Hexenseelen - Roman
damaligen Zustand - war. Fällt dir ein solcher Ort ein?«
Alba überlegte, während sie an ihren Haarspitzen zupfte. »Ich habe dich einmal vor dem Haus gesehen, in dem Finns Großmutter gelebt hat. Das ist in Övelgönne. Ach, ich denke immer noch an sie, als wäre sie seine Oma gewesen, dabei war sie es gar nicht. Wie auch immer. Du hast damals versucht, den Rotmilan - Finns Seelentier - in Sicherheit zu bringen. Meinst du, das würde passen?«
Ich weiß es nicht , hätte sie antworten sollen. Stattdessen
nickte sie. »Klar. Mach dir keine Sorgen. Wir finden schon hin. Nur … müssen wir irgendwie Roland loswerden, weil ich nicht glaube, dass die anderen erfreut sein werden, wenn sie erfahren, was wir vorhaben.« Sie hörte schon die Schritte des molligen Nachzehrers auf der Treppe.
»Überlass das mir!« Alba grinste verschwörerisch. »Ich habe da eine Idee.«
Als Roland mit dem Essen zurückkam, verkündete Alba, dass Ylva neue Kleidung bräuchte, und schlug eine Einkaufstour durch die Innenstadt vor. Roland murrte ein »Muss das wirklich sein?«, willigte jedoch ein. Auch Conrad hatte keine Einwände und gab ihnen sogar die Schlüssel von seinem Transporter.
Zu dritt quetschten sie sich in die Fahrerkabine. Alba startete den Motor und fuhr vorsichtig los. Ylva sah ihr an, dass sie an ganz andere Autos gewöhnt war.
Das Fehlen der Ratte auf ihrer Schulter fiel Ylva zu spät auf. Ob sie zurückfahren sollten? Doch das würde verdächtig wirken. So blieb ihr nur zu hoffen, dass der Nager sie schon finden würde.
Bald gelangten sie ins Stadtzentrum, und Ylva konnte sich an den Lichtern, die ihr aus der Dunkelheit entgegenfunkelten, nicht sattsehen. Einige Gebäude wurden von Strahlern beleuchtet und hatten etwas Magisches an sich, was sie unwiderstehlich anzog.
Nach einigem Suchen und Fluchen gelang es Alba, den Transporter in einem Parkhaus abzustellen, das für eine Stunde so viel Geld verlangte, als hätten sie sich einen
Platz auf der Wiese vor dem Weißen Haus reserviert. Alba hakte sich bei Ylva unter und zog sie mit sich zur Mönckebergstraße, an der entlang sich die Schaufenster in all ihrer Pracht zeigten. Unzählige Passanten liefen hier herum, was Ylva ganz wuselig machte. Bereits nach wenigen Minuten begann sie sich in diesem Gewimmel äußerst unwohl zu fühlen. Um sich abzulenken, versuchte Ylva die Namen der Läden zu entziffern: Z-A-R-A, C-misslungene Brezel-A, E-S-P-R-I-T. Alba dagegen ähnelte einem Spürhund, der die Fährte von Schnäppchen und Top-Angeboten aufgenommen hatte.
»Ist zwar nicht die 5th Avenue, bereitet aber trotzdem jede Menge Einkaufsspaß. Na komm schon! Wir haben nicht so viel Zeit, bis die Läden schließen.« Schon schleppte Alba sie in ein Warenhaus, während Ylva sich in dem Getümmel um sie herum zu orientieren versuchte. Von so vielen Menschen, Gerüchen und Lärm wurde ihr schwindelig. Sie wünschte sich hinaus. In die Ruhe und Stille. In den Blumenladen. Zu Conrad. Es gelang ihr kaum, die Reize, die ihre empfindlichen Sinnen überfluteten, zu verarbeiten. Alba hingegen fühlte sich in ihrem Element. Sie zerrte Ylva von einem Kleiderständer zum nächsten, während Roland brav hinter ihnen hertrottete und die Einkaufstüten, die sich vermehrten, schleppte.
Ylva ließ alles mit sich machen, was Alba in den Sinn kam. Es gehört zum Plan, da musst du durch, erinnerte sie sich immer wieder. Denn ohne diese Beschwörung hätte sie noch früher als Roland zu nörgeln begonnen und sicherlich schon längst das Weite gesucht.
Rolands Aufmerksamkeit ließ merklich nach, auch er hielt den Shoppingmarathon kaum durch. Er wirkte fahler als sonst und irgendwie aufgedreht, je länger er im Tumult der Einkaufswütigen verweilte. Kein Wunder, wenn um ihn so viel Essbares herumschwirrte.
»Er macht es nicht mehr lange«, flüsterte Alba Ylva in einer Umkleidekabine zu. »Ich glaube, das Rauschen so vieler Gedanken und die ganzen Auren um ihn herum machen ihm schwer zu schaffen. Da gelingt es uns sicherlich bald, in der Menge unterzutauchen. Er wird uns nicht finden.«
Ylva zählte schon längst nicht mehr, in welchen Läden sie gewesen waren und in wie viele Sachen sie hineingezwungen wurde. Wenigstens durfte sie ihre alten Klamotten loswerden und neue Wäsche und Kleider anbehalten, die, zugegebenermaßen, perfekt saßen. Auch wenn es ihr einiges abverlangte, Albas Ansprüchen gerecht zu werden.
Allein die High Heels weigerte sich Ylva anzuprobieren, weil die
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