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Hexenmacht

Hexenmacht

Titel: Hexenmacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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zwar einen Weg gefunden, die Seelen der Toten aus dem Schattenreich herauszureißen, aber keiner von beiden hatte auch nur einen einzigen Gedanken daran verschwendet, wie man die Geister auch wieder ins Totenreich zurückführen konnte. Die Wachsfiguren – dem jeweiligen Vorfahren möglichst detailgetreu nachgebildet – sammelten sich in den Kellern des Blanchard'schen Landhauses. In jeder dieser Figuren schlummerte die gepeinigte Seele eines Toten, der alles andere als begeistert darüber war, aus dem Schattenreich zurück in die Welt der Lebenden gerissen worden zu sein.
    Lady Jennifer Blanchards Kräfte reichten schließlich nicht aus, um all diese Totengeister unter Kontrolle zu halten, und die Wachsfiguren liefen Amok, ehe sie ins Totenreich zurückkehrten.
    Zuvor war unsere falsche Identität aufgeflogen, ohne dass wir das gewusst hatten. Ich hatte einen falschen Großvater für mich erfunden, dem ich den Namen Michael John Leary gegeben hatte. Nach einem Bild, das ich mit Hilfe des Graphik-Programms der >News<-Redaktion erstellt hatte und das angeblich meinen Großvater darstellte, wurde dann eine Wachsfigur gefertigt.
    Einen Menschen, der wirklich existiert hatte, wollte ich nicht in Gefahr bringen.
    Zwar wusste ich bis dahin noch nicht, wie viel an der Sache wirklich dran war, oder ob es sich nur um einen geschickten Betrug handelte, aber ich hatte genügend Erfahrungen mit dem Übersinnlichen gesammelt, um zu wissen, dass man mit solchen Dingen nicht spaßen durfte.
    Während des entscheidenden Rituals verlor Lady Jennifer Blanchard endgültig die Kontrolle über ihre Kräfte und starb. Zuvor hatte sie versucht, die Seelen von Steve und mir in die Wachsfiguren zu bannen. Das Chaos brach über den Landsitz der Blanchards herein – und Dr. Skull gelang abermals die Flucht.
    "Lady Jennifer Blanchard ist tot", sagte Steve noch einmal. Sein Gesicht wirkte sehr nachdenklich. Seine grauen Augen musterten mich fragend. "Wir beide haben gesehen, wie sie starb, Patricia."
    "Ich weiß."
    "Ihr Leichnam ist beerdigt worden und liegt auf einem Friedhof auf Harris. Ein Arzt hat zuvor eindeutig ihren Tod festgestellt."
    Ich nickte. Aber ich konnte mir einfach keinen Reim auf die Ereignisse machen, deren Zeugen wir hier wurden.
    Ich fragte mich, was hinter diesen seltsamen Erscheinungen steckte, die Steve und mich heimsuchten.
    Steve und mich!
    Der Gedanke ließ mich nicht los. Es schien tatsächlich so, als wären wir beide von einem unheimlichen Fluch befallen. Als ob uns jemand in den Wahnsinn treiben wollte.
    Wir mussten diesem Geheimnis auf die Spur kommen, wollten wir nicht früher oder später dem Wahnsinn verfallen...
     
    *
     
    Am nächsten Morgen saß ich unruhig im Büro unseres Chefredakteurs. Michael T. Swann war breitschultrig und hemdsärmelig. Aber trotz seiner mitunter etwas cholerischen Art war er im Grunde ein netter Kerl – wenn er das auch zu gut zu verschleiern wusste. Er hatte sein Leben der >London Express News< gewidmet. Oft war er der Erste in der Redaktion und abends häufig der Letzte.
    Diesen hundertprozentigen Einsatz verlangte er auch von jedem seiner Mitarbeiter.
    Am Anfang war er mir gegenüber ziemlich skeptisch gewesen. Sein Handwerk müsse man von der Pike auf lernen, so lautete seine Grundüberzeugung. Und so war er gegenüber jedem misstrauisch, der frisch von der Universität kam und das Zeitungsmachen neu erfinden wollte.
    Inzwischen schätzte er meine Arbeit sehr.
    Jetzt aber musterte er mich wieder mit einem Blick voller Skepsis. Er kratzte sich am Kinn und erhob sich hinter seinem völlig überladenen Schreibtisch, vom dem die Manuskriptstapel hinunterzustürzen drohten.
    "Sie und Mr. Davis haben Lady Jennifer Blanchard also gesehen", sagte er dann gedehnt. Er atmete tief durch und lehnte sich mit der Hüfte gegen den Tisch. Die Manuskriptstapel wankten.
    "Ich bin mir völlig sicher", erklärte ich. "Und die Tatsache, dass ich sie nicht allein gesehen habe, spricht ja wohl dafür, dass ich mir nichts eingebildet habe."
    "Sie haben sich ja schon oft mit außer gewöhnlichen Vorfällen beschäftigt", murmelte Swann.
    Ich nickte.
    "Ja, aber ich habe noch nie etwas geschrieben, das sich nicht belegen ließ."
    Swann seufzte. Ich hatte ihm nichts von den Drachengeistern erzählt. Aber die Sache mit Lady Jennifer Blanchard war damals durch die Weltpresse gegangen. Wenn diese Frau – wie auch immer – doch noch am leben war, dann war das schon eine Schlagzeile wert.
    "Haben Sie

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