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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegrit Arens
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es ihr zu persönlich, an ihn als »Till« zu denken. Sie machte kehrt.
    Im Haus brannte Licht. Sie schloß auf und hörte den Fernseher, sie riß die Wohnzimmertür auf, ein ekliger Geruch strömte ihr entgegen. Er hatte sich eine Dose Ölsardinen aufgemacht, Anna haßte Ölsardinen. Er balancierte den Teller mit den fetttriefenden Toastscheiben, auf die er sich den kalten Fisch gepackt hatte, auf den Knien, vor ihm auf dem Glastisch standen eine Flasche Bier und ein Glas, ordentlich auf einem Set, das vergaß er nie.
    »Tür zu!« knurrte er. Dabei sah er nicht von dem Fernseher hoch.
    Anna rannte in die Küche, sie hatte es gewußt: Auf der Arbeitsplatte lag der aufgebogene Deckel der Ölsardinendose, das abtropfende Fett bildete schon einen Kranz um das Blech, sie nahm den Blechdeckel auf und lief damit zurück ins Wohnzimmer. »Da!« Sie schmiß ihm den ölverschmierten Deckel auf seine propere Hose, Schurwolle mit Bügelfalte, sie traf genau in die Mitte.
    »Bist du total übergeschnappt?« Till fuhr auf, der Deckel rutschte ab auf den wollweißen Teppichboden, und auf seinem Hosenstall blieb ein dunkler Fleck zurück. Aus Anna quoll ein schrilles Kichern. »Einen Liebesgruß von Ramona. Ist sie mit deinem Ölsardinchen zufrieden?«
    »Miststück!« Den Teller mit dem kalten Fisch hielt er in der Hand, seine Augen waren eiskalt, aber Anna verspürte keine Angst, kein bißchen. Sie stand vor ihm und ließ noch mehr von dem Kichern aus sich herausquellen, es hörte gar nicht mehr auf.
    »Du bist meschugge«, brüllte er. »Total meschugge«, dabei rührte er sich nicht von der Stelle. Den Teller setzte er auch nicht ab.
    »In Sehnsucht, Till!« näselte Anna. Das hatte so auf dem Dauerauftrag gestanden, wörtlich.
    »Du Schlampe! Du warst an meinen Sachen.«
    »Und du an ihren. Für fünfhundert Mark im Monat. Du Ärmster!«
    »Ich bezahle keine Frau. Nie!«
    »Fünfhundert«, trällerte Anna.
    »Es ist ein Geschäft, du dämliche Kuh. Ich habe Geld von ihr investiert. Das ist der Gewinn, ich zahle ihr monatlich fünfhundert zurück, sie macht ein Geschäft und ich auch.«
    »Du machst eins, klar.« Anna fixierte den Ölfleck auf seinem Stall, ziemlich lange. Sie hatte viel Zeit und keine Angst vor ihm. Dann ging sie nach oben in das Schlafzimmer, in dem sie jetzt immer allein schlief, die Tür schloß sie vorsichtshalber ab.
    Sie hörte ihn unten rumoren, irgendwann ging die Haustür. Sie stand nicht einmal auf um nachzusehen, ob er jetzt gegenüber in dem Schlafzimmer mit dem Spiegelschrank war.
    Sie hätte versuchen können, ihn von dem kleinen Fenster in der Rumpelkammer aus zu beobachten, ganz kurz stellte sie ihn sich vor, verschlungen mit dem üppigen Körper dort drüben, ihre glattgehobelten Fußsohlen kribbelten kurz und kickten gegen den Bettpfosten. Sie ging ins Badezimmer, wusch sich wie immer und putzte sich sorgfältig die Zähne. Im Gästezimmer zog sie das Kabel der Kompaktstereoanlage aus der Steckdose und wuchtete den anthrazitgrauen Kasten samt Boxen in ihr Schlafzimmer. Sie wollte »Both Sides« hören, Phil Collins sollte ihr den vollen Sound seiner angerauhten Stimme rüberschicken, eine dicke Portion Sehnsucht und Schmelz, ihr war danach. Den kleinen Radiowecker stöpselte sie aus.
    » We wait and we wonder«, kurz danach schlief sie ein, den Song im Ohr. Sie würde nicht teilnahmslos abwarten und zusehen, was er tat. »We wonder?« Wundern würde er sich, auf ihrem Kopfkissen breitete sich ein nasser Fleck aus. Sie spürte es nicht mehr, sie war eingeschlafen.
    Sie hörte Till nicht zurückkommen. Nachts wachte sie auf, sie mußte aufs Klo. Ihre Lippen fühlten sich spröde an, die Augenlider klebten, und ihr Bauch war aufgetrieben wie kurz vor der Periode, es war nicht die Zeit, aber vielleicht blutete sie auch, besondere Ereignisse lösten das manchmal bei ihr aus.
    Sie stand auf und schlappte ins Bad, an der Garderobe vorbei, aber sie achtete nicht darauf, ob sein Mantel dort hing. Sie wollte es gar nicht wissen. Sie sah auch nicht nach, ob seine Schuhe auf der Sisalmatte standen. Sie hatte beschlossen, sich einfach nicht mit ihm zu beschäftigen. Nicht jetzt. Die Flüssigkeit aus sich ablassen und weiterschlafen, es war schön, in den Schlaf abzusinken, es würde früh genug wieder Morgen werden.
    Sie pinkelte und starrte dann auf den dunkelgelben Tümpel in der Kloschüssel, es war kein Blut dabei, dafür roch es nun streng nach Urin, ihr eigener Geruch biß ihr in die Nase. Sie

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