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Hexenstein

Hexenstein

Titel: Hexenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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Auf dem Teerweg am Bahndamm wechselten die Einheimischen zwischen Festland und Insel.
    Nora Seipp wartete schon. Sie stand am schmiedeeisernen Geländer und blickte hinüber zur Seebrücke, wo die Fahnen erschlafft an den Masten hingen und eine samstägliche Kolonne von Autos, Radfahrern und Fußgängern auf die Insel drängte. Auf den Wegen entlang des Bahndamms ging es etwas entspannter zu.
    Schielin hatte Nora Seipp erst einmal, und nur ganz kurz gesehen, als sie zu Lydia gegangen war. Heute trug sie wieder Schwarz, was ihre roten Haare in enormer Weise zur Geltung brachte.
    »Ich habe heute das Foto von Frau Kohn in der Zeitung gesehen. Haben Sie schon etwas von ihr erfahren können?«, lautete ihre erste Frage, nach der Begrüßung.
    Schielin verneinte. Die Dominanz dieser Frau war ihm unangenehm. Trotz seiner sehr sachlichen Entgegnung verzichtete er vorerst darauf, sie mit einer Alibifrage zu konfrontieren.
    »Wie würden Sie die Ehe der Kohns beschreiben?«
    Sie schürzte die Lippen. »Routiniert«, lautete ihre kryptische Antwort.
    »Ich frage deshalb, weil uns aufgefallen ist, dass es kaum Persönliches von Frau Kohn im Hause gibt«, erklärte Schielin.
    Sie sah ihn mit blitzenden Augen an. Er sah darin Erstaunen und Anerkennung.
    »Sie war sehr einsam«, sagte Nora Seipp nüchtern.
    Er warf die Stirn in Falten, was einer Frage gleichkam. Nora Seipp erklärte: »Frau … Kohn war grundsätzlich eine allen gegenüber sehr distanzierte Frau. Nicht alleine mir gegenüber.«
    Schielin waren ihre Antworten zu nebulös und er fragte, was sie am letzten Wochenende und am Montag gemacht hatte. Sie lächelte hinüber zum Pfänder. »Ein Alibi nennt man das, nicht wahr, wie im Krimi?«
    Schielin fasste das kühle Eisen des Geländers und ließ den Blick hinüber zur Inselhalle gehen. Er wartete auf eine Antwort.
    »Am Wochenende hatte ich Kurse, samstags und sonntags. Am Montag war ich zu Hause und in der Stadt unterwegs, einkaufen. Ich bin an zwei oder drei Tagen in der Woche bei Gundolf Kohn gewesen. Der Dienstag und Donnerstag waren gesetzt. Den dritten Tag haben wir je nach Arbeitsaufkommen vereinbart.«
    »Der letzte Montag war also nicht zwischen Ihnen vereinbart«, stellte Schielin fest.
    »Nein. Bin ich denn verdächtig?«, fragte sie belustigt und sah ihn dabei an. Ihre Augen waren streng und bohrend und sprachen eine andere Sprache als ihr Mund.
    »Sie waren die einzige Person, die regelmäßig im Hause Kohn verkehrte. Wir müssen das alles abklären.«
    Sie sah wieder zum See hin. »Ich verstehe.«
    Schielin fragte nach: »Wie war nun Ihr Montag?«
    Sie ließ eine lange Sekunde vergehen, ohne den Blick zu wenden. Ihre Zunge strich langsam über die Oberlippe, die sich danach kaum merklich nach oben zog. Nora Seipp fand seine Fragen wohl überflüssig. »Ich habe an diesem Montag sehr lange geschlafen. Sie müssen wissen – einige meiner Kurse dauern bis spät in die Nacht.«
    Schielin wusste von Lydia Naber, dass Nora Seipp als Coach arbeitete, wie das heute genannt wurde.
    »Und als Sie aufgestanden waren … um …?«
    Sie lachte halblaut, fast abschätzig. »Sie wollen es also wirklich ganz genau wissen.«
    Schielin blieb unnachgiebig. »Nein. Ich will es nicht ganz genau wissen, ich muss es ganz genau wissen.«
    »Ich bin so gegen zehn Uhr aufgestanden, habe ein Glas lauwarmes Wasser getrunken und eine Stunde lang Yoga gemacht. Am frühen Nachmittag war ich im Lindaupark einkaufen, danach auf der Insel. Ich bin am späten Nachmittag, so gegen siebzehn Uhr, wieder nach Hause gekommen. Dann habe ich wieder Yoga gemacht.«
    Und ein zweites Glas Wasser getrunken, dachte Schielin.
    Sie hob den Kopf um nachzudenken. »Um achtzehn Uhr war ich dann hier wieder hier auf der Insel, gleich da hinten am Ufer.«
    »Waren Sie den ganzen Tag alleine, ich meine, gibt es Zeugen für Ihre Angaben?«
    Sie presste die Lippen aufeinander. »Ich war alleine hier, ja.« Sie stieß sich mit einem Ruck vom Gitter ab und ging nach hinten, zu einem Fahrrad, das an einem Baum gelehnt stand, kramte in der Lenkertasche herum und kam nach einer Weile mit drei Zetteln zurück. Es waren Einkaufsbons von Geschäften des Lindauparks. »Gut, dass ich das Zeug immer so lange im Geldbeutel aufhebe. Mehr habe ich nicht.«
    Schielin sah auf die Ausdrucke. Alles war vermerkt. Die Zeiten stimmten mit dem überein, die sie angegeben hatte. So sahen Beweise aus.

Blutkreuze
    Nicht weit von der Stelle, an der sich Schielin mit Nora Seipp traf,

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