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Hexenseelen - Roman

Hexenseelen - Roman

Titel: Hexenseelen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Krouk
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begegnete. In seiner Gegenwart fühlte sie sich wie eine Dame, nicht wie ein Rattenmädchen.

    »Das - hm, mangels genauerer Sachkenntnisse lassen Sie es uns ›Ding‹ nennen - ist etwas Fremdartiges«, fuhr Conrad fort.
    Wieder musste Ylva dabei lächeln. Wie seltsam seine Sprechweise klang - mal lässig, mal gehoben, und dennoch gingen seine Worte ihr nahe. Sie wünschte sich, sie müsste ihn nicht fürchten. Sie wünschte, sie könnte ihre Sinne verstummen lassen und sich in seiner Gegenwart wohlfühlen. Ein törichter Wunsch. Ob er, ähnlich wie Linnea, Methoden kannte, sein Gegenüber zu benebeln und dessen Willen zu brechen? War sie bereits in seinen Bann geraten?
    Währenddessen redete er weiter, und nichts deutete darauf hin, dass er ihr etwas aufzwingen wollte: »Etwas derartiges ist mir noch nie begegnet, und das soll schon was heißen. Es gehört ganz sicher nicht zu Ihnen. Nicht einmal zu dieser Welt.«
    Ylva ertappte sich, wie sie ihn noch immer anstarrte. Gleichzeitig spürte sie etwas in ihrer Brust pulsieren, zuerst schwach, dann immer stärker. Es fühlte sich dunkel an. Fremdartig. Widerlich. Etwas, was den Totenküsser verjagen wollte, weil er sie von dem Abgrund, an dem sie stand, zurückhielt.
    »Und das sagt ausgerechnet ein lebender Leichnam?«, hörte sie ihre eigene Stimme. Ihr Herz setzte für eine Sekunde aus. Das wollte ich nicht, ganz sicher nicht …
    Wolltest du doch.
    Nein! Sie presste sich die Hände gegen die Ohren, schlug die Zähne in ihre Zunge und schmeckte Blut. Ob
sie stets auf diese Weise den Verstand verlor? Und jetzt wieder?
    »Es versucht erneut, die Kontrolle zu übernehmen, nicht wahr? Dieses Ding gehört nicht zu Ihnen! Hören Sie mich? Es ist kein Teil Ihrer Seele!« Er redete immer lauter. Mit einem Mal kam ihr seine Stimme schneidend, eindringlich, unangenehm vor. Ylva spürte den Drang, den Worten zu entfliehen. »… nicht Sie! Nicht. Sie.«
    Das Flüstern in ihrem Kopf schwand, ihre eigenen Gedanken sickerten in ihr Hirn. Das Ding - das bin nicht ich. Sie musste es nicht nur denken, sie musste es sagen, sich dazu zwingen, die Wahrheit auszusprechen, auch wenn das Dunkle ihr den Mund zu verstopfen drohte.
    Das stete Pulsieren in ihrem Inneren begann zu flimmern und erstarb. Ylva fand sich auf den Knien wieder, registrierte Conrad direkt vor sich, ebenfalls kniend. Als er die Besserung ihres Zustandes bemerkte, kam er rasch auf die Beine und wich mehrere Schritte zurück. Natürlich, damit sie keine Angst vor ihm haben musste.
    Ylva schloss die Augen. Sie wünschte … Genug! Dies war nicht der richtige Zeitpunkt für dumme Wünsche, die ohnehin nicht in Erfüllung gehen konnten. Denn es gab nichts, was ihre Wahrnehmungen überlisten würde. Es lag in der Natur der Sache, Conrad zu fürchten.
    »Ich habe keine Ahnung, was mit mir geschieht«, gestand sie. Auch wenn er ihr keine Geborgenheit durch seine Nähe schenken konnte, so hörte er wenigstens zu. Und sie musste jetzt einfach ihr Herz ausschütten, um nicht erdrückt zu werden. Irgendjemandem. Ihm. Weil
sie das Gefühl hatte, er würde verstehen, auch das, was sie selbst noch nicht verstand. »Ich bin bei Linnea in einem Käfig aufgewacht. Meine letzten Erinnerungen stammen aus der Zeit, als ich ein kleines Kind war. Mir fehlen etliche Jahre, in denen ich wer weiß was getrieben habe.«
    »Linnea hat Sie in einen Käfig eingesperrt?«
    »Wie man sieht - zu Recht. Ich bin gemeingefährlich und unberechenbar. Was auch immer dieses Ding ist, lange werde ich es nicht aushalten können. Und ich habe keine Ahnung, was ich machen soll.«
    »Nun, Sie kommen erst mal mit mir, dann sehen wir weiter. Ich habe Rivas informiert, er holt uns am Dammtor mit dem Wagen ab.«
    Ylva schnappte nach Luft. Es sind Totenküsser, hämmerte es in ihr, alles Mörder!
    »Warum glauben Sie, ich würde mit Ihnen irgendwohin fahren?«, entgegnete sie widerborstig.
    Er hob seine Jacke vom Fußboden, schüttelte sie aus und zog das Kleidungsstück an. »Weil Sie keine Wahl haben, so leid es mir auch tut, Ihnen das zu sagen.«
    Ylva schluckte krampfhaft. Welche Optionen hatte sie schon? In einer Auseinandersetzung war sie Conrad nicht gewachsen, außer sie würde dem Ding erlauben, ihren Körper zu übernehmen. Sich an das Dunkle verlieren. Was nicht infrage kam. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als dem Totenküsser zum Ausgang zu folgen.
    Draußen stürmte es. Der Wind fegte durch die Parkanlage, riss die Blätter von den Bäumen und

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