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Hexenstein

Hexenstein

Titel: Hexenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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mehr zu tun hatte. Während er von dem befremdlichen Zusammentreffen erzählte, fragte er sich, was geschehen würde, wenn ihre Erinnerung wider Erwarten aufleben würde, aus nicht mehr für existent gehaltenen Nervenzellen wieder ans Licht der Erinnerung drängte.

    Kimmel war es, der über die getötete Katze und das Blutkreuz an Schielins Tür berichtete. Robert Funk hatte aus dem Zech eine Flasche Müller-Thurgau aus dem Haus Gierer und einen Williams vom Witzigmann aus Bodolz mitgebracht. Er schraubte den Williams auf und holte ein paar kleinere Gläser. Nicht einmal Kimmel hatte dagegen etwas einzuwenden. Nach allem, was geschehen war, nach den Erlebnissen, die zu verarbeiten waren, tat das kunstvoll extrahierte Aroma der Williamsbirnen der Seele mehr gut, als es dem Leib schaden konnte. Die homöopathische Menge konnte eh keinem etwas anhaben. Nun gut, es war verboten, doch Männer zu erstechen und tote Katzen an Birnbäumen aufzuhängen war auch nicht erwünscht.

    Conrad Schielin ließ die anderen ihre Arbeit tun und machte sich auf den Weg nach Hause, wo er sich in seine Kammer unter dem Dach zurückzog. Er brauchte Musik, um seine Gedanken zu klären.
    Lena lauschte auf die Klänge, die aus dem Dachzimmer kamen, und sagte: »Oh je. Da ist er aber jetzt schlecht drauf, wenn er diese komische Musik spielt«, und mit einem Ausdruck von Bedauern und Fassungslosigkeit fügte sie hinzu: »Langspielplatten.«
    Lauras Blick signalisierte Zustimmung.
    »Das ist Pavlovs Dog«, erklärte Marja gedankenverloren und lauschte den Klängen nach.
    Lena meinte: »Wenn danach der singt, der nicht singen kann, dann ist es ganz schlimm.«
    Bald darauf wummerte Leonard Cohens vibrierender dunkler Sprechgesang durchs Haus. Suzanne.
    Als Schielin nach vielen weiteren LPs herunterkam, hatte er eine Entscheidung getroffen, die er Marja mitteilte. »Mir wäre es recht, wenn ihr morgen in die Schweiz fahren würdet, auf die Berghütte deiner Eltern. Ich hielte das für das Beste und gar keine so schlechte Idee. Das Ganze ist für mich zu undurchsichtig und ich möchte mir nichts vorwerfen müssen. Das mit der Schule wird sich klären lassen, die paar Tage bis zu den Pfingstferien …«
    *
    Ein Anruf von Robert Funk informierte ihn darüber, dass die Streife auf der Insel, in der Ludwigstraße, hinter dem Hotel Seegarten, einen schwarzen Van mit schweizerischem Kennzeichen festgestellt hatte. Ein Herr Brüggi saß bereits auf der Dienststelle und wartete in nervösem Zustand auf eine Befragung. Mehrfach hatte er schon verlangt, Kontakt mit der schweizerischen Botschaft zu erhalten, wie Funk berichtete.
    Schielin machte sich umgehend auf den Weg.
    Es war eine Plage, dieser Fall.

    Beat Brüggi war ein impulsiver Mittfünfziger von untersetzter Statur. Ein grauer Haarkranz umfasste den runden Schädel. Zwei funkelnde Augen ließen auf einen wachen Geist schließen und die tiefe Stimme klang selbstbewusst. Er trug einen edlen dunklen Anzug, hellblaues Hemd, dazu eine dunkle Krawatte, die von keinen infantilen Mustern entstellt war. Am Handgelenk hing eine schlichte und umso teurere Schweizer Automatik und der breite Goldring am Ringfinger der rechten Hand war daneben der einzig sichtbare Schmuck.
    Conrad Schielin ließ gleichmütig die erste Welle verbalen Unmuts über sich hinwegrollen. Als Brüggi merkte, dass sein Verhalten nichts bewirkte, entspannte er, ganz Geschäftsmann, und sank ruhig in den Stuhl zurück, entließ Schielin jedoch nicht einen Augenblick aus dem Griff seiner Augen.
    Der wusste, dass sein Gegenüber noch nicht über die Geschehnisse informiert worden war. Seine erste Frage lautete daher: »Herr Brüggi. Kennen Sie einen Gundolf Kohn?«
    Das entrüstete »Ja, aber selbstverständlich!« zeigte Schielin, dass Brüggi entweder wirklich nicht wusste, was geschehen war, oder es gut verbergen konnte.
    »Ihr Aufenthalt hier steht mit Herrn Kohn in Zusammenhang«, sagte Schielin ruhig und beobachtete die Reaktion.
    Brüggi lachte laut und frei. »Erzählen Sie doch keinen Unsinn. Wir sind seit über zehn Jahren enge Geschäftspartner und noch nie hat es irgendeinen Streit gegeben. Lassen Sie das! Ich bin Schweizer Staatsbürger und werde hier ohne Rechtsgrundlage festgehalten, das geht so nicht!«
    Er sprach wie jemand, der wusste, was er wollte und es war trotz der vitalen, bestimmenden Art nicht unsympathisch.
    Schielin musste zur Sache kommen. »Wir haben Herrn Kohn erstochen und in einen Plastiksack verpackt unter

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