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Hexenstein

Hexenstein

Titel: Hexenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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die dumme Sache häuslichen Streits an der Backe, in welchem der Ehemann von seiner Frau durch den Glaseinsatz der Küchentüre geschmissen worden war. Bisher war es ihm nicht gelungen die Frau zu vernehmen und er wollte unbedingt Lydia oder Jasmin dabeihaben, weil er befürchtete, es könnte zu Schwierigkeiten kommen. Jedenfalls hatte er diesen Eindruck nach zwei Telefonaten und einem ersten zarten Versuch der persönlichen Kontaktaufnahme gewonnen.
    Ein paar Zimmer weiter war Funk daran, den Einbruch in eine Ferienwohnung in Bad Schachen zu klären. Eine saubere, gewissenhafte Arbeit, die man in dieser Qualität heute nur noch sehr selten zu sehen bekam. Der oder die Täter hatten angesichts des Diebesgutes einen hervorragenden Geschmack bewiesen. Zudem war kaum Schaden angerichtet worden. Sie mussten sehr gut informiert gewesen sein, denn es waren zwei wertvolle Ölgemälde, drei Zeichnungen und eine Bronzeskulptur entwendet worden. Funk recherchierte im Umfeld der letzten Mieter.
    Jasmin Gangbacher hatte den Schreibtisch mit Erfassungsunterlagen von DNS-Spuren voll und Erich Gommert jammerte über die Statistiken, die ständig von Kempten … hinter den sieben Bergen … angefordert wurden. Man schien dort eine Begabung zu entwickeln, ausgerechnet solche Daten abzufragen, die nicht durch einfachen Klick am Computer ausgewertet werden konnten. Gommert hatte zudem das Gefühl, dass es gar niemanden mehr gab, der in der EDV noch durchblickte. Einmal war er in großer Not gewesen und hatte in München im LKA angerufen, um Hilfe zu erbitten, denn an seinem Computer funktionierte gar nichts mehr. Er war zehnmal verbunden worden und was ihm der Mensch, den er schließlich am Telefon gehabt hatte, erzählte, verwirrte ihn mehr, als dass es ihm half. Inzwischen hatte er eine Strategie entwickelt, besonders nervige Anforderungen zu parken, wie er es nannte. Kam eine dieser Aufträge per Mail herein – wie so vieles Unwichtige –, so antwortete Erich Gommert sofort darauf mit einer unsinnigen Fragestellung, die möglichst nur im weiteren Dunstkreis des jeweiligen Sachverhalts anzusiedeln war. Das war schnell geschehen und verschaffte eine erste Verschnaufpause. Nicht selten hörte er davon nie wieder etwas.
    *
    Kimmel hatte es übernommen, alles Erforderliche für die Öffentlichkeitsfahndung nach Frau Kohn in die Wege zu leiten und Behördeninformationen über sie einzuholen – Standesamt, Einwohnermeldeamt und Zulassungsstellen wurden abgefragt.
    Schielin und Lydia Naber fuhren in Richtung Heimesreutin.
    Zuerst suchten sie das Ehepaar Kinkelin auf. Der alte Kinkelin stand am Stadeltor und zog gerade einem Hasen das braune Fell ab. Die unnatürlich weit gespreizten Hinterbeine waren mit Schnüren an zwei alte rostige Nägel geknotet, die zu diesem Zweck in das Holz geschlagen worden waren.
    Der alte Kinkelin erwiderte den Gruß nicht, drehte sich ihnen nur einmal zu und murmelte in aller Knappheit etwas Unverständliches. Er war so um die siebzig, doch wie er da stand, in seinem blauen Kittel und den Gummistiefeln, strahlte er Kraft aus. Dass auch er die Hitze spürte, war nur an dem feuchten Schweißring zu sehen, der sich rund um die alte Bergmütze zog, die er schräg auf den Schädel gezogen hatte. Die Frage, ob seine Frau zu Hause wäre, beantwortete er mit einer Bewegung des Kopfes zur Haustür hin. Lydia verdrehte die Augen. Schielin verzog die Lippen zu einem schmalen Lächeln.
    Schon im Gang roch es nach Kaffee. Er drückte die Tür zur Wohnstube auf und rief halblaut »Frau Kinkelin?«, um niemanden zu erschrecken.
    Erna Kinkelin saß auf einem Stuhl am Tisch und hatte die Zeitung aufgeschlagen vor sich liegen. Eine grobe Tasse’ stand auf dem blanken Holztisch, daneben lag ein verbogener Blechlöffel. Ein Radio spielte klassische Musik, es klang nach einem Quartett von Brahms. Schielin wunderte sich, denn er hätte hier eher Bayern 1, DRS1 oder SWR4 erwartet.
    Sie blieb sitzen, grüßte stumm und wies mit der Hand zur Eckbank. Schielin und Lydia Naber setzten sich und schwiegen eine Weile. Die Hand ihres Gegenübers strich in langsamen Bewegungen über das Zeitungspapier.
    »Sie wissen, was passiert ist?«, begann Schielin schließlich.
    Sie sah auf. »Was man halt so hört und liest.«
    Lydia Naber ergriff das Wort. »Wir haben Herrn Kohn tot im Haus drüben gefunden. Er ist aller Wahrscheinlichkeit nach erstochen worden.«
    Sie wartete auf eine Reaktion, die wie vermutet kam.
    »Und sie, die Frau Kohn …

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