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Hexenkuss

Hexenkuss

Titel: Hexenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Viguié , Nancy Holder
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morden auf Euer Geheiß
    In der Nacht und schmausen am Morgen
    O Herrin, führt uns in dieser Nacht
    Auf dass uns der letzte Schlag gelinge
    Finster und stark ist unser Wille
    Für Haus und Zirkel der Cahors zu siegen
    San Francisco, Kalifornien
    Es war Barbaras Entscheidung gewesen, zwei Begräbnisse abzuhalten - eines für ihre Tochter am Mittwoch und eines für Hollys Eltern am Tag darauf. Barbara war ebenfalls Notärztin und kannte sich daher mit starken Beruhigungsmitteln aus. Nur dank dieser Tranquilizer hatte Holly die Qual von Tinas Beerdigung durchgestanden. Heute wurde ihre Wirkung noch härter auf die Probe gestellt.
    Sie standen auf dem frischen Gras neben den Gräbern ihrer Eltern im Our Lady Of Sorrows Memorial Park. Barbara trug dasselbe schwarze, langärmlige Wollkleid wie bei der Beerdigung ihrer Tochter und Holly denselben schwarzen Stretchrock mit schwarzer Bluse und Stiefeln. Die meisten Trauergäste trugen Schwarz oder Dunkelblau. Elises und Daniels Kollegen standen mit ernsten Mienen hinter dem Geistlichen und den Stuhlreihen. Ihre engeren Freunde kauerten auf den grauen Klappstühlen, mit vom Weinen verquollenen Augen. Da war die Yogalehrerin ihrer Mutter; dort die Golf-Freunde ihres Vaters. Hollys Klassenkameradinnen und ihre Freundinnen aus dem Pferdestall waren ebenfalls gekommen, aber während des Gottesdienstes und jetzt an den Gräbern konnte sie nichts weiter tun, als ihre Anwesenheit mit starrem Blick zur Kenntnis zu nehmen.
    Zwei Mahagonisärge standen über den offenen, rechteckigen Gruben, beide gleich hoch mit Blumen überhäuft.
    Die Körper meiner Eltern liegen da drin, dachte sie und versuchte, die Bilder auszublenden, die sich ihr aufdrängten. Das lebhafteste war das albtraumhafte Gesicht ihres Vaters, das sie im Krankenhaus geweckt hatte. Sie erschauerte, ihr war übel, sie wünschte, die Beerdigung wäre endlich vorbei, und wollte doch nicht, dass sie je vorüberging. Die Zeit sollte stehen bleiben, damit sie einfach hier sein konnte und nicht ohne sie würde weitermachen müssen. Ihre Mom. Ihr Dad. Dieser Teil ist der echte Albtraum. Ich werde bald daraus aufwachen. Ganz bestimmt.
    Ein alter Pastor mit schmalem, runzligem Gesicht, den Holly nicht kannte, redete und redete über Asche und Staub, bis sie ihn am liebsten angeschrien hätte, damit er den Mund hielt. Tränen liefen ihr über die Wangen, und sie schluchzte erstickt, als Barbara fest ihre rechte Hand drückte.
    Ihre neu entdeckte Tante und ein Mann, der den Gottesdienst verpasst hatte und ihr schlicht als Michael vorgestellt worden war, stand neben Marie-Claire, einen Arm um ihre Taille gelegt. Holly nahm an, dass er der Mann ihrer Tante sei, aber das hatte niemand gesagt. Er sah sehr gut aus. Seine Klamotten waren teuer. Solche Slipper hatte ihr Vater sich gegönnt, als sie ihren letzten gemeinsamen Einkaufsbummel in der Stadt gemacht hatten - über fünfhundert Dollar das Paar.
    Wie kann ich so etwas auch nur bemerken, während ich meine Eltern beerdige?
    Der Mann reckte den Kopf vor und sah sie an, als wüsste er, dass sie ihn gemustert hatte. Hitze stieg ihr ins Gesicht, und sie schämte sich noch mehr.
    »Es ist bald vorbei«, raunte Barbara. Sie schwankte im Stehen; Holly vermutete, dass sie weder geschlafen noch etwas gegessen hatte, seit ihr Flieger vorgestern Abend in San Francisco gelandet war. Holly hatte jede Nacht Schritte gehört, und da ihre Tante unten im Wohnzimmer schlief, musste es Barbara gewesen sein, die Stunde um Stunde unablässig den Flur auf und ab gelaufen war.
    Der Geistliche hob die Hand und verkündete mit Singsangstimme: »>Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück.<«
    Wie aufs Stichwort schob sich eine Wolke vor die Sonne, und der Himmel über Holly und der Trauergemeinde verdüsterte sich. Köpfe hoben sich gen Himmel.
    Es begann zu nieseln.
    Leises Raunen lief durch die Menge, der Pastor blickte auf und verlor den Faden. Mit leisem Schnappen wurden Regenschirme geöffnet, und die Leute rückten zusammen. Einige teilten ihre Schirme mit anderen, und einer der Anwälte aus Daddys Firma hielt seinen Schirm dem Geistlichen über den Kopf, der sich bedankte und eilig fortfuhr.
    Der Himmel verdüsterte sich, und rauchschwarze Gewitterwolken türmten sich auf. Blitze zuckten darin, und der Himmel grollte wie eine Kesselpauke.
    Nun fing es richtig an zu regnen. Ein paar Leute mit ungeschützten Köpfen nickten Holly und Barbara entschuldigend zu und gingen.

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