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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegrit Arens
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noch schriftlich von uns Bescheid.« Damit war das Gespräch zu Ende. Anna hörte dem Freizeichen hinterher, eine ganze Weile lang, endlich klappte sie den Hörer zu.
    Ein Vierteljahr. Drei Monate. Sie hatte einen Anspruch auf dieses Referendariat. Nicht sofort, aber generell bestand dieser Anspruch. Es war keine Katastrophe, nur eine Verzögerung. Sie hatte mal etwas über positives Denken gelesen, sie mußte nur versuchen, etwas Positives in diese drei Monate hineinzulegen.
     
    »Das Übliche, Frau Liebold?« fragte die Metzgereiverkäuferin. Die Fleischgabel hing schon über dem Ardennenschinken, Till mochte den am liebsten. Anna nahm immer eine Lage davon und außerdem hundert Gramm Pastete, ein Stück frische Kalbsleberwurst und acht Scheiben Roastbeef, in der Mitte leicht blutig. Die Metzgerei Müller hatte das beste Roastbeef, Anna kam zweimal die Woche her und kaufte frischen Aufschnitt für Till. Sie selbst aß lieber Käse.
    »Das Übliche«, sagte Anna.
    Die Verkäuferin piekste in die Wurst, trennte die verschiedenen Sorten mit dünnen Papierlagen, wog ab und wickelte zuletzt alles in ein festes Papier. »Das war’s, Frau Liebold?« fragte sie, aber sie wartete auf keine Antwort, sondern bewegte sich schon auf die Kasse zu. In letzter Zeit kaufte Anna praktisch immer nur Aufschnitt. Sie hatte einfach keine Zeit zum Kochen gehabt. Lust übrigens auch nicht.
    »Warten Sie«, sagte Anna zögernd. »Vielleicht sollte ich noch etwas für die Pfanne mitnehmen.«
    »Natürlich.« Die Frau machte kehrt, die Fleischtheke war weiter hinten, sie schien sich zu freuen: »Haben Sie jetzt wieder mehr Zeit, Frau Liebold?«
    »Kurzfristig«, antwortete Anna. »Was nehme ich denn am besten?«
    »Wir haben sehr schönen Kalbsbraten. Oder Rouladen?«
    »Den Kalbsbraten«, entschied Anna, »und Gehacktes zum Füllen.«
    »Ich dreh’s Ihnen frisch durch.«
    »Dankeschön.« Die Metzgersfrau freut sich immerhin, dachte Anna, und Till wird sich auch freuen, das sind dann schon zwei heute, und ein Vierteljahr ist wirklich keine Ewigkeit. Sie mußte es Till ja nicht sofort auf die Nase binden, sie könnte es sogar so drehen, als ob es ihre eigene Entscheidung wäre: »Ich muß einfach erst mal ausspannen«, oder so ähnlich …
    Sie machte einen Umweg, zwei Straßen weiter hatte ein Reisebüro aufgemacht. »Haben Sie etwas über Madeira?« fragte sie. Sie bekam einen dicken Packen Prospekte. »Beachten Sie bitte auch unser Videoangebot«, sagte der höfliche junge Mann. Anna nickte. Sie war vor etlichen Jahren mit Till auf der Insel gewesen, das war ganz zu Anfang ihrer Ehe, er hatte sie abends vom Tisch weg auf ihr Zimmer getragen, das Zimmer lag im zweiten Stock. Abend für Abend hatte er sie hochgetragen, und die wenigen Leute ringsum hatten geklatscht. Anna war es ein bißchen peinlich gewesen, aber sie hatte es auch schön gefunden. Till hatte damals viel fotografiert, zu Hause hatten sie die Fotos eingeklebt, Anna hatte sie lange nicht mehr angeschaut.
     
    »Überraschung«, rief Anna. Sie hatte das Öffnen der Haustür gehört, rasch die Schürze abgebunden und war Till in die Diele entgegengelaufen.
    »Wie?« Till war gerade damit beschäftigt, seinen Mantel auf dem Bügel geradezuziehen.
    »Es gibt gerollten Kalbsbraten. Extra für dich.«
    »Wieso warmes Essen?« fragte Till. »Ich weiß nicht, ob ich überhaupt Hunger habe.«
    »Sonst meckerst du über Brote. Bloß Brote! Ich wollte dir eine Freude machen.«
    »Hast du einen besonderen Grund dafür?«
    »Was für einen Grund?«
    »Ein schlechtes Gewissen, zum Beispiel.« Till begann, seinen Aktenkoffer auf dem Eßtisch auszupacken. Das tat er immer. Anna wollte, daß er seinen Kram direkt mit an seinen Schreibtisch nahm, doch er fand es praktischer, im Eßzimmer auszumisten, weil er es dann nicht so weit bis zum Mülleimer hatte.
    »Ich wüßte nicht, warum ich ein schlechtes Gewissen haben sollte«, sagte sie.
    »Was soll dann die Hausmütterchenrolle? Seit einem Monat gibt es bei uns abends kalte Küche.« Er spitzte die Lippen und machte die Stimme hell: »Ab dem Ersten arbeite ich als Gerichtsreferendarin, vergiß das nicht!«
    Anna zuckte zusammen. Wenn er wüßte … »Findest du es witzig, mich nachzuäffen?«
    »Ich wollte dir nur zeigen, daß ich es nicht vergessen habe: Meine Gattin, fünfunddreißig Jahre, kinderlos, arbeitet ab dem Ersten.«
    Wortlos ging Anna zurück in die Küche. Sie mußte noch die Soße abschmecken, es hatte keinen Zweck, das gute

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