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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegrit Arens
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Lieblingssessel stand gleich neben seinem Sofa, aber sie hatte keine Lust, sich neben ihn zu setzen. Ihr neuer PC stand im Kinderzimmer, laut Architektenplan war das zumindest das Kinderzimmer und im übrigen der kleinste Raum, im Lauf der Jahre war er zu einer Art Haushaltsraum geworden, mit Bügelbrett und Wäschekorb und Nähtisch; es sah nicht sonderlich gemütlich darin aus, trotzdem saß Anna nun lieber hier. Wenn sie Till ansehen mußte, schossen ihr die seltsamsten Gedanken durch den Kopf; manchmal dachte sie auch daran, daß sie beide einmal sehr verliebt gewesen sein mußten. Es schien endlos lange her zu sein.
    An den folgenden Abenden wurde es zur festen Gewohnheit: Till unten im Wohnzimmer und sie oben an ihrem PC. Sie nahm sich ihren Radiowecker mit hinauf, um das Dauergeräusch seines Fernsehers nicht mithören zu müssen. Sie nahm sich auch ein belegtes Brot oder etwas Obst mit, der Eßtisch unten war verwaist. Zweimal hatte Anna noch für Till mitgedeckt, aber er hatte diese stumme Geste ignoriert. Mit mir doch nicht, hatte Anna gedacht, es war sowieso nur der Versuch gewesen, wenigstens eine gewisse Ordnung aufrechtzuerhalten, schließlich lebten sie unter einem Dach und waren verheiratet. Sie überlegte, ob dies nun die berüchtigte Krise war, über die sie schon oft gelesen hatte, sie hatte sich nie vorstellen können, selbst in solch heftige Gefühlswallungen zu verfallen. Traurigkeit und Wut, der Wunsch, ihm an die Gurgel zu springen, dann wieder die Lust, ihn sich gefügig zu machen; sein Widerstand gegen sie als Frau machte ihn ihr widerlich und begehrenswert zugleich. Ich drehe durch! Manchmal hatte sie Angst, wirklich verrückt zu werden. Sie wußte auch niemanden, mit dem sie darüber hätte reden wollen. Sie hatte Angst, darüber zu reden. Am meisten Angst hatte sie, mit Till selbst zu reden; wenn sie es aussprach, könnte es aufbrechen, auseinanderklaffen, zerplatzen.
    Sie saß wieder oben vor ihrem Computer, starrte auf den Bildschirm, sobald die bunten Fähnchen des automatischen Bewegungsbildes sich vor den Text schoben, an dem sie eigentlich arbeiten wollte, tippte sie mit der Fingerspitze auf die »Maus«, und der Text kam zurück. Sie arbeitete trotzdem nicht weiter, zehn Minuten später kamen wieder die bunten Fähnchen, der entsprechende Befehl war fest installiert.
    Sie hörte Schritte auf der Treppe, der »Tatort« heute war wohl nichts, dachte sie. Till schlief jetzt nur noch im Gästezimmer, sie stellte sich vor, daß er nun gleich in dem Bett liegen würde, das für Besucher gedacht war; er mußte sich dort fremd fühlen. Anna griff nach der Computer-Maus und ging aus dem Programm, es verabschiedete sich mit einem Singsang, der war auch fest installiert, der Monitor wurde schwarz. Sie stand auf. Der Flur war dämmrig. Als sie an der Rumpelkammer vorbeikam, streifte ein Luftzug ihre Beine. In der Kammer standen Putzzeug, Tills Handwerkskoffer und Vorräte. Es gab auch ein kleines Fenster, das einzige auf dieser Hausseite, vielleicht hatte sie vergessen, es zu schließen. Sie drückte die Klinke nach unten und tastete nach dem Lichtschalter, die Glühbirne an der Decke war ohne Fassung, das nackte Licht fiel auf Till. Er hatte ihr den Rücken zugewandt, er stand vor dem Fenster. Als es hell wurde, drehte er sich mit einem Fluch zu ihr um. »Was willst du hier?«
    »Du?«
    »Spionierst du mir nach?«
    »Ich wollte nur das Fenster zumachen.« Idiot! Aber das dachte sie erst nach diesem Satz, zunächst einmal war sie zu perplex, um sich gegen seinen Vorwurf zu wehren.
    »Kümmere dich um deinen eigenen Mist! Wenn ich ein Fenster aufmache, mache ich es auch wieder zu.«
    »Wäre schön, wenn das auch für deine Käserinden und deine Drecksocken gelten würde.« Die ließ er nämlich liegen, grundsätzlich.
    »Giftnatter!«
    »Dir haben sie wohl den Giftzahn gezogen.« Sie zog rasch die Tür zu, seine Antwort prallte am Türblatt ab. Sie ging ins Bad hinunter. Spül dir den Mund mit Seife aus, Mädchen! Ihre Großmutter hatte solche Sprüche draufgehabt. Ich wäre reif für eine Ladung Kernseife. Das war verdammt hinterfotzig, ging es Anna durch den Kopf, während sie sorgfältig ihre Zähne putzte. Immerhin hatte sie eine Stelle gefunden, an der sie Till packen konnte. Sie grinste, es war eine zuverlässige Stelle. Er verletzte sie schließlich auch, also?
    Als sie wieder hochkam, war alles dunkel, auch der Türspalt des Gästezimmers war ein schwarzer Strich. Vorsichtig öffnete

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