Hexenmacht
Walter einen Blick zu, von dem man gerne glauben mochte, dass er töten konnte... Die Nennung dieses Namens schien sie aus einem unerfindlichen Grund sehr verärgert zu haben...
"Nein", sagte sie dann. "Er speist nicht mit uns."
*
"Herein!", sagte der unscheinbare untersetzte Mann am Fenster. Er starrte hinaus und kratzte sich dabei an seinem schon ziemlich kahlen Kopf. Sein Blick war starr in den grauen Nebel gerichtet, der Blanchard Manor umgab. Und er hatte dem Meeresrauschen gelauscht, dass hier wie eine ewig gleiche Hintergrundmusik wirkte...
Der Butler trat mit einem Tablett ein und stellte es auf den massiven Holztisch, der sich in der Mitte des Raumes befand und auf dem ein dicker etwas staubiger Foliant lag.
In verblichenen Goldlettern war der Titel auf dem abgegriffenen Leinenumschlag zu lesen.
Absonderliche Kulte - verfasst von einem gewissen Hermann von Schlichten. An unzähligen Stellen steckten kleine Zettel in dem dicken Band.
"Es ist serviert, Dr. Graves!", sagte der Butler dann in seiner gewohnt steifen Art und Weise.
"Danke, Walter!"
Der Mann, der Graves genannt wurde, drehte sich um und bedachte den Butler mit einem fragenden Blick.
"Was ist mit dem Inspektor?"
"Er ist wieder gefahren..."
"Ich weiß. Aber was wollte er noch? Ich dachte, Ellison hat ihm alle Fragen beantwortet..."
Der Butler zuckte die Achseln. "Ich weiß es nicht, Sir! Vielleicht weiß er es selbst nicht..."
Graves nickte düster.
"Da könnte etwas dran sein", meinte er düster. "Er schnüffelt hier einfach aufs geratewohl herum..."
Graves ballte unwillkürlich die Hände zu Fäusten.
Das gefällt mir nicht!, dachte er grimmig. Genauso wenig, wie ihm etwas anderes gefiel...
"Was machen unsere Gäste?", fragte er den Butler und hob die Augenbrauen dabei.
"Nun, bislang gibt es keinerlei Probleme..."
Graves hob die Hand und sein Zeigefinger streckte sich wie die Klinge eines Klappmessers in die Höhe. In seinen Augen blitzte es. "Ich habe die beiden beobachtet, als sie hier auf Blanchard Manor auftauchten..." Sein Gesicht verzog sich zu einem verzerrten Lächeln. Er entblößte zwei Reihen makelloser Zähne, was ihm einen raubtierhaften, gefährlich wirkenden Zug gab. "Mr. und Mrs. Smith - die Wahl dieses falschen Namens zeugt nicht gerade von besonderer Fantasie..." Er lachte in sich hinein.
Der Butler stand regungslos da.
"Was schlagen Sie vor, Dr. Graves?"
"Abwarten." Er kicherte wie irre. "Abwarten, bis der richtige Zeitpunkt da ist und dann..." Er trat an den Tisch.
Sein Blick glitt kurz über das Diner, das der Butler ihm gebracht hatte und blieb dann auf der Leinenausgabe der Absonderlichen Kulte ruhen.
Ein teuflisches Lächeln erschien auf seinem blassen, unscheinbaren Gesicht, das so völlig ohne irgendwelche besonderen Kennzeichen zu sein schien.
Abgesehen von dem unverwechselbaren Blick seiner Augen, der einem einen kalten Schauder über den Rücken jagen konnte. Ein Blick voll von düsterer Energie...
Du bist so gut wie tot, Patricia Vanhelsing!, ging es ihm durch den Kopf. Du bist in meiner Hand - auch wenn du daran nicht in deinen schlimmsten Alpträumen denken würdest!
"Sie können gehen, Walter!", murmelte er dann.
Und als der Butler den Raum verlassen hatte, lachte Dr. Graves schallend auf.
Ein Lachen, das schauderhaft zwischen den hohen Mauern von Blanchard Manor widerhallte, bevor es vom Meeresrauschen verschluckt wurde.
Aber du wirst nicht einfach nur sterben, Patricia! Nein, für meine Rache wäre das zu wenig!
Er ballte eine Faust und ließ sie derart wuchtig auf den massiven Holztisch sausen, dass der Inhalt eines Glases überschwappte und das Tablett benetzte. Doch das kümmerte Graves in diesem Moment nicht im mindesten.
Er atmete tief durch.
Du wirst ewige Qual erleiden, Patricia Vanhelsing! Das schwöre ich dir - dir und diesem Hund von einem Reporter, der dich begleitet!
*
"Wussten Sie, dass der berühmte Harris Tweed von unserer Insel stammt?", meinte Mr. Ellison während des Diners. Er war sichtlich darum bemüht, Konversation auf unverfänglichen Gebieten zu machen, während Lady Blanchard eher schweigsam und in sich gekehrt wirkte.
"Ich hatte keine Ahnung!", tat ich erstaunt, obgleich mich die Herkunft des Harris Tweeds im Augenblick nicht im geringsten interessierte.
Ich wandte mich an Lady Blanchard.
"Sind Sie identisch mit jener Jennifer Blanchard, die als eine Art parapsychisches Wunderkind Furore machte?", fragte ich, obwohl ich das natürlich
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