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Hexenseelen - Roman

Hexenseelen - Roman

Titel: Hexenseelen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Krouk
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wollte sie so wenig wie möglich von ihrem Gemütszustand preisgeben.
    Tatsächlich wurde sein Ton aber etwas sanfter. »Das ist Plattdeutsch für ›Pflanzen und Blumen‹. Ein sehr schöner Park, zugegeben nicht zu dieser Jahreszeit. Siebenundvierzig Hektar mit beeindruckender Flora. Allein
diese Gewächshäuser erstrecken sich über 2800 Quadratmeter. Wussten Sie, dass die gesamte Glaskonstruktion aufgehängt ist und …«
    »Ich habe keinen Vortrag gebucht.«
    Conrad verstummte, und allein durch sein Schweigen brachte er sie dazu, es zu bedauern, ihn so angefahren zu haben. War sie denn gänzlich übergeschnappt, ihn auch noch zu provozieren?
    Doch erstaunlicherweise war er es, der sich entschuldigte. »Verzeihung. Wenn es um Pflanzen geht, gerate ich sehr schnell ins Schwärmen. Waren Sie schon im Japanischen Garten? Dort …«
    »Nein, ich habe gerade andere Probleme, falls Ihnen das noch nicht aufgefallen ist.« Ylva hielt die Luft an und hätte sich am liebsten eine Hand vor den Mund geschlagen. Was war denn nur in sie gefahren? Sie hatte sich doch eben erst vorgenommen, ihn nicht mehr anzuschnauzen. Regte sich da etwas in ihrer Brust? Die Larven, die sich zu einem Klumpen drängten … Ylva stöhnte und presste sich die Finger gegen die Stirn. Nein, es durfte sie nicht noch einmal überwältigen! Hatte sie noch Kraft zu kämpfen? Würde sie es schaffen zu widerstehen?
    Sie ließ sich auf seine zusammengerollte Lederjacke sinken, schlang die Arme um den Bauch und ließ den Kopf hängen. »Was ist mit mir passiert?«, stöhnte sie, und diesmal gab sie sich keine Mühen, das Beben in ihrem Innern zu verbergen. Nur weinte sie nicht, obwohl sie weinen wollte, denn sie wagte es nicht, die
Tränen zuzulassen, weil ihre Angst vor dem Flüstern in ihrem Kopf noch größer war als ihre Angst vor dem Totenküsser.
    »Das vermag ich leider nicht mit Sicherheit zu beantworten. Würden Sie mich bitten, Vermutungen anzustellen, würde ich Sie als besessen bezeichnen. Es hat einen Tag lang gedauert, Sie zu finden. Zum Glück kam ich rechtzeitig, bevor Sie einen Obdachlosen anknabbern konnten. Nachdem ich Ihnen Lebensenergie eingeflößt hatte, sind Sie zusammengebrochen. Aber zumindest wurde Ihr Körper nicht mehr … beherrscht. Danach haben Sie lange geschlafen.«
    Einen ganzen Tag hatte sie unter Fremdeinfluss verbracht! Und wusste nicht einmal, was es war, was ihren Körper lenkte, wenn sie nicht bei Bewusstsein war. Ylva sprang auf, machte ein paar unsichere Schritte hin und her und lehnte sich gegen einen Baumstamm. »Ich wollte einen Obdachlosen anknabbern? Wirklich von ihm essen?« Mit bebender Hand fuhr sie sich durch das wirre Haar. Ihr wurde schwindelig, die Umgebung erschien ihr verschwommen, die Farben verblassten. Nur ihre Nase und ihr Gehör lieferten ihr noch Hinweise zur Orientierung. »Ich wünschte, ich hätte niemals meinen Verstand zurückerlangt. Ich wünschte, ich wüsste nicht, was ich tue oder beinahe getan hätte«, flüsterte sie.
    Abermals wurde sein Ton weicher. »Ich bin mir sicher, das waren nicht Sie, sondern dieses …«
    Traue ihm nicht!
    Sie schloss die Augen. »Aber macht es das denn besser?
Es ist in mir. Vielleicht ist es - ein Teil von mir. Wie die Ratte.«
    »Die Ratte ist Ihr Seelentier.«
    Ylva hörte, wie er einen Schritt auf sie zu machte. Ihr Nacken verkrampfte sich, instinktiv krallte sie ihre Finger um einen Ast. Den Tod so nah zu spüren, war mehr, als sie ertragen konnte.
    Er bemerkte es und trat sofort zurück. Die Intensität der Wahrnehmung ließ nach, und Ylva schnappte nach Luft.
    »So schlimm?«, hörte sie ihn betroffen fragen.
    Ylva nickte, durch ihre Panikattacke der Fähigkeit zu sprechen beraubt.
    »Verzeihung. Ich habe nicht oft Umgang mit Metamorphen und vergesse manchmal, wie mein Zustand auf … empfindsame Gemüter wirkt.«
    Sie löste sich aus ihrer Starre und brachte sich dazu, ihn anzusehen, mit einer inneren Beklemmung, die nicht weichen wollte. Er hielt genug Abstand, damit die Angst sie verschonte. Sie lächelte ihm zu, dankbar für sein Verständnis und seine Zurückhaltung, aber es war noch zu dunkel, als dass er es hätte sehen können.
    »Wissen Sie, was mit mir los ist?«, wisperte Ylva, ohne ihren Blick von ihm abzuwenden. Obwohl ihre Instinkte das Gegenteil behaupteten, beobachteten ihre Augen weder einen Killer noch eine auferstandene Leiche. Sondern jemanden, der sich um sie gekümmert hatte, der nicht auf sie herabsah, sondern ihr mit Achtung

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