Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)
Goldschimmer in den Augen, der sich bei Freude noch verstärkt. Mein kleiner Bruder allerdings kaum. Leider."
Darauf neckte er sie: "Weil du ihm alles weggenommen hast, da war für ihn dann nichts mehr übrig. Aber im Ernst, Lukas, du hast die faszinierendsten Bellesigna-Augen, die ich je gesehen habe, pures Gold. Si, dieser Goldblick ist unser Erkennungszeichen."
"Du hast ihn ebenfalls, besonders wenn du malst, dich freust oder dich begeisterst."
"Dann ist er heute besonders ausgeprägt", strahlte er, "denn heute Abend freue ich mich wie selten, nämlich darüber, dass du hier bei mir sitzt. Sag schon, jetzt sind meine Augen hellgolden, stimmt's?"
"Si, Maes . . , Leonardo, ich bin förmlich geblendet."
"Ahh, tut das gut!"
Sie lachten beide - er war umwerfend charmant.
Dann wurde er jedoch ernster und erkundigte sich, ob ihr auch bekannt sei, dass den Bellesigni ein verderblicher Makel anhaften soll.
"Ein verderblicher Makel", wiederholte Lucia nachdenklich. "Ich erinnere mich nur an derartige Beschimpfungen von einem Außenstehenden. Aber Genaues weiß ich nicht. Um welchen Makel handelt es sich denn?"
Leonardo überlegte kurz und wehrte dann ab: "No, wenn dich bisher noch niemand darüber aufgeklärt hat, werde auch ich es nicht tun. Ist ohnedies nicht wissenswert."
Langsam lehnte er sich in seinem Sessel zurück und betrachtete versonnen seine Hände. Doch nicht lang, und er regte Lucia neuerlich zum Reden an: "Und jetzt, Bellesigna mio, erzählst du mir, was dich die letzten Tage so bedrückt hat, ich warte nun lange genug darauf."
"Ich, bene, ich versuche es."
Waren es Leonardos Liebenswürdigkeiten oder ihre Gefühle zu ihm, die ihre Zunge gelöst hatten? Was auch immer, sie berichtete ihm ungehemmt von ihrer Familie und dem Bellwill-Erbe, ohne dabei Verräterisches aufzudecken. Dann beklagte sie sich über Alphonses bestimmendes Verhalten ihr gegenüber und dass er morgen eine entscheidende Unterschrift von ihr erwarte, die sie nicht zu leisten gewillt sei.
Leonardo hörte ihr aufmerksam zu, unterbrach sie mit keinem Wort, bekundete lediglich mit Mimik Entrüstung oder Zustimmung. Und während ihres Erzählens bogen sich ihre Probleme von alleine weitgehend zurecht. Wobei ihr aufging, wie selbstlos sich Alphonse stets für sie eingesetzt hatte, und unter welchem Zeitdruck er diesmal alles für sie regelte. Auch zeigte sich ihr, dass sie es ihrem Großvater schuldig war, sich ihres Erbes nicht leichtfertig berauben zu lassen, schließlich habe er sein Testament nicht grundlos zu ihrem Gunsten geändert.
So sah sie am Ende ihres Berichtes ihre momentane Situation in einem bedeutend helleren Licht.
Leonardo wartete noch etwas, ehe er bemerkte: "Jetzt geht es dir besser, sieht man dir an, mein Lieber. In diesem Zustand wirst du bis morgen sicher die richtige Entscheidung gefunden haben."
"Bin bereits auf dem Weg dazu."
"Das freut mich", lächelte er, "freut mich sehr. Weißt du, was ich so an dir bewundere? Deine lebendige, kraftvolle Seele."
"Ich soll eine . . ?"
"Si, Lukas, una Signa intensa."
Also nicht eine zarte, sondern eine kraftvolle Seele sah er in ihr, nahm Lucia beglückt zur Kenntnis, wobei er für Seele das bedeutungsvolle südfranzösische Wort Signa gewählt hatte.
Sie unterhielten sich noch ein wenig, wobei Leonardo so liebenswürdig wurde wie eingangs, bis Lucia es an der Zeit fand, sich zu verabschieden.
"Och, schon jetzt?", bedauerte er, erhob sich aber mit ihr und nahm einen Kerzenhalter zur Hand, um ihr den Weg hinüber zu ihrer Wohnung auszuleuchten.
Im nächsten Moment stellte er ihn jedoch wieder beiseite, schaute sie tief an, und dann schloss er sie in die Arme. Sie hatte sich auf Anhieb versteift, doch gleich drauf nachgegeben, und nun drängte es sie, ihren Kopf an seine Schulter zu lehnen. Als ahne er ihren Wunsch, umfasste er mit beiden Händen ihren Kopf, drückte ihn an sich und streichelte ihr Haar. Lucia durchströmte ein nie gekannter Schauer, zum ersten Mal fühlte sie die Zärtlichkeit eines Mannes, wobei ihr Leonardos heftiger Herzschlag auffiel. Doch plötzlich, als habe er sich erschreckt, löste er die Umarmung und trat einen Schritt von ihr zurück. Sie sah ihn verunsichert an, er aber blickte schwer atmend zur Seite und brachte hervor: "Das eben . . , das . ,"
Mitten im Satz stockte er, griff nach dem Kerzenhalter und führte sie dann wortlos hinüber zu ihrer Wohnung.
Er leuchtete ihr noch hinein, damit sie Licht anzünden konnte, und als sie mit einer brennenden Lampe
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