht, Mr. Landis?«
    »Nennen Sie mich Byron. Weil die emotionale Belastung viel zu groß ist. Aber lassen Sie uns von etwas anderem reden.«
    »Gerne.«
    »Wenn ich mich den ganzen Tag mit Zahlenkolonnen beschäftigt habe, brauche ich abends ein wenig Ablenkung. Manche Buchhalter behaupten ja, die Zahlen würden regelrecht zu ihnen sprechen. Zu mir haben sie leider noch nie etwas gesagt. Ich hab’ mir wohl den falschen Beruf ausgesucht, aber so geht es ja vielen Leuten. Doch die Bezahlung ist gut, also bleibe ich bei der Stange und beklage mich nicht.«
    »Sind Sie verheiratet?«
    »War ich mal. Sie ist mit einem Millionär durchgebrannt. Nicht nur des Geldes wegen, sondern auch weil er sie zum Lachen bringen konnte. Aber ich denke, das Geld war ihr auch nicht gerade unangenehm. Na, ich will nicht jammern. Sie verlangte eben mehr vom Leben, als ich ihr geben konnte. Menschen wie ich sind die geborenen Verlierer.«
    »Unsinn, Byron.«
    »Ein Siegertyp bin ich jedenfalls nicht, soviel steht fest.«
    »Sie stehen irgendwo in der Mitte«, tröstete sie ihn. »Und glauben Sie mir, das ist nicht das Schlechteste.«
    Den Rest der Fahrt unterhielten sie sich angeregt, und Byron brachte sie ein paarmal mit seinem trockenen Humor zum Lachen. Im Zentrum von Carmel ließ sie ihn aussteigen.
    »Amüsieren Sie sich gut, Byron!« rief sie ihm nach.
    »Ich gebe mir Mühe …«
     
    Linda fuhr um die Ecke, parkte dort ihr Auto und schloß es sorgfältig ab. Dann hastete sie zu dem Hof zurück, in dem Landis verschwunden war. Ehe sie ausstieg, hatte sie trotz der Dunkelheit eine Sonnenbrille aufgesetzt und ihre grüne Windjacke mit einer grauen vertauscht, die immer in ihrem Wagen lag.
    Die äußerliche Verwandlung war so verblüffend, daß niemand sie auf den ersten Blick wiedererkannt hätte. Der Hinterhof, der in einem der vielen labyrinthartigen Stadtteile Carmels lag, wurde nur von altmodischen Laternen beleuchtet. Linda ging langsam über das Kopfsteinpflaster und blickte zu den Apartments über den zu dieser Zeit geschlossenen Geschäften empor. Nirgendwo brannte Licht. Irritiert lief sie weiter, bis sie in eine schmale Gasse gelangte.
    Moderne Tanzmusik war zu hören, und aus einer halbgeöffneten Tür am Ende der Gasse flutete Licht. Ein flammendes Neonreklameschild verkündete, daß sie vor der Diskothek El Soro’s stand. Konnte Byron tatsächlich auf dem Weg in einen Tanzschuppen gewesen sein? fragte sie sich. Kurz entschlossen bezahlte sie das geforderte Eintrittsgeld, betrat das Lokal und wählte einen Tisch in der Ecke des Raumes, von dem aus sie das Geschehen unauffällig überblicken konnte. Neugierig schaute sie sich um. Überall saßen junge und ältere Pärchen, und nicht selten sah sie einen älteren Mann in Begleitung eines kaum dem Teenageralter entwachsenen Mädchens. Dann richtete sie den Blick auf die Tanzfläche und traute ihren Augen nicht.
    Byron tanzte mit einer attraktiven, vielleicht zwanzigjährigen jungen Frau. Fasziniert beobachtete Linda, wie elegant er sich bewegte. Als die Musik aussetzte, wechselte er rasch zu einem anderen Mädchen über. Linda winkte eine Kellnerin heran, bestellte ein Glas Wein und bezahlte sogleich. Viele Frauen im Saal trugen wie sie eine Sonnenbrille, daher fiel sie mit ihrer

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