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Hexenkessel

Hexenkessel

Titel: Hexenkessel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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provisorischen Tarnung nicht aus dem Rahmen.
    Sie sah zu, wie Byron häufig seine Partnerinnen wechselte. Er tanzte so gut, daß sich die Frauen förmlich um ihn rissen. Außerdem verfügte er über eine erstaunliche Ausdauer; er legte nicht ein einziges Mal eine Pause ein. Linda beobachtete ihn noch eine Weile, dann verließ sie das Lokal.
    Eilig lief sie zu ihrem Wagen zurück, fuhr um die Ecke und parkte so, daß sie das Ende der Gasse überblicken konnte. Es interessierte sie, ob Byron wohl eine Frau mit zu sich nach Hause nahm und zu welchem Typ sie gehören mochte. Während sie wartete, gönnte sie sich eine der wenigen Zigaretten, die sie pro Tag rauchte.
    Plötzlich hielt ein gelbes Taxi vor dem Lokal. Byron kam alleine heraus, stieg ein und machte es sich auf dem Rücksitz bequem. Linda hatte genug gesehen. Sie wendete und fuhr zu ihrem Apartment in der Junipero Street zurück. Während sie Pfannkuchen zum Abendessen zubereitete, versuchte sie, ihre durcheinanderwirbelnden Gedanken zu ordnen.
    Und ich habe gedacht, ich kenne diese Leute, grübelte sie. Aber jetzt Joel Brand mit seinem Lächeln und seiner Freundlichkeit - und dann Byron Landis, dieser staubtrokkene Buchhalter, der sich als leidenschaftlicher Tänzer entpuppte. Im Grunde genommen weiß ich überhaupt nichts von ihnen …
     
    Am Abend des darauffolgenden Tages saß Linda Standish an ihrem Schreibtisch und brütete über ihrer Einkommenssteuererklärung. Sie haßte den Kampf mit den unzähligen Formularen, aber irgendwann mußte die Arbeit ja getan werden. Doch als ihr allmählich die Zahlen vor den Augen verschwammen, beschloß sie, einen Augenblick ins Freie zu gehen und frische Luft zu schnappen.
    Sie wanderte langsam durch die dunklen, verlassenen Straßen, als plötzlich ein grauer Audi neben ihr hielt. Hinter dem Steuer saß Vanity Richmond.
    »Hi!« rief sie fröhlich. »Wie kommen Sie denn mit Ihrer entsetzlichen Arbeit voran?«
    »Entsetzlich ist genau das richtige Wort.« Sie wußte, daß Vanity sich auf die Jagd nach dem Mörder ihrer Schwestern bezogen hatte, aber darüber mochte sie im Moment nicht reden. »Das Finanzamt sitzt mir im Nacken«, erklärte sie, als Vanity ausstieg, um ein Weilchen mit ihr zu plaudern. »Muß unbedingt meine Einkommenssteuererklärung einreichen. Ich hab’ Sie übrigens lange nicht mehr gesehen.«
    »Ich bin gerade erst aus London zurückgekommen und nun auf dem Weg zurück ins Gefängnis und in die Tretmühle.«
    »Gefängnis?« wunderte sich Linda.
    »So nenne ich Black Ridge immer. Liegt an der Atmosphäre, die dort herrscht.«
    »Und die Tretmühle?«
    »Da bin ich vielleicht ein bißchen zu weit gegangen.« Vanity lachte und strich sich mit einer Hand ihre rote Mähne zurück. »Aber VB arbeitet eben unaufhörlich - wie ein Hamster in seinem Tretrad. Nicht, daß ich seine unerschöpfliche Energie nicht bewundere. Jetzt muß ich aber weiter. Wie wär’s, wenn wir mal zusammen essen gehen? Ich werde Sie anrufen.«
    Sie stieg wieder in den Audi und brauste davon. Trotz der Strapazen eines Langstreckenfluges hatte sie ausgesprochen munter gewirkt. Linda seufzte, entschied, daß der Spaziergang lange genug gedauert hatte und kehrte in ihr Apartment zurück.
    Eine halbe Stunde später, als sie sich wieder in ihre Formulare vertieft hatte, öffnete sich auf einmal ihre Wohnungstür. Sie blickte hoch und lächelte überrascht, als sie den Besucher erkannte.
    »Hallo«, sagte sie. »Dort in der Kanne ist frisch aufgebrühter Kaffee. Nehmen Sie sich ruhig eine Tasse, ich bin gleich soweit.«
    Der Besucher trat zum Herd, dann drehte er sich plötzlich um, schlich hinter Linda, zückte einen kantig geschliffenen, an beiden Enden mit Holzgriffen versehenen Draht und schlang ihn ihr um den Hals. Linda blieb keine Zeit mehr, um Hilfe zu rufen. Sie stieß ein ersticktes Gurgeln aus, als ihr Mörder den Draht fester und immer fester zuzog, dann kippte sie langsam nach vorne und blieb in einer Blutlache auf ihrem Schreibtisch liegen.

17.
    In Kalifornien war es zehn Uhr abends, in London bereits sechs Uhr am nächsten Morgen. Tweed war schon aufgestanden, hatte das Feldbett zur Seite geschoben, auf dem er die Nacht in seinem Büro verbracht hatte, und war geduscht, rasiert und vollständig angekleidet, als Monica eintraf. Sie warf dem Feldbett, das Tweed gerade zusammenklappte, um es wieder im Schrank zu verstauen, einen vielsagenden Blick zu.
    »Also kommt langsam Bewegung in die Sache«, bemerkte sie.
    Paula

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