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Hexenseelen - Roman

Hexenseelen - Roman

Titel: Hexenseelen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Krouk
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Nachzehrer gesehen hatte, der schwitze. Sie stieß sich von der Wand ab und schleppte sich vorwärts, zu ihrem Zimmer.
    Kehr um! Du bist noch nicht fertig.

    Nein! Sie schüttelte so heftig den Kopf, dass sie beinahe gegen eine mannshohe, antik anmutende Vase gelaufen wäre. Ich kann ihm nicht wehtun, nicht schon wieder, nicht noch mehr.
    Sie flüchtete um die Ecke und prallte mit Linnea zusammen. Die Schlangenfrau - abgemagert, mit zerzaustem Haar und in etwas gehüllt, das wie ein Bettlaken aussah, wich zurück und drückte sich an die Wand. Ylva wollte weiter, doch der Blick der kalten, blinden Augen und die Leere darin ließen sie nicht los. Im ersten Moment dachte sie, die Frau würde nichts um sich herum realisieren. Bis ein Lächeln über Linneas Züge huschte, diese lieblich und mädchenhaft zeichnete.
    »Ich habe ihr gut gedient, und sie wird mich belohnen«, zischelte sie so melodisch, als würde sie singen. Langsam wiegte sie ihren Körper hin und her, einer Kobra ähnlich. Jede ihrer Bewegungen wirkte geschmeidig, jeder Laut schien sich von einer gespaltenen Zunge zu lösen. Als würden die physischen Veränderungen bei ihr noch schneller, noch heftiger voranschreiten als bei anderen Metamorphen. Kein Mensch - ein Reptil lauerte auf seine Opfer hier im Flur.
    Ylva wollte an ihr vorbeihuschen, wünschte sich, ihr so schnell wie möglich entfliehen zu können. Aber unter dem Laken schnellte eine Hand hervor, und die knochigen Finger bohrten sich in ihre Schulter.
    »Ja, ja«, stimmte Linnea ihr Schlangenlied wieder an. »Ich werde gut belohnt. Sie hat es versprochen. Sie gibt mir Conrad zurück, wie sie ihn mir schon einmal gegeben
hat. Niemals wird er dir gehören, Rattenmädchen, niemals.«
    Mit einem Mal wurde Ylvas Mund trocken. Sie zweifelte, ob sie diese Begegnung nicht doch nur träumte, so irreal wirkten das Gespräch, die knochige Hand und die verwirrte, entthronte Königin.
    »Wer hat dir das versprochen?«, brachte Ylva endlich zustande und tadelte sich sogleich. War es wirklich klug, mit einer Verstörten ein Gespräch anzufangen? Aber dann dachte sie an Finn und seine Stimme, die ihr damals in ihrer eigenen geistigen Umnachtung Halt gab. Vielleicht sollte sie versuchen, der Frau zuzuhören, ihr zu helfen. Vielleicht konnte sie noch etwas für die Arme tun.
    Linneas Zunge zuckte zwischen den zu einem Lächeln angespannten Lippen vor und zurück. »Oya. Du kannst gegen sie nicht gewinnen. Conrad und ich werden wieder vereint.«
    Ylva riss sich von der Hand los wie von einem Ast, in dem sich ihre Kleidung verheddert hatte. Sie war nicht Finn. Sie konnte nicht, was er gekonnt hatte. Ausgerechnet jetzt Linneas Gegenwart zu ertragen, dazu besaß sie weder die nötige Stärke noch die innere Ruhe.
    Die zischelnden Laute verfolgten sie, ließen sie schaudern und schürten ihre Sorge. Was wollte Oya noch von Conrad? Steckte vielleicht mehr dahinter? Konnte die Hexe ihn wirklich in Linneas Arme zwingen, und hatte Ylva überhaupt eine Chance, ihn ihr zu entreißen, sollte das tatsächlich passieren?

    Nein, vermutlich nicht , prophezeite der Dämon, und Ylva hasste die Gewissheit, die in seiner Antwort mitschwang. Wenn dein Totenküsser den Widerstand aufgibt, ist er verloren.
    Sei endlich still! Noch mehr Kummer würde sie einfach nicht ertragen.
    Aber er ließ sie nicht mit ihren Gedanken allein. Du musst zu Ende führen, was du angefangen hast. Nur du kannst ihm wieder emotionalen Halt geben.
    Endlich erreichte sie die Schwelle ihres Zimmers. Sie machte noch ein paar Schritte hinein und ließ sich auf das Bett fallen. Was? Was soll ich denn noch tun? … und was habe ich eigentlich eben getan?
    Wie damals am Dammtor konnte sie nicht in Worte fassen, was vorgefallen war. Der Dämon war ausgebrochen, war mit seinen Klauen in Conrad eingedrungen und hatte ihm wehgetan. Das wusste sie noch. Bis sie in das Geschehen irgendwie eingegriffen … und damit etwas Furchtbares heraufbeschworen hatte. Noch mehr Schmerz, noch mehr Leid.
    Pragmatisch fuhr der Dämon fort, als würde er ihr eine Speisekarte vorlesen: Du hast ihm die traumatischen Gefühle entrissen. Sogar … viel mehr, als nötig gewesen wäre. Du musst ihm etwas dafür zurückgeben, ihm helfen, wieder zu empfinden.
    Ylva rollte sich auf den Rücken und blinzelte die malerische Decke an, die über ihrem Kopf ein Stück Himmel und Wolken und pausbäckige Engelchen zeigte. Ich verstehe das nicht.

    Dein Totenküsser spürt nichts mehr. Deshalb musst du

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