Hexenspuk in Wokingham
die Leute von Wokingham sehen, daß ich meine Kohlköpfe anlächle, dann schicken die mich in die...“
„Du wolltest Klapsmühle sagen, ich weiß. Aber denk nicht daran, was die Leute sagen, nimm dir vor, daß du den schönsten Kohlkopf weit und breit in deinem Garten hervorbringen willst. Wenn du es richtig machst und alle das Ergebnis sehen können, lacht keiner mehr über deine Methoden. Die Rosen zum Beispiel da drüben, die hören gern Gedichte. Nimm dir Zeit und lies ihnen jeden Tag mindestens ein Gedicht vor, die Sonette von Shakespeare wären hier angebracht.
Dann blühen die Rosen aus dem Schnee heraus. Mein Wort darauf, ich hab das ausprobiert. Die Gewürzkräuter dagegen sind allesamt ein wenig einfältig, aber sprich mit ihnen wie mit einem Baby und streichle sie ein wenig, sie danken es dir das ganze Jahr über. Die Bohnen hier haben es gern, wenn man sie grüßt. Nur guten Morgen, guten Abend, guten Tag, wie geht’s denn so? Vielleicht kannst du auch jedem Busch einen Namen geben. Guten Morgen, Charlie, Tony und Millie etwa. Du wirst nicht fertig mit dem Ernten, wenn du sie richtig behandelst. Und die grünen Bohnen haben dann auch keine Fäden.“
Mrs. Sloane dachte sich, ich lasse sie reden und mach es dann doch wie früher. Aber da kannte sie Periwinkle schlecht.
„Nein, nein, meine Liebe“, sagte die, „du sollst nicht denken, lasse sie nur reden. Du sollst auf das hören, was ich sage, und zwar zu deinem eigenen Vorteil. Wir brauchen keinen Dünger und keine chemische Industrie. Wir müssen auf die Wesen eingehen, die in unserem Garten wachsen. Das ist es.“
„Ich werd mir alles notieren“, versprach Mrs. Sloane, „damit ich nichts vergesse. Ich will es wirklich versuchen, Periwinkle, wenn du es sagst.“
„Ich sehe, du bist noch nicht ganz überzeugt, aber du hast wenigstens den guten Willen. Schon nach zwei, drei Tagen wirst du den Erfolg sehen. Glaub mir das. Und die Leute von Wokingham werden dich nicht auslachen, sondern sie werden dich bewundern und dich beneiden. ,Seht diese Mrs. Sloane an, welch herrliches Gemüse sie hat“, werden sie sagen. Die Zeitungsleute werden kommen und sogar das Fernsehen. Das heißt, wenn du dich an das hältst, was ich dir eben bei-
brachte und noch beibringen werde. Ja, und da ist noch etwas. Das hängt nicht von den Pflanzen ab, sondern von dir, ob du genügend feinfühlig mit ihnen umgehst.“
„Ja?“ fragte Jessie Sloane ängstlich.
„Eines Tages werden sie mit dir sprechen wollen. Erschrick dann nicht, sondern gib dich ganz ungezwungen. Rede mit ihnen, wie du mit deinem Mann sprichst. Möglichst noch etwas netter. Geh auf ihre Sorgen und Gefühle ein. Das genügt dann schon.“
Mrs. Sloane wußte nicht mehr, wo ihr der Kopf stand. Durch Cedric hatte sie schon erfahren, daß heutzutage in der Schule manches ganz anders war als früher, aber daß das mit den Pflanzen nun so ganz anders sein sollte als früher, das war kaum zu fassen. Zum Glück tauchten nun Cedric und Goody auf, denn sie mußte ins Haus, um die Kochkunst von Periwinkles Freundinnen in die richtigen Bahnen zu lenken.
„Na, ihr beiden?“ fragte Periwinkle. „Welchen Wunsch soll ich euch erfüllen?“
Goody zeigte Periwinkle das Foto und erzählte die Geschichte noch einmal von vorn, die sie schon Penny erzählt hatte.
„Und warum soll sie kommen?“ fragte Periwinkle.
„Das ist so eine Sache“, begann Cedric zögernd. „Erstens findet Goody sie nett, und zweitens möchte sie Junie ganz gerne als Frau für Mac haben.“
„Mac ist mein Vater“, erklärte Goody.
„Da dachten wir, vielleicht könntest du da ein bißchen nachhelfen..
„Ja, und drittens würde ich mit Junie gerne über das alles sprechen, was sich hier abspielt“, meinte Goody. „Seid ihr gestern wirklich über Wokingham herumgekurvt?“
„Wir haben nur einen kleinen Abendspaziergang gemacht.“
„Darf ich auch mal mit?“
„Wir werden sehen.“ Periwinkle wollte offensichtlich nichts versprechen. Dann verlangte sie das Foto. Sie sah es sich genau an und ging damit zur kleinen Terrasse, wo sie es auf den Gartentisch legte.
„Ich brauche einen Kiesel, etwa so groß wie eine Walnuß.“ Cedric hatte den Kiesel schnell zur Hand. Periwinkle legte ihn auf das Foto und guckte ihn scharf an. Was jetzt geschah, hätten sie nie geglaubt, wären sie nicht Zeugen des Vorgangs gewesen. Der walnußgroße Kiesel wurde kleiner. Erschmolz förmlich dahin, zunächst auf Haselnußgröße, dann war er
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