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Hexenkuss

Hexenkuss

Titel: Hexenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Viguié , Nancy Holder
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übernatürliches Wesen sich in menschliche Angelegenheiten einmischte, wenn es nicht dazu aufgefordert wurde. Die einzige Möglichkeit, das Interesse des Gottes oder einer seiner vielen Manifestationen zu wecken, bestand darin, ihm ein Opfer darzubringen. Bei der Göttin war das etwas ganz anderes. Sie gab sich nicht mit den Deveraux-Hexern ab. Das hatte sie nie getan, und sie würde es auch nie tun. Jeder Hexer des Obersten Zirkels, der es wagte, ihr in die Quere zu kommen, würde vom Blitz getroffen und seine Asche von der Ewigkeit verschlungen werden.
    Jedenfalls hat Dad das behauptet. Und er ist ein verlogener
    Mörder, dachte Jer. Könnte ich mich an Sie wenden?
    Er schwankte und wünschte so sehr, er könnte durch die Stadt da unten bummeln, wunderbar unwissend, ein ganz normaler Typ.
    Down among the dead men, dachte er ironisch - das war eines von Sir Williams liebsten englischen Volksliedern. Jer erinnerte sich daran, wie er mit dreizehn am Hof des Obersten Zirkels eingeführt worden war. Er dachte an die gewaltigen Wasserspeier, die lodernden Feuerkreise, die riesigen Säulen und weiten Säle und Hallen mit schwarz-weißem Marmorboden. Der ganze Stolz seines Vaters. Sogar Eli war beeindruckt gewesen.
    Er sah sich in der schweren, schwarzen Robe aus Samt mit einem Weißdornkranz auf dem Kopf, in der rechten Hand den langen zeremoniellen Klauenstock, in der linken den Zauberstab, von dem es hieß, er stamme von Merlin, dem Dunklen Fürsten aus der Alten Blütezeit ...
    ... und vielleicht könnte ich dort etwas verändern, uns ein wenig näher zum Licht rücken. Ich hätte die Autorität dazu. Wenn ich auf den Thron käme, bräuchte ich allerdings viel Rückhalt, viele Hexer, die damit einverstanden wären, wie ich die Dinge anpacke.
    Er spürte Ehrgeiz in seinem Blut singen. Sein Herz pochte. Es juckte ihn buchstäblich in den Fingern, die Insignien der höchsten Würde in der gesamten Coventry in Händen zu halten.
    Unter ihm lagen die Lichter der gewöhnlichen Welt, der alltäglichen Mühsal einfacher Männer und Frauen, die in stiller Verzweiflung vor sich hin lebten. Sie starben vor Langeweile, wünschten sich, dass Märchen wahr wären, und betäubten sich mit Alkohol und Essen, weil ihr Leben im Grunde unerträglich war.
    Hexer lebten niemals so. Zu ihrem Leben gehörten viele Welten, zahllose Dimensionen und immerwährendes Suchen, Wollen, Nehmen...
    Jers dunkler Seele wuchsen Flügel, als er an die Möglichkeiten dachte, die ihm als Deveraux und Eingeweihtem des Covens offenstünden.
    Die Vögel krächzten jetzt lauter, und ihr heiseres Lied verhöhnte seine Schwäche. Ich weiß, dass mein Vater und Bruder planen, einen Menschen zu töten - und dass sie es schon zuvor getan haben. Doch selbst jetzt kann ich den Künsten nicht abschwören. Ich kann mich nicht einfach abwenden, so tun, als sei ich kein Deveraux und einer von den Gewöhnlichen werden...
    Er ließ den Stein in die Tasche fallen und ballte in den Manteltaschen die Fäuste. Sein Blick glitt von der Klippe in die schwindelerregende Tiefe unter ihm. Er könnte über den Rand treten, allem ein Ende machen. Seine Seele war bereits vergeben; zumindest konnte er eine Abkürzung nehmen, schneller dort ankommen...
    Warum bin ich als Deveraux auf die Welt gekommen?
    Warum bin ich überhaupt auf die Welt gekommen?
    Doch selbst in diesem Moment war er schwach. Er brachte es ebenso wenig fertig, sich selbst zu töten, wie er seiner Familie hätte helfen können, einen anderen Menschen zu töten. Wütend auf sich selbst machte er kehrt und ging auf seinen Mustang zu, der ein Stück entfernt geparkt war.
    Da flogen die Vögel plötzlich hoch und davon und ließen andere Geräusche der Nacht hörbar werden: das Quaken von Fröschen, das leise Zirpen von Grillen und Rascheln von Zweigen...
    … und ein verzweifeltes Hupen, begleitet vom löwengleichen Brüllen eines überdrehten Motors, als ein schwarzer Mercedes um die Kurve schoss und direkt auf ihn zuflog.
    »O Gott, o mein Gott«, schrie Marie-Claire, als sie wieder sich kam.
    Sie war auf der Heimfahrt vom Motel eingeschlafen, und dabei hatte sie die Kontrolle über den Wagen verloren. Als ihre Scheinwerfer die Bäume anleuchteten, die mit der Straße und den Sternen um sie herumwirbelten, weil sie sich drehte wie ein Derwisch, packte sie das Lenkrad und trat das Bremspedal durch.
    Das Kreischen ihrer Reifen war ohrenbetäubend, der Wagen drehte sich um 360 Grad. Ich werde sterben, dachte sie, während

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