Hexenseelen - Roman
sie seinen Namen aussprach.
»Ich schätze, damit sind wir quitt«, sagte er und sie spürte einen Stich in der Brust, so brüchig klang seine Stimme.
Conrad stand auf. Sie erhob sich ebenfalls, obwohl ihre Beine sich wackelig anfühlten und sie glaubte, gleich zu stürzen. »Quitt?«
Immer noch bemühte sie sich, ihm in die Augen zu schauen, ihm irgendwie zu erklären, dass sie es nicht gewollt hatte. Dass das Ding einfach stärker war und …
In ihrem Geiste durchlebte sie die Empfindungen erneut, die sich das Ding von ihm geholt hatte, und erst jetzt wurden ihr die Ausmaße ihres Tuns klar. Es gab nichts, womit sie das hätte rechtfertigen können. Nichts, was er ihr verzeihen würde.
Conrad wandte sich von ihr ab. »Ich habe Sie im Keller fast umgebracht, obwohl ich mich zu diesem Zeitpunkt eigentlich gar nicht nähren musste. Und Sie … was auch immer Sie gerade getan haben, es hat Ihnen anscheinend geholfen, dieses Ding zu besänftigen. Das ist schön. Aber
ich warne Sie: Wagen Sie es nie wieder, mich anzufassen.« Die Härte der Worte, die er ihr entgegenschleuderte, schmerzte sie mehr als die Folter, der das Ding sie unterzogen hatte.
»Conrad, es tut mir leid. Du …«
»Es würde mir sehr entgegenkommen, wenn wir beim Sie blieben.«
Sie verstummte, während sie auf seinen Rücken starrte und mit den Tränen kämpfte. Obwohl sie nicht wusste, warum ihr so sehr nach Heulen zumute war.
Zum Glück regnete es. Zum Glück würde keiner bemerken, was in ihr vorging.
»Ylva, mein Mädchen, wie bin ich froh, dass dir nichts passiert ist!« Linneas Duft wehte zu Ylva herüber, und sie wurde sich einer anderen Gefahr bewusst. Die Schlangenfrau! Ylva musste sich zwingen, den Blick von Conrad zu lösen und ihre Königin und Gebieterin anzuschauen, die ihnen entgegeneilte.
Linnea betrachtete sie mit einem wohlwollenden, selbstzufriedenen Lächeln und öffnete, als sie bemerkte, dass Ylvas Aufmerksamkeit ihr galt, die Arme. »Wie geht es dir? Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht!«
Ylva wich zurück, Schritt um Schritt, auch wenn sie wusste, dass sie nicht weit fliehen konnte.
Einen Scheißdreck hast du , dachte sie verbittert, doch in ihrem Inneren wusste sie, dass sie sich nicht über Linnea ärgerte. Sondern über sich selbst. Über das, was sie war, und wie viel Schmerz sie den anderen noch würde zufügen müssen, sobald das Ding danach verlangte.
Ylva stieß mit jemandem zusammen und wurde zur Seite geschubst, während Linnea sie fast erreicht hatte. Gleich würde sie sich in ihrer Umarmung wiederfinden und sich selbst verlieren, unter dem hypnotischen Duft zu einer willenlosen Marionette mutieren.
Doch dazu kam es nicht. Conrad, der offenbar mit Linneas Auftauchen gerechnet hatte, stellte sich der Königin in den Weg.
»Bleib ihr fern«, sagte er in einem Ton, der vermutlich auch eine Spezialeinheit im Einsatz aufgehalten hätte. Und Linnea gehorchte, hielt inne, anscheinend selbst verwundert über die Macht seiner Worte und ihre Bereitschaft, ihm zu gehorchen.
»Was soll das?« Sie kniff die Augen zusammen und musterte ihn mit kalter Wut und verzerrtem Gesicht. Von dem jungen, unschuldigen Mädchen, als das sie sich gern zeigte, blieb nichts mehr übrig. »Die Abmachung lautete, dass du sie retten und in Sicherheit bringen würdest. Das hast du getan. Jetzt gehört sie mir. Sie ist nicht deine Gefangene!«
»Deine auch nicht. Und noch hast du deinen Teil der Abmachung nicht erfüllt.«
Ylva entspannte sich ein wenig. Auch wenn Conrad sie verabscheute - er würde sie beschützen, und das war im Moment alles, was zählte.
Gleichzeitig wurmte es sie, zwischen den beiden das vertrauliche Du zu hören, das Conrad ihr verwehrte. Natürlich war sie nicht eifersüchtig, nur irgendwie … gekränkt. Ausgerechnet Linnea! Aber wenigstens schlich
sich in seinen Ton nicht sonderlich viel Wärme ein, wenn er mit der Königin sprach, da hatte die Ratte kürzlich um einiges mehr an Herzlichkeit von ihm erfahren.
Hinter Linnea kam ein dunkelhaariger Mann heran, der Ylva bereits im Keller aufgefallen war. Seine markanten Gesichtszüge, die wie geschnitzt wirkten, hatten sich ihr ins Gedächtnis eingeprägt. Ganz besonders die Adlernase, die ein wenig zu groß wirkte, und das kräftige Kinn, das ihm etwas sehr Männliches verlieh. Außerdem assoziierte sie ihn unbewusst mit der Schwarzhaarigen, die in dem Keller bei Finn gewesen war, da zwischen den beiden irgendeine Verbindung zu bestehen
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