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Hexenstein

Hexenstein

Titel: Hexenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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mindestens ein großer Hohlraum. Wenzel schnupperte. »Nichts zu riechen«, stellte er trocken fest.
    »Für Fliegen ist es hier herunten auch zu kühl«, ergänzte Lydia und lauschte in das Unbekannte.
    Wenzel inspizierte den Schrank genau, legte sich auf den Boden und pfiff anerkennend. »Gar nicht blöde. Das Ding steht auf Umzugsrollen. Sollte sich also ganz einfach wegschieben lassen.«
    Lydia holte die Videokamera, schnallte sie auf ein Stativ und ließ sie laufen. Die Scheinwerfer warfen ein grelles Licht, das von den Gläsern in alle Richtungen reflektiert wurde.
    In der Tat war es leicht, den Schrank zu bewegen, denn entlang der Wand war der Lehmboden glatt und gerade. Schon nach wenigen Zentimetern wurde ein dunkler Spalt sichtbar und als der Schrank gut einen Meter verschoben war, standen die beiden vor einem schulterhohen Durchschlupf. Das Licht der Taschenlampe verlor sich in einem gefassten Gang, der leicht anstieg und nach etwa drei Metern nach links abzweigte. Nichts war zu entdecken.
    »Meinst du, wir sollen da reingehen?«, fragte Lydia, Wenzel studierte den Boden im Streiflicht seiner Taschenlampe. Es waren keine Spuren zu erkennen. Trotzdem hielt er sich eng rechts an der Mauer, als er mit vorsichtigen Schritten losging: »Du wartest hier.«
    Am Knick angekommen, blieb er stehen und richtete die Taschenlampe nach oben.
    »Was ist da?« rief Lydia.
    »Sieht aus wie ein Schacht. Da sind Eisen in die Wand geschlagen, die können wie Stufen verwendet werden. Und oben, am Ausstieg, da sind kleine Spalten, durch die Licht fällt. Das muss irgendwo hinter der Garage sein.« Er rief ein paar Mal laut nach Schielin und Funk, ohne jedoch eine Antwort zu erhalten. Dann kehrte er zurück. Lydia sagte den anderen, die draußen am Hang vor der Garage suchten, was sie entdeckt hatten. Nicht dass dort jemand Spuren vernichtete. Denn nun war klar, dass Ewald Kubow ganz sicher keinen Geist in jener Nacht gesehen hatte. Und wenn es kein Geist war, dann mussten Spuren vorhanden sein.
    Der Schachtausgang lag versteckt hinter der Garage und im Schutz einiger Büsche. Der kreisrunde Ausgang war mit Betonringen gefasst, wie sie für Kanaldeckel verwendet wurden. Darauf befand sich ein eiserner Deckel, der allerdings nicht akkurat in der Fassung lag, und daher Licht in den Schacht ließ. Ein Stück entfernt im Gras fand sich ein runder Holzdeckel, der, den Rostspuren entsprechend, sonst über dem Eisendeckel zum Liegen kam.
    Wenzel und Lydia begannen mit der Spurensicherung. Schielin und die anderen suchten weiter. Das Ergebnis war mager. Auf dem Grundstück gab es keine Grabungsspuren und im Haus waren keine neuen Hohlräume festgestellt worden. Wenzel hatte einige Plastiktütchen befüllt, machte aber keinen sonderlich zufriedenen Eindruck. Man musste abwarten, ob brauchbare Spuren dabei waren. Robert Funk und Schielin hatten alle Unterlagen mitgenommen, die sie für interessant hielten. Schielin hatte einen Ordner gefunden, in dem ausschließlich Dokumente und Unterlagen in französischer Sprache waren. Bei der Durchsicht stellte er fest, dass sie alle Frau Kohn betrafen, da ihr Name Carmen Lasalle aufgeführt war.
    *
    Mit näherrückendem Abend wurde deutlich, dass auch die Dunkelheit keine Abkühlung bringen würde. Conrad Schielin spürte, wie die Hitze nun begann physischen Druck auszuüben. Seine Frau Marja hatte schon Kopfschmerzen und lag zu Hause im Wohnzimmer auf dem Sofa und wollte ihre Ruhe.
    Laura hatte sich mit dem Telefon nach oben verzogen und Lena das Futter für die Friesen schon gerichtet. Soweit war alles in Ordnung. Mit den Töchtern bestand seit einiger Zeit ein nicht explizit ausgehandeltes Friedensabkommen, was Schielin ein wenig sorgte, denn er vermutete, dass dahinter etwas stecken musste.
    Schielin hatte den Heimweg genutzt, um die schaurigen Eindrücke loszuwerden. Etwas verloren stand er alleine in seinem Haus und sah sich um. Er löste sich bewusst aus dem Seinszustand zwischen Mordgeschehen und halbwegs heiler Welt und wurde für einen Augenblick zum Fremden im eigenen Haus. Was sah er?
    Dinge. Er sah Dinge herumliegen, überall. Zeitungen, Zeitschriften, Stifte, Taschen, ein paar Sandalen. Es war eine aufgeräumte Unordnung, in der sich alle Beteiligten zurechtfanden und die er sonst in dieser Weise überhaupt nicht wahrnahm. Er war damit zufrieden, in einem belebten Haus zu sein. Nach einem ersten Überblick hörte er auf damit, weiter einen fremden Blick durch sein Eigen schweifen zu

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