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Hexenstein

Hexenstein

Titel: Hexenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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Gebrechen förderlich sein. Doch genau dieser Effekt blieb aus und ließ ihn seine eigene Schwachheit noch deutlicher fühlen, als er es eh schon ertragen musste.
    Er hatte Wasser nach oben gebracht. Wer wusste schon, ob dieser elende Hausarzt nicht wieder unangemeldet auftauchen würde, und es sollte nicht noch einmal vorkommen, von ihm wie ein Schuljunge darüber belehrt zu werden, was zu tun und zu lassen sei. Vater war endlich unter der Erde, und damit seine klugen Reden und sein Rechthaben. Und nun tauchte dieser Kerl auf, der sich von seiner Mutter auch noch mit den Worten verabschiedet hatte, sie könne sich auf den Hausarzt ihrer Familie verlassen. Laurenz Brender hatte es den Magen zusammengezogen vor Zorn. Danach hatte er vor Wut in der Küche ein Glas zerschlagen. Hausarzt der Familie hatte der Kerl gesagt. Er, Laurenz Brender, war nie bei diesem Arzt gewesen. Wenn er krank gewesen war, hatte man diesen Arzt nie geholt, um seine geheime Kunst am einzigen Sohn der Familie wirken zu lassen. Gehörte er vielleicht nicht zur Familie!? Wieso hatte man ihm niemals den Hausarzt der Familie zugutekommen lassen!? Eine Frage, die sich ihm erst jetzt und sehr spät stellte.
    Es war eine Demütigung gewesen und sofort war er wieder zornig, beim Gedanken an die Szene. Sie wühlte ihn auf, wie das Feuer in der Nacht und die Gestalt, der er verfallen war. Selbst tagsüber erschien sie ihm in seinen Träumereien von einem besseren Schicksal.
    Es hatte geklingelt und mit ausladenden Schritten schritt er zur Tür. Er meinte auch ein Auto gehört zu haben. Diesem Doktor würde er es zeigen, und ihm deutlich machen, wer jetzt hier das Sagen hatte. Entschlossen riss er die Türe auf. Ein dunkelhaariger Mann stand davor und eine blonde Frau. Am Auto, das nicht weitab parkte, lehnte ein unbeteiligt wirkender Mann mit weißen Haaren, der telefonierte und ihm nur einen kurzen Blick von der Seite her zuwarf. Laurenz Brender legte den Kopf schräg und sah die Fremden fragend an. Tausende Male hatten seine Eltern, ganz besonders sein Vater, ihn darauf hingewiesen, dieses Verhalten sein zu lassen, weil es so wenig souverän sei und außerdem unhöflich – dieser schräg gehaltene Kopf. Ha! Er war also nicht souverän genug. Jetzt brauchte er sich nicht mehr sagen zu lassen, wie er den Kopf zu halten habe.

    Schielin hielt den Dienstausweis hoch und stellte sich und seine Kollegin vor. »Wir möchten gerne mit einem Herrn Laurenz Brender sprechen. Sind Sie das?«
    Laurenz Brender spürte die Schwachheit im Leib, sah sich selbst wie aus der Ferne und spürte wie affig seine Haltung war, mit diesem schräg gelegten Kopf. Er richtete sich insgesamt auf und stellte den Kopf gerade. Vater war überall.
    Lydia Naber fragte: »Ist Ihnen nicht gut?«
    »Doch, doch. Ah … es ist nur … diese Hitze und ich …«
    »Wir haben einige Fragen an Sie. Können wir vielleicht reinkommen, wenn es Ihnen nichts ausmacht?«, kam es von Schielin mehr auffordernd als fragend.
    Laurenz Brender trat zurück und gab die Tür frei. Die zwei traten ein. Der dritte, immer noch telefonierend am Auto, blieb. Es konnte also nicht so lange dauern.
    Laurenz Brender bot höflich Platz an. Die Ledergarnitur stand mitten im Raum, auf dem ausladenden roten Perser. Darunter der alte Dielenboden. Im Rücken die durchgehende Bücherwand und die Front eine Fensterreihe zum Garten hin.
    »Sehr schön hier«, sagte Lydia Naber.
    Laurenz Brender nickte.
    »Sind Sie Laurenz Brender?«
    Der lachte ungeschickt. »Aber ja, entschuldigen Sie bitte … der bin ich, ja. Worum geht es denn, wenn ich fragen darf?«
    Lydia Naber maß ihn prüfend, was ihn spürbar verunsicherte. Conrad Schielin beugte sich ein wenig nach vorne und legte die Fingerspitzen beider Hände aufeinander.
    Laurenz Brender hielt die Luft an und musste schlucken. Genau so, in dieser Pose aufdringlicher Zuwendung und tadelnder Distanz, hatte sein Vater immer dagesessen, wenn er mit ihm etwas zu besprechen, zu kritisieren hatte. Wie er diese verdammten Erinnerungen hasste. Man sollte sie einfach ausknipsen können.
    »Es geht um Gundolf Kohn. Sie kennen ihn?«, sagte Schielin.
    Laurenz Brender ließ die angehaltene Luft etwas zu schnell aus dem Mund entgleiten. Es klang wie ein schmerzhaftes Stöhnen.
    Mit der Hand fuhr er durch die Luft, bevor er sprach. »Ja, sicher. Wir hatten geschäftlich miteinander zu tun.« Seine Hand strich verloren über Ohr und die Wange.
    »Er hat Bücher von Ihnen

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