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Hexenseelen - Roman

Hexenseelen - Roman

Titel: Hexenseelen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Krouk
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jetzt oder du lässt es.«
    Ylva schmunzelte. Irgendwie vereinbarte sich das Bild, das sie gerade von ihm bekam, nicht mit dem des grausamen Mörders, dessen Kuss sie fast das Leben gekostet hatte. Während er mit ihrer Ratte plauderte, wirkte er so … ungezwungen. So fürsorglich. Sie befühlte die Jacke unter ihrem Kopf. Gehörte das Kleidungsstück ihm?
Wollte er, dass sie es bequem hatte? Oder sättigten ihn glückliche Opfer einfach besser?
    Trau ihm nicht , rauschte es in ihrem Kopf, und obwohl der Gedanke ihr gehörte, woran sie keine Zweifel hatte, fühlte sich dieses Flüstern abstoßend und fremdartig an. Er ist dein Feind, er wird dich vernichten! Sobald er genug mit dir gespielt hat. Aber konnten die Gedanken unter der Haut kribbeln? In den Blutbahnen prickeln und so sehr ihr Hirn benebeln, dass sie sich nicht mehr in der Wirklichkeit wähnte und kaum noch wusste, wer sie war?
    Sie spürte das Pieken winziger Krallen auf ihrer Haut und das Fell, das ihre Wange kitzelte. Der Nager hatte bemerkt, dass sie wach lag, kam sofort angesprungen und vertrieb durch seine Anwesenheit das merkwürdige Flüstern ihrer Gedanken. Ylva freute sich, ihn bei sich zu haben, als wäre sie erst in seiner Nähe vollständig, ein ganzes Wesen und nicht nur ein halbes.
    »Hallo, mein kleiner Freund«, hauchte sie ihm entgegen und kraulte ihm den Nacken, so weit es ihr möglich war, während das Tier auf ihr herumkletterte und sie beschnupperte.
    »Wie geht es Ihnen?«
    Ylva fuhr zusammen. Sie hatte ihren Feind immer noch auf dem Stein vermutet, dabei stand er jetzt irgendwo hinter ihr, und sie hatte nicht einmal bemerkt, wie er sich bewegte. Sie drehte den Kopf, langsam, wie ein Kind, das sich vor dem fürchtet, was es gleich erblickt, und schaute zu ihm auf. Durch das hohe Glasdach fiel kaum Licht herein, obwohl es anscheinend bereits tagte.
So gelang es ihr nicht, an seiner Haltung, seiner Mimik, seinen Gebärden abzulesen, was er möglicherweise vorhatte. Sie musste sich auf ihr Gehör und ihre Nase verlassen. Aber wie roch man jemanden, der keinen Geruch hatte? Und wie entkam man jemandem, der sich so leise anschleichen konnte?
    Ihr Magen knurrte, und in ihrem Bauch brodelte es. Sie hatte Hunger.
    Conrad lehnte sich mit der Schulter an einen Baumstamm. »Fenchel oder Apfel?«
    Ylva registrierte, wie sein Ton sich veränderte. Seine Stimme schien weniger kalt und distanziert zu klingen, sondern beinahe neckend. Oder bildete sie sich das nur ein? Um nicht vor Panik zu erstarren, um seine Anwesenheit überhaupt ertragen zu können? Denn die Gänsehaut wollte nicht verschwinden, und ihr Herz schien nun irgendwo in ihrer Kehle seine SOS-Zeichen zu klopfen. Sie erstickte buchstäblich an ihrer eigenen Angst.
    Ylva rappelte sich auf, jederzeit bereit, die Flucht zu ergreifen. Obwohl sie ahnte, wie niedrig ihre Chancen lagen, vor einem Totenküsser wegzulaufen. Der einzige Grund, warum sie noch lebte, lautete: Weil er es ihr erlaubte.
    »Wo bin ich eigentlich? Und wie …« Sie dachte an ihren Ausbruch aus dem Haus, an diese Stella, die ihr einen Stiefelabsatz in den Handrücken gerammt hatte. Danach klaffte ein Loch in ihrem Gedächtnis. Das Dunkle! Es hatte die Herrschaft über sie übernommen. Sie lauschte in sich hinein, bemerkte aber keine Spur von
dem grässlichen Ding, das sie aus ihrem eigenen Körper verdrängen wollte. Es war da, das wusste sie, aber es schlief, gesättigt und zufrieden.
    »Wo bin ich?«, wiederholte sie mit Nachdruck, um ihre Unsicherheit zu überspielen. Sie wollte Antworten, am liebsten auf alles, und zwar sofort. Um wirklich zu begreifen, was das Ganze um sie herum zu bedeuten hatte, und die Angst zu vertreiben.
    Conrad schwieg, als wollte er sie vorerst sondieren. Zumindest fühlte sich sein eindringlicher Blick genauso an. »Draußen war es kalt, und Sie sind nicht sonderlich wetterfest angezogen«, sprach er, und es kam ihr vor, als trenne sie urplötzlich eine durchsichtige Wand voneinander. Glaubte sie vorher noch, etwas Wärme in seinem Ton zu spüren, so drang jetzt kaum noch irgendein Gefühl durch. »Sie sollten es warm haben, solange Sie noch schliefen. Ich bin ins Tropenhaus von Planten un Blomen eingebrochen und konnte die Wachleute davon überzeugen, dass es sich schon so gehört. Dem Âjnâ sei Dank.«
    »Bitte?« Ihre Stimme vibrierte wie Glas kurz vorm Zerspringen. Ylva fluchte innerlich. Sie konnte ihre eigene Angst riechen, und sicherlich entging diese auch ihrem Feind nicht. Dabei

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