Hexenspuk in Wokingham
Ich will nicht, daß du unsere ehrsame Zunft in Verruf bringst. Du wirst heute nachmittag einige ganz einfache Übungen machen.“
„Och“, seufzte Penny, denn einfache Übungen waren immer entsetzlich langweilig.
„Kind, du mußt endlich Fortschritte machen. Ich schlage vor, du gehst zu Nigel Welsh hinauf, setzt dich in sein Tankstellenhäuschen und zwingst jeden Fahrer, seinen Tank bei Nigel vollzutanken.“
„Ich werd’s versuchen“, sagte Penny ohne die geringste Spur von Begeisterung.
Räuberjagd auf Hexenbesen
Zu dritt trotteten sie hinaus zu Nigels Tankstelle. Goody, Cedric und Penny. Penny schmeckte der Schokoriegel nicht mehr, und da ihn keiner von den anderen haben wollte, blieb sie am Weidezaun des Bauern Cooper stehen und lockte zwei Kälbchen herbei. Denen schmeckte der Schokoriegel vorzüglich. Dann gingen sie weiter, und Penny fing an zu jammern.
„Das wird ein Nachmittag werden! Ach, wäre er nur schon zu Ende. Den ganzen Nachmittag dahocken und sich unentwegt konzentrieren... Was glaubt ihr, wie anstrengend das ist. Mit Radfahrern geht es viel leichter, auch noch mit Motorradfahrern. Aber mit den Autofahrern, besonders mit den dicken Wagen, ist es schon verdammt schwer. Wenn sie wenigstens jeder dritte gesagt hätte oder meinetwegen auch jeder zweite, aber jeder, wißt ihr, was das heißt? Das ist Knochenarbeit, verrate ich euch.“
Die zwei anderen schwiegen, weil sie nicht die geringste Ahnung von solch einer Arbeit hatten. Sie waren nur neugierig, ob es Penny wirklich gelingen würde, jeden vorbeifahrenden Autofahrer an die Tankstelle zu lotsen. Insgeheim hofften sie auf den einen oder anderen Zwischenfall, wenn Pennys Konzentration nachließ.
„Was ist denn dieser Nigel Welsh für ein Typ?“ erkundigte sich Penny.
„Ach, der ist ganz nett“, sagte Goody. „Auf jeden Fall ist er meistens gut aufgelegt. Und Kleinigkeiten repariert er immer umsonst. Man kann bei ihm auch anschreiben lassen, was Mac ja öfters tun muß, weil er sein Geld so oft verlegt und es einfach nicht findet. Nur...“
„Jetzt sag bloß, er ist ein Langweiler.“
„Nein, das ist er bestimmt nicht. Ich wollte gerade sagen, Mädchen müssen sich bei ihm in acht nehmen, denen verdreht er nämlich gern den Kopf.“
„Das soll er bloß nicht bei mir versuchen. Heute bin ich gerade richtig in Fahrt.“ Penny machte ein ganz grimmiges Gesicht.
„Keine Angst, Penny“, versuchte Cedric die MB zu beruhigen. „Bei dir wird er es gar nicht versuchen, du bist noch zu jung dazu.“
„Zu jung?“ fauchte Penny. „Ich bin beinahe achtzehn. Wenn ich wollte, könnte ich fast schon heiraten, ich will aber nicht, verstanden? Ich bin sowieso schon eine Minderbegabte, und ich will das bißchen, was ich kann oder halbwegs kann, nicht auch noch in der Ehe verlieren.“
Fünf Minuten später wunderten sich Cedric und Goody nur. Penny war auf Nigel zugegangen und hatte gesagt: „Hej, ich heiße Penny.“
Und Nigel hatte gesagt: „Hallo, Penny, hübsches Mädchen, womit kann ich dich glücklich machen?“
Und da war ganz deutlich zu sehen, daß Penny knallrot wurde, bis unter den Hals hinunter und über die Haare hinauf, und außerdem war zu hören, daß sie regelrecht stotterte.
„N-n-n-nichts d-d-d-da. I-i-ich s-s-soll wa-wa-was t-t-tun.“
„Am besten, Nigel“, schlug Goody vor, „du gibst ihr einen Stuhl, damit sie sich darauf setzen kann. Weißt du, einen Stuhl mit Blick zur Straße. Wie ist es, hast du genug Wechselgeld da?“
„Wozu brauch ich genug Wechselgeld?“
„Weil du heute nachmittag ein Bombengeschäft machen sollst.“
„Warte, Baby“, sagte Nigel zu Penny. „Du kriegst den schönsten Stuhl, den ich hier auftreiben kann. Ich hab zwei in meiner Tankstellenbude, aber den schöneren bekommst du, den weniger schwierigen, den, der fast nicht wackelt.“ Penny hielt den Kopf gesenkt und tat so, als höre sie nicht. Anscheinend konzentrierte sie sich bereits. Kaum saß sie dann auf dem Stuhl, rollten schon die ersten beiden Autos an die Zapfsäulen. Das eine von links, das andere von rechts. Der Sprit lief noch» und schon waren die nächsten da. Goody und Cedric merkten, daß sie eingreifen mußten. Sie stellten sich an die Zapfsäulen, fragten: „Benzin oder Super? Soll ich Öl nachsehen, Sir?“ und was man eben alles an einer Tankstelle fragt.
Und Nigel kam drinnen im Häuschen nicht von seiner Kasse weg. Mann, war das ein Tag! Ein Tag, wie er ihn sich schon immer gewünscht
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