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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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standen Telephonnummern in Amsterdam, Rom und London.
    »Sie haben Ihre Zentralen in allen diesen Städten?« fragte Michael.
    »Mutterhäuser nennen wir sie«, sagte der Engländer. »Aber um fortzufahren: Wir sind, wie gesagt, sehr zurück haltend. Wir sammeln Daten. Wir korrelieren, verknüpfen und bewahren Informationen. Aber wir sind sehr aktiv darin, unsere Informationen solchen Leuten zugänglich zu machen, denen sie nützen könnten. Wir haben von Ihrem Erlebnis aus den Londoner Zeitungen und durch eine Kontaktperson in San Francisco erfahren. Und wir dachten uns, wir könnten Ihnen, nun,…behilflich sein.«
    Michael zog den rechten Handschuh aus. Er zupfte langsam an jedem Finger, legte den Handschuh beiseite. Er nahm die Karte in die Hand. In einem grellem Aufblitzen sah er Lightner, der in einem anderen Hotelzimmer mehrere solcher Karten in seine Tasche steckte. New York City. Zigarrenduft. Verkehrslärm. Ganz kurz eine Frau irgendwo, die schnell und mit britischem Akzent mit Lightner sprach…
    »Warum stellen Sie keine spezifische Frage, Mr. Curry?«
    Seine Worte rissen Michael aus der Bilderflut. »Okay«, sagte er. Sagt dieser Mann mir die Wahrheit? Die Flut ging weiter, erdrückend, entmutigend, Stimmen wurden lauter, wirrer. Durch das Getöse hörte Michael von neuem Lightners Stimme.
    »Konzentrieren Sie sich, Mr. Curry. Sind wir gute Menschen oder sind wir keine?«
    Michael nickte, wiederholte stumm die Frage, und dann konnte er es nicht länger ertragen. Er legte die Karte auf den Tisch und achtete darauf, daß er nicht mit den Fingerspitzen die Tischplatte berührte. Er zitterte leicht, als er den Handschuh wieder überstreifte. Sein Blick wurde wieder klar.
    »Was wissen Sie jetzt?« fragte Lightner.
    »Etwas über die Templer – Sie haben ihr Geld gestohlen«, sagte Michael.
    »Was?« Lightner war verdutzt.
    »Sie haben ihr Geld gestohlen. Deshalb haben Sie all diese Mutterhäuser in aller Herren Länder. Sie haben das Geld der Templer gestohlen, als der französische König sie verhaften ließ. Sie hatten es Ihnen zur Aufbewahrung anvertraut, und Sie haben es behalten. Und Sie sind reich. Sie sind allesamt stinkreich. Und Sie schämen sich dessen, was mit den Tempelrittern passiert ist – daß man sie der Hexerei beschuldigt und vernichtet hat. Diesen Teil der Angelegenheit kenne ich natürlich aus den Geschichtsbüchern. Geschichte war mein Fach. Ich weiß, was mit ihnen passiert ist. Der französische König wollte ihre Macht brechen. Von Ihnen wußte er anscheinend nichts.«
    Lightner starrte ihn an, voll unschuldigen Staunens, wie es schien. Dann wurde er rot, und sein Unbehagen schien zu wachsen. Michael lachte, obwohl er sich bemühte, es zu lassen. Er bewegte die Finger in seinem rechten Handschuh. »Ist es das, was Sie meinten, als Sie sagten, ich solle mich konzentrieren und spezifische Fragen stellen?«
    »Nun ja, vermutlich meinte ich das, ja. Aber, Mr. Curry, wenn Sie sich in der Geschichte auskennen, werden Sie wissen, daß niemand außer dem Papst in Rom die Tempelritter hätte retten können. Wir jedenfalls waren gewiß nicht in der Lage dazu, als die obskure, kleine und streng geheime Organisation, die wir waren. Und offen gesagt: Als die Verfolgung zu Ende war, als Jacques de Molay und die anderen bei lebendigem Leibe verbrannt worden waren, da war niemand mehr da, dem wir das Geld hätten zurückgeben können.«
    Michael lachte wieder. »Sie brauchen mir das alles nicht zu erzählen, Mr. Lightner. Aber Sie schämen sich tatsächlich einer Sache, die vor sechshundert Jahren passiert ist. Was für ein wunderlicher Haufen müssen Sie sein. Übrigens habe ich – was immer das wert sein mag – einmal eine Arbeit über die Tempelritter geschrieben, und ich stimme Ihnen zu. Niemand hätte ihnen helfen können, nicht einmal der Papst, soweit ich es übersehen kann. Und wenn Sie aus ihrer Deckung gekommen wären, hätte man Sie gleichfalls auf den Scheiterhaufen gebracht.«
    Wieder errötete Lightner. »Zweifellos«, bestätigte er. »Sind Sie nun davon überzeugt, daß ich Ihnen die Wahrheit sage?«
    »Überzeugt? Ich bin beeindruckt!« Michael betrachtete ihn eine ganze Weile. Wieder hatte er den Eindruck eines Menschen, der die gleichen Werte vertrat wie Michael selbst. »Und die Arbeit Ihrer Organisation ist der Grund, weshalb Sie mir gefolgt sind«, fragte Michael, »und – wie sagten Sie gleich? – Mißhelligkeiten und Unbequemlichkeiten ertragen und mein Mißfallen in

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