Hexenlicht
andere Tische waren besetzt, allerdings ein bisschen weiter weg von ihnen.
»Ja. Darüber wollte ich mit dir reden.« Er betrachtete die Reste ihres Brownies, als handelte es sich um Moorschlick. »Bist du immer noch nicht fertig?«
»Nein.« Unverdrossen nippte sie an ihrem Kaffee. »Aber sprich weiter!«
»Du erinnerst dich sicher an unser Gespräch mit Macmillan über eine Geisterbefragung.«
»Und ob! Besonders gut erinnere ich mich an den Teil, als ich mich heldenhaft bereiterklärte, eine Totenbeschwörung durchzuführen, und du den mysteriösen Anruf bekamst, nach dem du sofort wegmusstest, aber vorher noch etwas von falschen Gerüchen gemurmelt hast.«
»Okay, dieses Gespräch meine ich.« Stirnrunzelnd schnippte er einen Krümel vom Tisch.
»Was ist damit?« Die Erinnerung ließ ihren gestrigen Ärger wieder hochkochen.
»Macmillan rief mich heute Nachmittag an«, erzählte er. »Er hat eine Spur zu einem Grab auf dem St.-Andrews-Friedhof. Es gibt Berichte über Geisteraktivitäten auf dem Friedhof. Er will sich dort mit uns treffen, in, ähm, einer Stunde.«
Holly sackte gegen die Rückenlehne ihres Stuhls, der sich sofort mit einem leisen Quietschen beschwerte.
»Heute Nacht?« Leider klang ihre Stimme genauso wie der Stuhl. Sie wollte das nicht machen. Sie hasste Geisterbeschwörungen! Und sie hasste sich selbst, weil sie sich freiwillig dafür gemeldet hatte.
So viel zu Miss Ich-kann-prima-auf-mich-selbst-aufpassen!
»Ja. Bist du dir wirklich sicher, dass du das tun willst? Du kannst jederzeit nein sagen.«
Zwar wusste Holly nicht, wie sie aussah, aber sie fühlte sich blass. Dennoch nickte sie.
Alessandro entging ihr Zögern nicht. »Der Zauber braucht keine längere Vorbereitungszeit, stimmt’s?«
»Nicht, wenn es nur darum geht, einen Geist zu erwecken, keinen Toten, aber …«
»Aha.« Er nahm sein goldenes Feuerzeug hervor und begann, es in der Hand hin- und herzudrehen. Typisches Rauchergezappel. »Brauchst du mehr Zeit?«
Auf einmal freute Hollys Magen sich gar nicht mehr über den Brownie, zumindest eine panische halbe Minute lang nicht. »Nein, nein, das geht schon.«
»Du hörst dich an, als wolltest du dich selbst überzeugen.«
»Ich schicke positives Denken ins Universum und hoffe, dass es sich durchsetzt.«
Diese Bemerkung quittierte er mit einem matten Lächeln. »Es gibt eine Neuigkeit, die es dir eventuell leichter macht. Oder auch nicht. Na ja, ich bin mir nicht sicher.« Er beugte sich vor, bis sein Mund nur noch wenige Zentimeter von ihrem Ohr entfernt war. »Meine Königin glaubt, dass sie den Dämon identifizieren kann. Wir müssen uns lediglich von dem Geist ihren Verdacht bestätigen lassen.«
Holly wurde eiskalt, als hätte ihr Blut plötzlich aufgehört, zu pulsieren. »Seit wann weiß sie das?«
Seinem Gesichtsausdruck nach verkniff er sich einen wütenden Kommentar. Offensichtlich war da etwas, das er ihr nicht sagen konnte. Als Holly wieder an ihrem Kaffee nippte, schmeckte er komisch, vergiftet von ihren Gedanken.
»Was ist los, Alessandro?«
Er blickte sich im Café um. »Die Information kam gerade erst ans Licht.«
»Muss ich wirklich die Toten wecken, nur um die Antworten deiner Königin zu überprüfen?«
»Da ist noch mehr. Wir brauchen die Hilfe des Geistes, um ein verschwundenes Objekt zu finden. Soweit ich es verstanden habe, können magische Artefakte im Äther aufgespürt werden.«
»Ja, so etwas gehört dazu, wenn man zwischen den Welten feststeckt.«
Holly bekam mit, wie die Gäste eines anderen Tisches gingen. Stühle schabten über den Boden, und die Leute unterhielten sich laut.
Die Uhr über der Tür verriet, dass es fast zehn Uhr war; das Café würde bald schließen.
»Also, wonach suchen wir?«, fragte Holly. »Rubinschuhe? Eine Dose Dämon-Ex-Spray?«
»Ich kann es dir nicht sagen.«
»Das ist lachhaft! So kann ich nicht arbeiten.«
Schneller als ihr Auge folgen konnte, lag seine Hand auf ihrer. Sein langes Haar schwang vor, und als er sprach, war seine Stimme so leise, dass Holly ihn kaum verstand. »Hör mir zu! Es gab einen Einbruch. Viele Bücher und Objekte wurden gestohlen, aber wir suchen vor allem nach einem bestimmten Buch. Es enthüllt die Geheimnisse, wie man Dämonenkräfte schwächt und Dämonen verbannt. Dieses Buch müssen wir finden.«
Holly war ein bisschen beschwichtigt und rückte ihren Stuhl weiter vor. »Okay.«
Wieder sah Alessandro sich um. »Du darfst kein Wort darüber verlieren. Diese
Weitere Kostenlose Bücher