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Hexennacht

Hexennacht

Titel: Hexennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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alle Kraft
zusammen und rannte so schnell er konnte. Als er vor dem Bentley
stand, fischte er den Schlüssel aus seiner Jackentasche,
öffnete die Fahrertür, klappte den Sitz zurück und
ließ die beiden Katzen einsteigen. Sie hüpften freudig auf
die lederne Rückbank.
    Arved ließ sich in das Polster fallen und drehte den
Schlüssel im Zündschloss. Der alte Achtzylinder brummte
sofort auf. Mit quietschenden Reifen setzte Arved zurück auf die
Straße, mit quietschenden Reifen fuhr er davon. Der Autobahn
und der Sicherheit entgegen.
    Glaubte er.

 
26. Kapitel
     
     
    Auf der Fahrt nach Trier war Arved so benommen, dass er nicht
einmal über die vergangenen Ereignisse nachdenken konnte. Nur
das Gefühl, versagt zu haben, begleitete ihn
hartnäckig.
    Die Autobahn lag verlassen vor ihm. Hasborn, Wittlich, Salmtal,
Schweich – es war, als sei er der einzige Mensch auf der Welt.
Die Scheinwerfer bestrichen den Asphalt mit weißem Licht und
der Mond verschwamm immer wieder hinter Nebelschleiern.
    Bald hatte er das Kreuz Moseltal erreicht, bog auf die 602 ab, und
immer noch war kein weiteres Auto auf der Bahn zu sehen.
Allmählich wurde Arved unruhig. Er kaute auf seiner Unterlippe
herum und fragte sich, was geschehen war. Erst als er am
Verteilerkreis abfuhr, sah er einen anderen Wagen, der ihm mit
aufgeblendeten Scheinwerfern entgegenkam. Er kniff die Augen zusammen
und schaute auf den Bordstein. Als der Wagen vorbeifuhr, hob Arved
den Blick wieder. Es war eine große Limousine mit völlig
schwarzen Fenstern. Schon war sie verschwunden; im Rückspiegel
sah er nur noch eine schwarze Masse mit zwei glühenden
Rücklichtern.
    Arved bog in die Herzogenbuscher Straße ein und war froh,
bald zu Hause zu sein. Die Katzen schliefen friedlich auf dem
Rücksitz.
    Auf der Höhe des Friedhofes überholte ihn ein Wagen. Es
war die schwarze Limousine von vorhin; nun hatte sie die Scheinwerfer
ausgestellt. Sie bremste vor ihm, rot flackerte es auf wie
Feuerschein, und eine Kelle schob sich aus einem geöffneten
Seitenfenster. Arved überlegte kurz, ob er fliehen sollte, doch
der Wagen versperrte ihm den Weg; er hätte zurücksetzen und
wenden müssen.
    Jemand stieg aus. Jemand in Uniform. Ein Polizist.
    Arved schüttelte den Kopf. Das war unmöglich. Die
Polizei fuhr keine solchen Limousinen, und vor allem fuhr sie nachts
nicht ohne Licht herum. Auch die Fahrertür wurde geöffnet.
Ein zweiter Polizist setzte sich die Mütze auf den Kopf und kam
langsam auf Arveds Bentley zu. Während der andere Mann in einer
Entfernung von einem Meter vor dem Wagen stehen blieb und mit der
Hand über seinen Revolvergürtel streichelte, klopfte der
andere gegen die Scheibe der Fahrertür. Arved ließ sie
herunter und sah den Polizisten fragend an.
    »Allgemeine Verkehrskontrolle«, sagte dieser.
»Bitte Führerschein und Kraftfahrzeugschein.«
    Arved holte beides aus seiner Brieftasche und der Polizist
beäugte die Dokumente argwöhnisch. »Ihr Wagen?«,
fragte er, obwohl sich das eindeutig aus den Papieren ergab.
    »Ja«, sagte Arved nur.
    »Stellen Sie bitte den Motor ab und steigen Sie aus.«
Etwas in der Stimme des Polizisten ließ keine Widerrede zu. Er
war groß und breitschultrig und trug einen schwarzen
Schnauzbart, der einem Seehund zur Ehre gereicht hätte. Arved
drehte den Zündschlüssel und stieg aus, nachdem er einen
Blick zurück auf die noch immer schlafenden Katzen geworfen
hatte.
    Rechts neben ihm warfen gusseiserne Engel und mannshohe Kreuze
einen verzerrten Mondschatten über die backsteinerne
Friedhofsmauer. Noch immer ließ sich kein anderes Auto auf der
Straße blicken. Kein Fußgänger war unterwegs.
Niemand, der ihm hätte helfen können. Arved schaute
hinüber zu dem anderen Polizisten, der noch vor dem Bentley
stand. Inzwischen war er an den alten Wagen herangeschritten und
streichelte den Kühler und das geflügelte B darauf.
»Schöner Wagen«, sagte er mit einer sanften Stimme,
die nicht zu seinem Äußeren passte. Er hatte die
Ärmel seines braunen Uniformhemdes hochgekrempelt, als ob
Hochsommer sei, und auf seinen Armen liefen unzählige
Tätowierungen entlang. Sein Blick war stechend, und etwas
Grausames lag um das eckige Kinn, das makellos glatt rasiert war.
Mondlicht machte aus seinem Gesicht ein hartes Gebirge aus
Tälern und Höhen, scharf gegen die Schatten abgesetzt.
»Bestimmt teuer, was?«
    »Ein Erbe«, meinte Arved nur.
    »Sie Glückspilz«, sagte der andere Polizist, der
soeben die Papiere in die

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