Hexensabbat
diesem das Schwert aus der Hand, welches der Trunkne jetzt nicht zu bemerken schien, denn er nahm plötzlich, ganz freundlich den alten Schakepeh beim Kopf, warf sich in seine Arme, küßte ihn herzlich und sagte: Ihr seid doch noch ein verständiger Mann, der weiß, was sich geziemt, und wie man sich gegen ausgezeichnete Gäste, die am Hofe vielen Einfluß haben, zu betragen hat. Kauderwelsche Menschen aber, wie der alte Ritter dort, haben in dem kleinen Nest hier keine Lebensart, keine Rittersitte gelernt, sie wissen keine Unterschiede zu machen. Aber wartet nur, ihr tückischen Kleinbürger! Der Prinz, mein Graf Etampes, ja der Herzog selbst soll es erfahren, wie schlecht ihr von ihm gesprochen habt, und wir wollen alsdann doch sehn, ob wir nicht euern rebellischen Nacken beugen können.
Herr Schakepeh, sagte der alte Beaufort, der auch vom Wein und Zorn erhitzt war, ich brauche Euch wohl nicht erst zu sagen, daß der trunkne junge Mann etwas Inhaltloses daherfaselt, Ihr kennt mich lange genug, sowie ich auch meine Denkungsart niemals verschwiegen habe. Ich verehre den Fürsten, den guten Philipp, aber wir müssen auch dessen einzigen Erben hochachten und lieben, wenn wir Patrioten sein wollen.
Friedrich sagte, selbst zornig: Zürnt nicht mein Vater, es ist der Mühe nicht wert. Der junge Mann hat nicht Erfahrung und Überlegung genug, er kann Euch nicht beleidigen.
Köstein ward hierüber von neuem wütend. Ich kann Euch und jedermann beleidigen! rief er aus; das Vorrecht wird und soll mir bleiben! Ich habe schon manchen beleidigt, in Brügge, Gent und Brüssel, und die kleinen Bürgersleute haben's hinnehmen müssen, ohne nur das Maul aufzutun! Ich war gegen hundert Menschen völlig im Unrecht, und doch haben sie sich nicht verantworten dürfen. Das fehlte noch, daß man mir, oder einem Prinzen von Geblüt, oder den Herrn von Croys noch viel widerspräche, wenn wir im Unrecht sind! Das wäre ja eine ganz neue Haushaltung!
Gevattersmann, sagte jetzt Schakepeh, setze dich vors erste da nieder, und trink einen Becher kühlen Brunnenwassers, das wird deinem vornehmen Eifer guttun. Wir müssen alle als gute Freunde und Nachbarn leben. Du hast die Gabe, den Leuten unrecht zu tun, und sie ohne Not zu beleidigen, das sehn wir ja alle: aber Herr Beaufort und wir haben auch die Gabe, dir zu vergeben und einzusehen, daß du ein junger leichtsinniger Tor bist, dem die Hofgunst in den Kopf gestiegen ist, und der nun in seinem Wirrwarr alle zusammenwettern möchte, wenn wir es litten. Nicht wahr, so verhält sich die Sache, wenn wir es beim Lichte besehn?
Köstein lachte wieder und umarmte von neuem seinen Wirt. So ist es, sagte er fröhlich, du hast es getroffen, und dir als meinem zweiten Vater, als dem Verständigsten hier, als dem musterhaften Bürger, der so vortreffliche Weine in seinem Keller hat, übergebe ich nun mein Schwert und nenne mich deinen Gefangenen, bis ich mich von dir ranzioniert habe.
Er faßte nach dem Degen und war sehr verwundert, nur die Scheide anzutreffen. Wer sprach von Zauber? rief er aus; jawohl, ich sehe es, wir sind alle behext! Das starke Schwert ist verschwunden, und wenn Stahl und Eisen nachgeben muß, so soll mein Herz nicht mehr als der Degen verhärtet sein. Ich nehme es gnädig und wohlwollend an, daß der Ritter Beaufort und sein Sohn mich um Verzeihung bitten, und vergebe den lieben guten Leuten, die freilich niemals am Hofe gelebt haben. – Er umarmte mit vornehmer Herablassung den alten Ritter und Friedrich, die ungewiß schienen, ob sie auf diese Worte nicht von neuem etwas erwidern müßten. Schakepeh hinderte aber einen neuen Ausbruch des Zornes, indem er alle nach der Reihe umarmte und sie dann nach dem Bankett führte, indem er sagte: Versüßt hier im Konfekt und Zucker die Bitterkeit eurer Geister. Nichts besser, als so ein Niederschlag von süßen Sachen, so daß der kräftige Geist sich einer gewissen sanften Schwermut und Sehnsucht ergibt, die ihm recht schwärmerisch aus diesen Dingen da erwächst, so daß, wenn der Mensch etwas zuviel genießt, aus diesen lauen und flauen Empfindungen einer geläuterten Moral der fleißige Näscher sich bis zur wahren körperlichen Übelkeit und einem wohltuenden Ekel emporschwingen kann.
Sie setzten sich beruhigt nieder, und Köstein, welcher neben der schönen Sophie Platz gefunden hatte, war gegen diese besonders freundlich. Der Ritter Beaufort schämte sich jetzt seiner Hitze, und sprach mit Friedrich, dessen jugendliche
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